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Thomas Stockmaier (FDP) sorgte heute im Kreisausschuss für Aufregung: Er äußerte schwere Vorwürfe in Richtung Landrat, blieb vorerst jeden Beleg schuldig, opferte zwei Anträge und erntete Kopfschütteln von der CSU

Von Tobias Zell

Schwere Vorwürfe an die Adresse von Landrat Martin Wolf (CSU) hat es heute in der Sitzung des Kreisausschusses von Thomas Stockmaier (FDP) gegeben. Die Liberalen wollen, dass ihre in den Kreistag eingebrachten Anträge unverändert, sprich: in vollem Umfang und im originalen Wortlaut, dem Gremium vorgelegt werden. Wolf aber soll, so wurde ihm vorgehalten, die Anträge der FDP-Fraktion „zum wiederholten Male nach seiner Willkür verkürzt und massiv verfälscht“ haben. Die Liberalen sprechen von „Manipulation“ und „Geschäftsordnungstricks“, sehen ihr Antragsrecht untergraben und drohen im Wiederholungsfall mit einer Klage vor dem Verwaltungsgericht.

Mit dieser Attacke sorgte Stockmaier für Unverständnis im Gremium. Zum Ersten, weil Landrat Wolf offenbar davon ausgegangen war, dass die FDP den übrigen Fraktionen ihre Anträge in vollem Wortlaut zur Kenntnis zukommen lasse. Zum Zweiten, weil Stockmaier darauf beharrte, die beiden heute unter Tagesordnungspunkt 2 und 3 vorgesehenen FDP-Anträge eben in vollem Wortlaut vorzulegen – was letztlich dazu führte, dass beide Anträge von der Tagesordnung genommen wurden, weshalb sie nun auch in der anstehenden Kreistagssitzung nicht behandelt werden können. Und zum Dritten stellte sich so mancher die Frage nach der Verhältnismäßigkeit des FDP-Vorgehens. Aus der CSU jedenfalls kam der Vorwurf, das sei „Theater“. 

In den beiden FDP-Anträgen, die der Kreisausschuss heute unter Tagesordnungspunkt zwei und drei zu behandelt gehabt hätte, ging es um die Verbesserung der kindernotfallmedizinischen Versorgung im Landkreis sowie um den Aufbau einer betrieblichen Gesundheitsvorsorge an der Ilmtalklinik. Doch zur Behandlung dieser beiden Anträge kam es, wie gesagt, erst gar nicht. Denn Stockmaier verlas eine Erklärung der FDP-Fraktion mit geharnischten Vorwürfen. 

Die FDP fordert, so Stockmaier, dass Wolf in seiner Rolle als Vorsitzender des Kreistags die Anträge der Fraktion unverändert in den Kreistag einbringt. „Er hat diese bereits zum wiederholten Male nach seiner Willkür verkürzt und massiv verfälscht“, so der Vorwurf. Am Ende hätten die Beschlussvorlagen oft nichts mehr mit den ursprünglichen Anträgen zu tun. Die FDP erinnert Wolf an den entsprechenden Artikel der Bayerischen Landkreisordnung, der zur Unparteilichkeit verpflichtet. „Es dürfen keine Veränderungen durch die Autorität des Landrats stattfinden“, so Stockmaier.

Doch damit nicht genug. Durch die „Abänderung von Sachverhalten und Beschlussanträgen sehen wir unser Antragsrecht untergraben und außer Kraft gesetzt“, wetterte Stockmaier. Er berief sich auf Paragraf 17 der Geschäftsordnung, der das Recht des Kreisrats oder der Fraktion enthalte, dass ein eingebrachter Antrag ohne Veränderung von Sinn und Text und mit dem Wortlaut des beantragten Beschlusses zur Abstimmung gestellt werde. „Die Manipulation von Anträgen ist nicht mit den Gesetzen und der demokratischen Kultur vereinbar“, so Stockmaier – und damit war aus seiner Sicht noch immer nicht alles gesagt.

„Im Wiederholungsfall“, stellte der FDP-Fraktionschef klar, „werden wir bei einer unstatthaften Abänderung von Anträgen vor dem Verwaltungsgericht auf Einhaltung der Geschäftsordnung klagen.“ Die Liberalen pochen auf das Recht, dass ihre Anträge dem Kreistag so vorgelegt werden, wie sie eingereicht werden – wortwörtlich und ohne Weglassungen, Zusätze oder Veränderungen. Nur so kann laut Stockmaier gewährleistet werden, dass eine „unzensierte und zielgerichtete“ Diskussion im Kreistag stattfindet. „Wir sehen den Landrat auch in der Pflicht, eine ausreichende Diskussion zu gewährleisten, statt sie mit Geschäftsordnungstricks zu sabotieren.“

Nun darf man freilich nicht meinen, dass die Anträge der FDP den Gremien vorenthalten bleiben. Es ist halt nur so, dass die Verwaltung die aus ihrer Sicht entscheidenden oder zentralen Passagen aus Anträgen wiedergibt und sie in Beschlussvorlagen fasst. Dazu kommt dann in der Regel auch ein Beschlussvorschlag der Verwaltung. „Das lassen wir uns nicht nehmen“, betonte Wolf. Allerdings muss man auch wissen, dass der Beschlussvorschlag der Verwaltung freilich nicht zwingend mit dem Antrag der jeweiligen Fraktion identisch ist.

