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Experten sind sich nach Auswertung von Aufnahmen aus einer Wildkamera sicher.

(ty) Das bayerische Landesamt für Umwelt (LfU) hat heute offiziell bekannt gegeben, dass vor einigen Tagen im östlichen Landkreis Donau-Ries ein Wolf von einer Wildkamera aufgenommen worden ist. Das abgelichtete Tier (siehe Originalfoto) weise "wolfstypische Merkmale" hinsichtlich Färbung und Proportionen auf, "die es eindeutig von einem Hund unterscheiden". Aus Pfaffenhofener Sicht steht der Wolf damit – ganz nüchtern betrachtet – nahezu vor der Haustür. Wölfe können laut Fachleuten binnen 24 Stunden bis zu 70 oder 80 Kilometer zurücklegen; die kürzeste Entfernung zwischen den Landkreisen Donau-Ries und Pfaffenhofen beträgt Luftlinie gerade einmal um die 25 Kilometer.

 

"Am 21. April wurde im östlichen Landkreis Donau-Ries ein Wolf von einer Wildkamera aufgenommen", heißt es in der heute veröffentlichten Mitteilung des Landesamts für Umwelt. Das Bildmaterial sei jetzt ausgelesen und dem LfU zur Auswertung übermittelt worden. Die Behörde kommt zu einem eindeutigen Ergebnis, schon die Überschrift der Pressemitteilung lautet: "Wolf im April im Landkreis Donau-Ries fotografiert." Zu den Aufnahmen erklärt die Fachbehörde: "Das Tier weist wolfstypische Merkmale hinsichtlich Färbung und Proportionen auf, die es eindeutig von einem Hund unterscheiden."

Über den weiteren Verbleib dieses Wolfes sei nichts bekannt, heißt es weiter. Behörden, Interessen-Verbände und Vertreter von Nutztier-Haltern seien informiert. Diese aktuelle Sichtung wird vom LfU als so genannte C1-Meldung eingestuft – das ist auf einer dreistufigen Bewertungs-Skala die konkreteste Stufe, für die nur Fakten oder klare Nachweise zählen. Zur Einordnung: Von C1 wird zum Beispiel dann gesprochen, wenn ein Wolf lebend gefangen oder tot gefunden wird, wenn ein genetischer Nachweis oder ein Foto vorliegt.

 

"Die Wolf-Sichtung im Landkreis Donau-Ries ist uns bekannt", bestätige Karl Huber, Sprecher des Pfaffenhofener Landratsamts, heute gegenüber unserer Zeitung. "Wir sind im Kontakt mit dem Landesamt für Umwelt, falls das Tier bei uns auftauchen sollte, um entsprechend der Lage zu reagieren." Angesichts der aktuellen Nachrichtung über die Sichtung sagt Huber: "In erster Linie Landwirte und Jäger bitten wir, uns eventuelle Hinweise auf einen Wolf zu melden."

Nach Bayern können laut Mitteilung des LfU jederzeit einzelne Wölfe zu- oder durchwandern, und zwar sowohl aus dem Nordosten Deutschlands als auch aus den Alpen. Jungtiere wandern demnach bei Geschlechtsreife weite Strecken auf der Suche nach einem eigenen Territorium. Standorttreue Wölfe gebe es in Bayern im Veldensteiner Forst, im Nationalpark Bayerischer Wald und auf dem Truppenübungsplatz Grafenwöhr.  

Größerer Ausschnitt aus dem Foto der Wildkamera, veröffentlicht heute vom LfU.

In Bayern galt der Wolf seit dem Jahr 1882 als ausgerottet. Vor zwölf Jahren war in der Nähe von Pöcking am Starnberger See erstmals wieder eines der Tiere zu sehen. Seither werden auch im Freistaat immer wieder Wölfe identifiziert – nicht selten geschieht das über so genannte Fotofallen in Wäldern. Dabei handelt es sich in der Regel um männliche Jungwölfe, die sich auf der Suche nach einem eigenen Revier befinden.

Auf seinen Internet-Seiten hat das bayerische Landesamt für Umwelt Antworten auf häufig gestellte Fragen zum Thema Wolf zusammengefasst. Im Folgenden zitieren wir daraus.

Wo in Deutschland und Europa leben Wölfe?

Seit 1996 leben in Deutschland wieder Wölfe. Derzeit sind 60 Rudel und 13 Wolfspaare nachgewiesen (Stand: Mai 2017). Außerhalb des Kernvorkommens in der sächsischen Lausitz und Südbrandenburg gibt es Rudel in Sachsen-Anhalt, Niedersachsen und Mecklenburg-Vorpommern. Territoriale Wolfspaare und standorttreue Einzeltiere sind darüber hinaus in Schleswig-Holstein, Thüringen und Bayern nachgewiesen.

