Gespräch mit den Chefs von Hallertauer Volksbank und Volksbank-Raiffeisenbank Bayern-Mitte über die angestrebte Verschmelzung der beiden Geldinstitute.
Von Tobias Zell
Wenn im Juni alles nach Plan läuft, dann gibt es in der Region seit Anfang dieses Jahres eine neue Bank. Klingt komisch, ist aber so. Denn die angestrebte Fusion von Hallertauer Volksbank und Volksbank-Raiffeisenbank Bayern-Mitte soll rückwirkend zum 1. Januar erfolgen. Wir haben mit den Vorstandsmitgliedern der beiden Geldinstitute gesprochen. Über den Namen der neuen Bank, über das weitere Vorgehen und Zuständigkeiten – sowie die Frage, was eigentlich der Kunde von dem Zusammenschluss hat.
Mit der Verschmelzung der Hallertauer Volksbank (Sitz in Pfaffenhofen) und der Volksbank- Raiffeisenbank Bayern-Mitte (Sitz in Ingolstadt) entstünde die drittgrößte Genossenschaftsbank im Freistaat – nach der kirchlichen Liga-Bank in Regensburg und der Volksbank-Raiffeisenbank Rosenheim-Chiemsee. Addiert man die Bilanz-Summen dieses neuen Geldhauses, ergäben sich knapp vier Milliarden Euro. Das betreute Kunden-Volumen beträgt zusammen fast acht Milliarden Euro. Vor wenigen Tagen hatten die beiden Banken offiziell mitgeteilt, dass sie eine Fusion anstreben. Am 11. beziehungsweise 13. Juni sollen die Vertreter grünes Licht geben: Wenn jeweils mindestens 75 Prozent der Anwesenden zustimmen, dann wird aus zwei Banken eine.
Und diese neue Bank wäre dann bemerkenswert groß. Die Dimension flößt selbst den fünf Hauptdarstellern einen gewissen Respekt ein, wie sie Gespräch mit unserer Zeitung einräumen. Die Aufsichts-Gremien beider Geldinstitute, „haben erst vor wenigen Wochen die Vorstände damit beauftragt, Verschmelzungs-Verhandlungen mit dem Ziel einer Fusion zu führen“, hieß es dieser Tage in einer Pressemitteilung. Die Vorstände, das sind Andreas Streb und Thomas Lange auf Seiten der Hallertauer Volksbank sowie Richard L. Riedmaier, Franz Mirbeth und Wolfgang Gebhard von der VR Bayern-Mitte. Die Gespräche laufen gut, wie von allen betont wird.
Das Quintett macht auch keinen Hehl daraus, dass es für die Verschmelzung ist. „Wir müssen nicht fusionieren, wir wollen“, heißt es klipp und klar. Natürlich geht es um Synergie-Effekte. Man wolle die Kräfte bündeln. „Gemeinsam bewältigen wir die ständig steigenden regulatorischen Anforderungen und die seit Jahren anhaltende Niedrig-Zins-Phase leichter“, sagt Streb. Eine große Bank schaffe den idealen Rahmen für eine noch höhere Spezialisierung. Vorteile sieht man auch im Kreditgeschäft, schließlich würden sich hier zwei eigenkapital-starke Banken zusammentun. „Zweistellige Millionen-Kredite werden für uns kein Thema sein“, sagt Riedmaier.
Der Name für die neue Bank in spe steht indes fest: „Volksbank Raiffeisenbank Bayern Mitte eG“ soll sie heißen. Die „Hallertauer Volksbank“ werde aber als Marke und mit ihren Standorten erhalten bleiben, wird betont – es müssten also keine Aufschriften und Leucht-Reklamen geändert werden. Allerdings ändert sich im Falle der Fusion für die Kunden der Hallertauer Volksbank die IBAN. Doch Streb und Lange geben Entwarnung: Die alten Konto-Daten der Kunden blieben bis auf Weiteres gültig, sie würden für eine Übergangszeit von bis zu zehn Jahren intern umgewandelt.
Klargestellt haben die fünf Bank-Bosse gegenüber unserer Zeitung auch noch einmal: Es soll erst einmal keine Filiale aufgegeben werden. Denn da ergänze man sich optimal. Von Weißenburg im Norden bis Moosburg/Isar im Süden sowie von Pappenheim im Westen bis Langquaid im Osten biete man gemeinsam ein dichtes Filial-Netz – das wäre grob die Ausdehnung des Geschäftsgebiets nach der Fusion. Lediglich in Kösching und Pfaffenhofen sind heute schon beide Geldinstitute vertreten – diese Standorte sollen dann jeweils zusammengelegt werden.
