Laut NGG-Geschäftsführer Rainer Reißfelder "subventionieren Beschäftigte jeden Tag Unternehmens-Gewinne durch Gratis-Stunden".
Überstunden, Arbeiten am Wochenende und in der Nacht: Im Landkreis Pfaffenhofen sei das für die rund 2690 Beschäftigten des Gastgewerbes alles andere als ungewöhnlich. Ebenso wenig für die 1970 Mitarbeiter in der Ernährungs-Industrie, heißt es in einer aktuellen Mitteilung der Gewerkschaft "Nahrung, Genuss, Gaststätten" (NGG). Damit die Belastung jedoch erträglich bleibe, schreibe das Arbeitszeit-Gesetz maximale Arbeits-Stunden und Ruhepausen vor. Genau darum fürchtet nun allerdings die Gewerkschaft und warnt "vor extremen Arbeits-Zeiten im Kreis Pfaffenhofen".
Die NGG Oberpfalz warnt mit Blick auf Arbeitgeber-Forderungen innerhalb der Großen Koalition davor, dass es zu einer Aufweichung des Arbeitszeitgesetzes "durch die Hintertür" kommen könnte – mit erheblichen Folgen für Tausende Beschäftigte in der Region. So sei im Koalitionsvertrag zwischen Union und SPD von "Experimentierräumen" die Rede, "um eine Öffnung für mehr selbstbestimmte Arbeitszeit der Arbeitnehmer und mehr betriebliche Flexibilität zu erproben". Bayerns Wirtschaftsminister Franz Josef Pschierer (CSU) habe sich mehrfach für eine Änderung des Arbeitszeitgesetzes nach österreichischem Modell ausgesprochen, betont die NGG.
"Aber Österreich ist hier ein schlechtes Vorbild. Seit September sind dort Zwölf-Stunden-Tage und eine Wochenarbeitszeit von bis zu 60 Stunden möglich", kritisiert NGG-Geschäftsführer Rainer Reißfelder. Flexibilität im Job könne nicht einseitig auf Kosten der Beschäftigten gehen. Auf dem heimischen Arbeitsmarkt sei längst etwas aus der Balance geraten. Nach Angaben der Gewerkschaft leisteten Arbeitnehmer im Freistaat im vorletzten Jahr knapp 121 Millionen Überstunden – 66 Prozent davon unbezahlt. Dies gehe aus einer Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der Linken-Bundestagsabgeordneten Jutta Krellmann hervor. Rechne man die Überstunden in Vollzeit-Jobs um, entspreche das im Freistaat demnach knapp 74 000 Arbeitsplätzen.
"Auch im Kreis Pfaffenhofen subventionieren Beschäftigte jeden Tag Unternehmens-Gewinne durch Gratis-Stunden", so Reißfelder. Er fordert: "Statt immer wieder zu fordern, die Arbeitszeiten zu lockern, sollten die Arbeitgeber die vorhandene Mehrarbeit lieber auf mehr Schultern verteilen und neues Personal einstellen."
Für Reißfelder steht fest: "Das Arbeitszeit-Gesetz legt Mindest-Standards für den Schutz von Gesundheit und Privatleben fest. Hier brauchen wir keine neuen Experimente." Flexible Lösungen im Betrieb könnten die Sozialpartner in ihren Branchen vereinbaren. So sei sichergestellt, dass die Belange der Beschäftigten berücksichtigt und nicht einseitig den Unternehmens-Interessen geopfert würden, so der NGG-Geschäftsführer. Solche Regelungen böten schon heute ausreichend Spielraum für die Betriebe. "Denn wer die Tarifverträge einhält, bei dem kann etwa eine Hochzeitsfeier im Lokal auch mal länger gehen – ohne dass Köche und Kellner vor Arbeit umfallen."