Bundespolizei würdigt couragiertes Verhalten des 47-Jährigen gegenüber einem rabiaten 48-Jährigen, der eine Verkäuferin attackierte.
(ty) Ein 47-Jähriger Rollstuhlfahrer hatte beherzt eingegriffen und damit wohl Schlimmeres verhindert, als ein rabiater 48-Jähriger eine Verkäuferin in einem Tabakwaren-Geschäft im Münchner Hauptbahnhof tätlich attackierte. Die Bundespolizei dankt dem Helfer jetzt für seine Zivilcourage. Bei dem Rollstuhlfahrer handle es sich den Angaben zufolge um einen studierten Akademiker: Der Iraker befinde sich seit Sommer 2015 in Deutschland; über sein Asylbegehren sei noch nicht entschieden worden. Hier die ganze Geschichte.
Der Vorfall ereignete sich am 22. Januar. Für die 44-jährige Verkäuferin fühlten sich die wenigen Minuten nach eigener Aussage wie Stunden an. Laut Bundespolizei passierte Folgendes: Kurz vor 20 Uhr betrat ein Mann den Laden. Als er Zigaretten kaufen wollte, händigte er der 44-Jährigen, die hinter dem Tresen stand, eine EC-Karte aus. Da der Mann, wie von der Verkäuferin geschildert, ausländisch aussah, aber ein ungewöhnlich deutsch klingender Name auf der EC-Karte stand, fragte sie den ihr Unbekannten nach dessen Ausweis. Der Mann zeigte ihr daraufhin ein Identitätspapier in kyrillischer Schrift. Als die Verkäuferin erklärte, die Polizei zu informieren und zum Telefon griff, wurde der Mann gewalttätig.
„Erst schlug er mit der Faust wuchtig auf den Verkaufstresen. Anschließend versuchte er, die dort angebrachte Geldablage aus Plexiglas abzureißen“, so ein Polizei-Sprecher. „Die Münchnerin hielt ihre Hand zunächst schützend auf die Geldablage, woraufhin der Mann sich zu ihr beugte und versuchte, mit beiden Händen nach ihr zu greifen. Sie wich jedoch zurück, woraufhin der Mann die Faust ballte, aggressiv vor der Frau stand und dann zweimal in deren Richtung schlug – sie aber wegen des Abstandes und des dazwischen befindlichen Tresens nicht traf.“
Daraufhin habe der Mann die auf dem Tresen befindlichen, quadratischen Ablageplatten gegriffen. Diese sind laut Polizei jeweils 543 Gramm schwer und aus festem Material – sie dienen dazu, darauf Gegenstände wie Feuerzeuge und ähnliches den Kunden zu präsentieren. Jedenfalls fuchtelte der Unbekannte damit vor der Frau herum.
In diesem Moment kam laut Polizei der Rollstuhlfahrer ins Geschäft gefahren. Er hatte das Geschehen zunächst, wie zahlreiche andere Passanten auch, nur von außen durch die Verglasung beobachtet, sich dann aber zum Einschreiten entschieden. Durch beschwichtigende Gesten und auch Worte versuchte er – so wird berichtet – sein Gegenüber von seinem aggressiven Handeln abzubringen. „Und tatsächlich ließ der Täter von der Verkäuferin ab und wandte sich dem Rollstuhlfahrer zu und fuchtelte dann auch vor ihm wild mit den Platten herum“, heißt es weiter. „Wenig später betraten zwei weitere Männer das Geschäft. Einer von ihnen nahm dem Mann die Platten aus der Hand.“ Kurz darauf traf auch schon eine alarmierte Steife der Bundespolizei ein.
Waren die Beamten zunächst von einem Randalierer ausgegangen, zeigten erst die weiteren Ermittlungen, dass der Verdacht einer versuchten gefährlichen Körperverletzung sowie einer Nötigung im Raum steht. Ermittlungen ergaben zudem, dass der Mann, ein 48-jähriger wohnsitzloser Serbe, die EC-Karte vermutlich zuvor unterschlagen hatte. „Der Eigentümer hatte seine EC-Karte am Donnerstag in einem Geldautomaten steckengelassen“, berichtet die Bundespolizei. Möglicherweise kommt auf den 48-Jährigen, der wirr agiert habe und – trotz winterlichen Temperaturen – barfuß unterwegs gewesen sei, deshalb auch noch eine Anzeige wegen Fundunterschlagung zu.
„Nach mehreren Aussagen scheint festzustehen, dass das couragierte Einschreiten des 47-jährigen Rollstuhlfahrers aus Geretsried dazu führte, dass die Gewalttat nicht weiter eskalierte und die Verkäuferin auch nicht, zum Beispiel durch das Werfen der Platten, verletzt wurde“, hieß es heute von der Bundespolizei. Bei dem 47-jährigen Rollstuhlfahrer handelt es sich um einen studierten Akademiker. Der Iraker sei seit Sommer 2015 in Deutschland. Über sein Asylbegehren sei noch nicht entschieden worden.