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Elternbeirat wendet sich kritisch und besorgt an den Bürgermeister. Gemeinderat hat entschieden, das Thema ist wohl durch. Wir stellen Sichtweisen und Argumente gegenüber. 

Von Alfred Raths

Seinem Unmut über das Aus für die so genannte Frischküche im Altbau und den Verzicht auf selbige im geplanten Neubau des Steinkirchner Kindergartens macht der Elternbeirat in einem offenen Brief an Reichertshausens Bürgermeister Reinhard Heinrich (CSU) Luft. Mit "großer Sorge" bezüglich der Küchen-Planungen im künftigen Erweiterungsbau wenden sich Anja Klimke und Christina Thanner an den Rathauschef. Ihrer Befürchtung nach wird es wegen der lediglich vorgesehenen Ausgabeküche für die Sprösslinge kein gesundes, vollwertiges und frisch gekochtes Essen aus der Region mehr geben. Der Gemeinderat hat entschieden, Heinrich steht hinter dem seiner Meinung nach richtigen Beschluss. Wir beleuchten die Situation und die Hintergründe.

Nachhaltigkeit sieht nach Meinung des Elternbeirats jedenfalls anders aus. Das Gremium fordert als "Minimallösung zur Schadenbegrenzung zumindest den Erhalt der Frischküche durch die Renovierung der 28 Jahre alten Küche im Bestandsgebäude". Für diese Lösung bestünde kein Zeitdruck, es solle aber jetzt mit einem offenen Planungs-Prozess begonnen werden. Das ist die eine Seite.

Sowohl das Planungsbüro als auch die Gemeinde-Verwaltung betonen dagegen, dass sehr wohl großer Zeitdruck herrsche. Man weiß nämlich jetzt, dass es sich um eine nicht genehmigte Küche handelt. Bei der jüngsten Inspektion durch das Gesundheitsamt sei obendrein festgestellt worden, dass diverse gesundheits-hygienische Mängel abgestellt werden müssten. "Es gilt also nun mit allem Nachdruck einen rechtlich einwandfreien Zustand herzustellen", sagt der Bürgermeister im Gespräch mit unserer Zeitung. 

Hintergrund der Meinungs-Verschiedenheiten ist, dass im Reichertshausener Ortsteil Steinkirchen der bisherige Kindergarten zur Renovierung ansteht und vor Kurzem mit der Errichtung des Erweiterungsbaus begonnen wurde. Man ist dabei zuerst von zwei getrennten Einrichtungen ausgegangen, als im August 2017 von den Räten einstimmig beschlossen worden war, dass im Bau der vierten Kindertagesstätte keine Kochküche, sondern lediglich eine reine Ausgabeküche eingebaut werden soll.

Im vergangenen Jahr stellte sich dann heraus, dass die Küche im bereits vorhandenen Kindergarten baurechtlich nicht genehmigt, gleichzeitig aber nach über 25 Betriebsjahren eine Sanierung erforderlich ist. Ein Fachplanungsbüro für Kindertagesstätten kam nach eingehender Prüfung sowie unter Berücksichtigung eines Mindest-Standards für die Errichtung einer Kochküche zu dem Schluss, dass weitreichenden Baumaßnahmen fällig wären und die Gemeinde insgesamt mit Kosten von etwa 120 000 bis 150 000 Euro rechnen müsste.

Was nun den Neubau anbelangt, müsste ein "sofortiger Baustopp" angeordnet werden, wenn – entgegen des bestehenden Ratsbeschlusses – jetzt doch noch eine Kochküche gewünscht wird. Das Architekturbüro teilte der Kommune mit, dass der mit den Firmen vereinbarte Bauzeitenplan dann nicht mehr eingehalten werden könnte. Regress-Ansprüche sowie umfangreiche Um- oder Neuplanungen wären außerdem die Folge.  Anja Klimke und Christina Thanner vom Elternbeirat finden jedoch: "Es wäre aus unserer Sicht ein Leichtes – und mit nur geringen Mehrkosten verbunden – gewesen, im Neubau eine Frischküche zu installieren."

Ihrer Meinung nach hätte es eines Runden Tisches mit Elternvertretern, Mitarbeitern des Kindergartens, der Lebensmittelaufsicht und eines Küchenplaners bedurft. "Dies ist jedoch nicht erfolgt", schreiben sie an den Bürgermeister, "genauso wie Ihre Zusage, den Elternbeirat und das Kindergartenteam in die Planungen einzubinden. Im Gespräch mit unserer Zeitung verweisen die Elternvertreter in diesem Zusammenhang auf die Kindertagesstätten-Satzung der Gemeinde, wonach im Artikel 14 des bayerischen Kinderbildungs- und -Betreuungs-Gesetzes festgelegt sei, dass, kurz gefasst, bei wichtigen Entscheidungen der Elternbeirat von der Kindertageseinrichtung und dem Träger (hier die Gemeinde) informiert und angehört werde, bevor Entscheidungen getroffen würden. Offenbar haben es jedoch alle Beteiligten versäumt, miteinander in dieser Sache zu sprechen.

