Logo
Anzeige
Anzeige

Auch die heutigen Gutachten im Rentnermord-Prozess von Ingolstadt lassen den Angeklagten Heinz Josef M. eher gut aussehen

(ty) Dem Staatsanwalt dürfte ein unruhiges Wochenende ins Haus stehen. Denn er muss am Montag im so genannten Rentnermord-Prozess sein Pläydoyer halten. Gegen Heinz Josef M., dem vorgeworfen wird, den Rentner Helmut P. in dessen Wohnung halb erschlagen und anschließend erwürgt zu haben. Zuerst waren im Verlauf des Verfahrens die Hauptbelastungszeugen weggebrochen, viele andere hatten den Angeklagten als ausgesprochen ruhig, „ehrlich und lieblich“  beschrieben und ein eher positives Bild des Angeklagten gezeichnet. Die DNA-Gutachten und das der Fingerabdrücke konnten ebenfalls kein zweifelsfreies Beweismaterial liefern. Heute war nun die Stunde der Psychologen. Und auch die Gutachter stellten übereinstimmend fest: Heinz Josef M. ist alles andere als ein aggressiver Mensch, neigt nicht zu impulsiven Handlungen und hat auch keinerlei Anzeichen einer psychischen Störung. Er sei voll schuldfähig. Aber welche Schuld, wenn man sie ihm nicht belegen kann?

„Herr M. kann gut systematisch denken“, so der begutachtende Diplom-Psychologe, „er ist körperlichen Auseinandersetzungen eher abgeneigt.“ Bei allen Tests, die er mit ihm durchgeführt habe, seien die Werte für aggressives Verhalten sehr niedrig. Ja, er lehne aggressives Verhalten geradezu ab. Daneben sei Heinz Josef M. ruhig und gelassen, neige nicht zu impulsiven Handlungen und räume, wenn es zu Streit käme, eher das „Spielfeld“.

Auch Hubert Haderthauer, der Landgerichtsarzt, musste sich letztlich den Ausführungen seines Kollegen anschließen. Heinz Josef M. sei ein in sich ruhender Mensch, der auch den gesamten Prozess mit „stoischer Ruhe“ über sich habe ergehen lassen. „Wir stehen vor einem gewissen Rätsel“, meinte Haderthauer, der zu Protokoll gab, dass auch frühere Gutachten des Angeklagten ein ähnliches Bild gezeichnet hätten.

Heinz Josef M. könne zwar gut mit Mitmenschen spielen, wenn es etwa um die Erbettelung von Geld gehe, habe eine ausgesprochen hohe soziale Intelligenz, aber eben kein Aggressionspotenzial.  Zwar könnten alle Test nicht ausschließen, dass Heinz Josef M. in einer bestimmten Situation zu einer solchen Tat wie der Tötung des Rentners Helmut P. fähig sei. Aber das träfe, wie er auf Nachfage der Verteidigung einräumte, auf jeden Menschen zu.

Es gibt als keinen Grund, der gegen die Schuld von Heinz Josef M. spricht – aber erst recht keinen, der dafür spräche. Außer dem Bauchgefühl, auf der Anklagebank sitze schon der Richtige. Aber reicht ein Gefühl für eine Verurteilung? Denn nach allem, was sich vor den Schranken des Gerichts an Zeugenaussagen, Gutachten und Indizien ergeben hat, bleibt die Frage, wie sie Hubert Haderthauer formulierte: „Warum sitzt der eigentlich hier?“

Weitere Artikel zum Thema:

„Du feige Sau, jetzt sag’ endlich was“

Tränen und Enttäuschung

Noch immer bleiben letzte Zweifel

Wird das ein Freispruch „zweiter Klasse“?

Wenn er nicht so „ehrlich und lieblich“ wäre

Was kann an jenem Nachmittag im August passiert sein?

Heinz Josef M. schweigt sogar zum Lebenslauf


Anzeige
RSS feed