In Pfaffenhofen ergibt sich damit die spannende Frage, was mit dem Komplex der VR Bayern-Mitte passiert, denn das Gebäude der Hallertauer Volksbank soll die künftige gemeinsame Niederlassung werden. Beide Bauwerke sind übrigens jeweils in eigener Hand. Wie genau das frei werdende Gebäude in der Kreisstadt genutzt werden soll, steht noch nicht fest. Man strebe aber eine „sinnvolle Nutzung“ an, „die auch der Innenstadt gut tut“. Ein Verkauf sei jedenfalls aktuell kein Thema.
Das Geschäftsgebiet im Falle der Fusion.
Außerdem soll es keine fusions-bedingten Kündigungen geben. Freilich, die Gesamtzahl der Mitarbeiter wird in den kommenden Jahren wohl sinken, alles andere wäre eine Überraschung und widerspräche dem Synergie-Gedanken. Doch das soll sich zum Beispiel durch Ruheständen und Altersteilzeit-Regelungen ergeben. Ferner müssten die Angestellten in den Pfaffenhofener Niederlassungen nicht befürchten, dass ihre Arbeitsplätze nun alle schnellstmöglich nach Ingolstadt verlagert werden. Die drei Standorte auf der Schanz seien bereits rappelvoll, heißt es aus dem Vorstand der VR Bayern-Mitte. Und: Die Rückmeldungen auf die Nachricht von der angestrebten Fusion seien – nicht zuletzt aus der Belegschaft – positiv.
Die Hallertauer Volksbank beschäftigte zum Ende vergangenen Jahres 286 Mitarbeiter und zählte 31 426 Mitglieder, die Volksbank Raiffeisenbank Bayern Mitte hatte 557 Personen auf der Gehaltsliste und vermeldete 55 714 Mitglieder. Beide Kreditinstitute betreiben aktuell insgesamt 51 Filialen und 13 Selbstbedienungs-Standorte. Im Factory-Outlet-Center „Ingolstadt Village“ ist die Fusion sozusagen schon seit Jahren vorweggenommen – dort betreibt man gemeinsam einen Geldautomaten.
Addiert man die jüngsten Bilanz-Summen der beiden Volksbanken, ergeben sich knapp vier Milliarden Euro. Das betreute Kunden-Volumen beträgt zusammen fast acht Milliarden Euro. Die beiden Vorstands-Gremien gehen davon aus, dass man gemeinsam Baufinanzierungen im Umfang von jährlich 300 Millionen Euro neu abschließen wird, zudem Neu-Kredite für Gewerbe-Kunden in einem Volumen von etwa 400 Millionen Euro per anno. Bekanntlich sind Banken angesichts der Niedrig-Zins-Phase zum Kredit-Wachstum verdammt. Der Zins-Gewinn ist äußerst überschaubar, das gilt es auch durch Volumen auszugleichen. Doch dazu braucht es: Geld. „Eigenkapital ist das A und O“, sagt Franz Mirbeth. Denn pro 100 Euro Kredit, den eine Bank ausgibt, muss sie um die zwölf Euro an Eigenkapital nachweisen.
Mirbeth wird nach der Fusion unter anderem für Organisation, IT-Wesen, Treasury, Beteiligungen und die Gebäude zuständig sein. Gebhard soll unter anderem die so genannten marktunterstützenden Tätigkeiten im Kredit- und Anlagen-Geschäft verantworten sowie die Innenrevision unter sich haben. Riedmaier kümmert sich federführend um die Bereiche Individualkunden, Kommunikation und Personal. Langes Zuständigkeiten als Vorstandsmitglied der fusionierten Bank: Privat- und Gewerbekunden, Service-Center, Internet-Vertrieb und Verbund-Themen. Streb indes soll zuständig sein für Risiko-Controlling, Banken-Steuerung, das Beauftragten-Wesen und die Unternehmens-Entwicklung.
Der Aufsichtsrat des fusionierten Geldinstituts soll aus 24 Personen bestehen: Je acht von jeder Seite sowie je vier Arbeitnehmer-Vertreter. Der weitere Zeitplan sieht so aus: Im April sollen die Vertreter zum Stand der Dinge und über die Details der anvisierten Fusion informiert werden, im Juni sollen sie darüber abstimmen. Im November würde dann die technische Verschmelzung über die Bühne gehen. Und da der Zusammenschluss, wie eingangs erwähnt, rückwirkend erfolgen soll, würde man für 2018 bereits eine gemeinsame Bilanz vorlegen.
Und was hat jetzt der Kunde von alledem? „Eine starke Bank“, heißt es dazu. Keine Filial-Schließungen und moderate Gebühren. Denn durch die Synergien soll der Kostendruck im Zaum gehalten werden. „Der Kunde soll bei uns nur noch für Leistungen bezahlen, die für ihn einen spürbaren Mehrwert bringen“, sagt Streb. Außerdem werden Vorteile im Kreditgeschäft gesehen; durch die Größe des neuen Geldinstituts.
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