Kein Verständnis für Stockmaiers Einlassungen: Reinhard Heinrich (links) und Manfred Russer (beide CSU).

Wolf war jedenfalls sichtlich um Beruhigung bemüht. Man werde künftig sicherstellen, dass die Anträge allen Fraktionen im Wortlaut vorliegen, versicherte er. Und damit hätte das Thema eigentlich erledigt sein können. Stockmaier hätte ja zum Beispiel heute auch die beiden Anträge vorlesen können – dann wäre auch jedem Anwesenden der komplette Wortlaut bekannt gewesen. Oder man hätte die Anträge schnell ein paar Mal kopiert und den Gremiumsmitgliedern ausgehändigt. Aber offensichtlich kam niemand auf diese naheliegenden Ideen. 

Reinhard Heinrich, der Chef der CSU-Fraktion, wies die in Richtung Wolf geäußerten „Manipulationsvorwürfe“ aufs Schärfste zurück. Zugleich fragte er sich, wofür man Fraktionsführer-Vorbesprechungen abhalte – er meinte damit wohl, dass Stockmaier da die FDP-Anträge zum Beispiele ebenso hätte im Wortlaut verteilen und vorbringen können. Jedenfalls sprach Heinrich der FDP einen fairen Umgang ab.

Auch Wolf wies die Vorwürfe an seine Adresse zurück. Er betonte zugleich, man sei mit den FDP-Anträgen umgegangen, wie man immer mit Anträgen umgehe: Sie würden von der Verwaltung in eine Beschlussvorlage „umgebaut“. Stockmaier wiederholte: Die FDP wolle aber, dass ihre Anträge unverändert eingebracht werden. Er stellte angesichts der beiden heute zu behandelnden beziehungsweise in der nächsten Kreistagssitzung zur Abstimmung stehenden Anträge einen entsprechenden Antrag zur Geschäftsordnung. Nämlich: Dem Kreistag seien die Anträge eben in vollem Umfang und Wortlaut vorzulegen.

Allerdings kam nun ein Problem auf. Der stellvertretende Landrat Anton Westner (CSU) verwies darauf, dass Tagesordnungspunkte, die im Kreistag behandelt werden, auch zuvor im Kreisausschuss behandelt werden müssen. Will sagen: Wenn man die beiden Anträge der FDP jetzt nicht im Ausschuss behandle, dann könne man sie auch in der anstehenden Kreistagssitzung nicht behandeln 

Jens Machold (CSU) fand das alles jetzt „gar nicht mehr lustig“ und mahnte an, das „Theater“ doch bitte zu beenden. „Bleiben wir doch sachlich.“ Stockmaier verwehrte sich gegen den Begriff „Theater“.

Nun war eigentlich nur noch die Frage, wie diese Sternstunde des vom Wahlkampf geprägten kreispolitischen Exkurses zu Ende gehen würde. Und zwar so: Landrat Wolf beriet sich kurz mit dem Juristen und nahm die beiden FDP-Anträge dann von der Tagesordnung. Begründung sinngemäß: Wenn die Anträge, wie Stockmaier ja monierte, nicht vollständig vorliegen würden, dann seien sie auch nicht entscheidungsreif. So wurden die beiden FDP-Anträge dann heute im Kreisausschuss nicht behandelt, und sie werden auch in der anstehenden Sitzung des Kreistags kein Thema sein. Ob das im Sinne von Stockmaier und der FDP war, bleibt offen.

Offen ist auch, ob Stockmaier & Co. für die in Richtung des Landrats geäußerten schweren Vorwürfe einen Beleg erbringen können. In der Sitzung heute wartete man zumindest vergebens darauf – dabei hätte ein handfestes Beispiel gereicht. Wer einem anderen Manipulation, Willkür und Verfälschung vorwirft und sich dabei auf den Umgang mit Anträgen, sprich Texten, bezieht, der sollte anhand von entsprechenden Passagen den Nachweis führen können. Man darf also gespannt sein, was die FDP vorlegen wird. Immerhin hat sie dem ganzen Wirbel heute zwei Anträge geopfert. 


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