Gelegenheiten hätte es seit 2017 bei unterschiedlichen Anlässen mehrmals gegeben. "Nachdem bis Anfang des Jahres 2019 keine Einbeziehung des Elternbeirats stattfand, haben wir Herrn Bürgermeister Heinrich für unsere Beirat-Sitzung am 14- März 2019 eingeladen, uns die Pläne für den Neubau vorzustellen", heißt es weiter. Und, so die Kritik: "Man kann zusammenfassend festhalten, dass wir nicht einbezogen wurden, sondern auf Nachfrage lediglich über Fakten informiert wurden."

Zu diesem Vorwurf nimmt das Gemeinde-Oberhaupt auf Nachfrage unserer Redaktion Stellung: "Bei den Planungen für die neue vierte Kindertagesstätte im Jahr 2017 ist man – wie bei den bisherigen drei Kindertagesstätten – davon ausgegangen, dass es sich um eine eigenständige Einrichtung mit eigener Leitung und eigenem Personal handelt. Es gab deshalb zu diesem Zeitpunkt keinerlei Zuständigkeit für den Elternbeirat des bestehenden Kindergartens."

Sehr wohl wurden aber laut Heinrich die Leitungen der drei bestehenden Kindertagesstätten – Kindergarten Steinkirchen, Kindergarten Reichertshausen sowie die Kinderkrippe – in die Planung der neuen vierten Kindertagesstätte voll eingebunden. Erst zum Ende des vergangenen Jahres brachte er die Idee ins Spiel, dass man die neue Einrichtung eventuell als "Dependance" des bestehenden Kindergartens in Steinkirchen betreiben könnte. Ein konkreter Beschluss der Räte wurde diesbezüglich noch nicht gefasst.

Dass sich der Gemeinderat nach dem beziehungsweise durch den offenen Brief noch umstimmen lässt, das erscheint eher unwahrscheinlich. Denn beschlossen wurde in der jüngsten Sitzung des Bau- und Vergabe-Ausschusses einstimmig, dass im Neubau keine Kochküche eingeplant werden soll. Ähnlich wie beim neuen städtischen Kindergarten im "Eco-Quartier" in Pfaffenhofen solle es somit bei einer reinen Ausgabeküche mit integrierter Kinder-Lernküche bleiben. Was den bestehenden Steinkirchener Kindergarten anbelangt, wurde aufgrund der damit verbundenen hohen Kosten eine Kochküche ebenfalls sehr kritisch gesehen.

Die Kämmerin verweist auf die enorm hohen Haushalts-Belastungen der Gemeinde und mahnt, dass derzeit keinerlei freie Finanzmittel zur Verfügung stünden. Einstimmig fiel der Beschluss in der Sitzung, die bestehende Küche durch eine neue, haushaltsübliche und hochqualitative Ausgabeküche mit einer Lernküche für Kinder zu ersetzen. Die Mitglieder des Bau- und Vergabe-Ausschusses legten dabei Wert auf die Feststellung, dass es sich beim anvisierten "Catering" nur um die Belieferung mit der Hauptmahlzeit handeln soll.

Man würde es sehr begrüßen, wenn alle anderen Speisen – wie etwa Salate, Gemüse oder auch Obst als Nachspeise – weiterhin frisch zubereitet beziehungsweise angeboten würden. "Hierfür reicht eine gut ausgestattete Ausgabeküche voll aus", heißt es im Sitzungs-Protokoll. Die Kommune sei selbstverständlich bereit, das hierfür erforderliche Küchenpersonal auch weiterhin zu beschäftigen.

Der Elternbeirat befürchtet hingegen, dass es am Ende auf eine Spülkraft hinauslaufen könnte. Vorbehalte bestehen auch hinsichtlich eines künftigen Caterers. Der Elternbeirat will auch deshalb an der jetzigen Situation festhalten. Denn: "Die Kinder erleben, wie warme Speisen zubereitet werden. Sie können mit der Köchin reden, Wünsche äußern, Feedback geben. Auf Unverträglichkeiten kann sehr gut eingegangen werden. Die Kinder stellen sich die Komponenten selber zusammen." Das sei "ein großer Unterschied zu fertig gelieferten Mahlzeiten". 

Heinrich resümiert zu den Vorhaltungen und Sorgen des Elternbeirats: "Sowohl die Gemeinde-Verwaltung als auch die Mitglieder des Gemeinderats sind sehr wohl für nachhaltiges Handeln." Man habe mehr denn je die Aufgabe, in ökologischer, aber auch ökonomischer Hinsicht zu handeln. "Unter Berücksichtigung all dieser Punkte glaube ich, dass der Gemeinderat eine richtige Entscheidung getroffen hat, zu der auch ich stehe", so der Bürgermeister.

Inzwischen gibt es einen Leserbrief zum Thema:

"Bürgermeister Heinrich beging hier klar Wortbruch"


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