In den italienischen und französischen Südalpen haben sich mittlerweile grenzüberschreitend etwa 40 Wolfsfamilien mit 200 bis 250 Tieren etabliert. Von diesem Wolfsvorkommen wandern immer wieder einzelne Wölfe nach Norden und Osten in den Alpenbogen hinein. 2016 waren in der Schweiz 40 Wölfe anwesend. 2016 wurde in Österreich erstmals ein Wolfsrudel nachgewiesen.

Derzeit leben in Europa zwischen 10 000 und 15 000 Wölfe. Die größten Populationen gibt es im Balkangebiet (3900 Tiere), in den Baltischen Ländern (4300 Tiere), den Karpaten (3000 Tiere), in Spanien (2500 Tiere), gefolgt von Italien mit 600 bis 800 Tieren sowie Finnland, Schweden und Frankreich mit je 150 bis 250 Tieren. Auch in einigen Nachbarländern Bayerns leben Wölfe, zum Beispiel in Österreich, der Schweiz und in Tschechien.

Wölfe können Bayern erreichen – was bedeutet das?

Nach Bayern können jederzeit einzelne Wölfe zu- oder durchwandern – sowohl aus dem Nordosten Deutschlands als auch aus dem Alpenbogen. Vor allem junge Rüden wandern auf der Suche nach einem eigenen Territorium sehr weite Strecken. So ist beispielsweise ein mit einem Sender markiertes Tier innerhalb von sechs Monaten von der Oberlausitz nach Weißrussland gelaufen – eine Distanz von 850 Kilometer Luftlinie. In Bayern ist 2006 bei Starnberg ein junger Rüde überfahren worden – genetische Nachforschungen ergaben, dass dieses Tier aus einem Rudel nahe Nizza stammte.

Wo konnten in Bayern Wölfe nachgewiesen werden?

Seit 2006 konnten in Bayern mehrfach einzelne Wölfe nachgewiesen werden. In der Regel sind dies einzelne durchwandernde Tiere, die ihre Elternrudel entweder aus dem süd-westlichen Alpenbogen oder aus der zentraleuropäischen Tieflandpopulation, also aus Polen oder Nord-Ost-Deutschland, verlassen haben.

Die Zahl der Nachweise stieg in den letzten Jahren an. Während es 2014 drei Nachweise in Bayern gab, wurden 2015 Wölfe in fünf Landkreisen und 2016 in sieben Landkreisen nachgewiesen. Im vergangenen Jahr konnten in bisher 15 Fällen mindestens sechs verschiedene Wölfe sicher bestimmt werden, darunter mehrere Nachweise auf dem Truppenübungsplatz im oberpfälzischen Hohenfels und im Veldensteiner Forst.

In Bayern gibt es darüber hinaus im Nationalpark Bayerischer Wald und auf dem Truppenübungsplatz Grafenwöhr jeweils ein standorttreues Wolfspaar. Ende Juli vergangenen Jahres konnten im Nationalpark Bayerischer Wald erstmalig Jungwölfe nachgewiesen werden. Als Kriterium für einen standorttreuen Wolf gilt ein nachgewiesener Zeitraum in einer Region von mindestens sechs Monaten.

Hinweise auf Wölfe

Hinweise auf Wölfe werden nach den so genannten SCALP-Kriterien bewertet. Diese SCALP-Kriterien sind, so erklärt das LfU, als Grundlage für ein standardisiertes Monitoring von einer alpenweiten Expertengruppe ausgearbeitet worden und werden auch weiterhin fachlich weiterentwickelt. Die Abkürzung SCALP steht für "Status and Conservation of the Alpine Lynx Population". Die Methodik werde europaweit für das Monitoring der so genannten großen Beutegreifer verwendet. Sie teilt Meldungen nach deren Überprüfbarkeit ein und unterscheidet laut Erläuterung des Landesamts für Umwelt folgende drei Stufen:

  • C1: Fakten, Nachweise ("hard facts"): Lebendfang, Totfund, genetischer Nachweis, Foto, Telemetrieortung
  • C2: Bestätigte Hinweise ("soft facts – confirmed"): durch eine erfahrene Person bestätigte Ereignisse wie Riss oder Spur
  • C3: Nicht bestätigte Hinweise ("soft facts – unconfirmed"): Ereignisse, die nicht überprüft wurden beziehungsweise in der Regel nicht überprüfbar sind (zum Beispiel Beobachtungen, Rufe)

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