Im Bereich "Schlickerberg" wurden zahlreiche Kadaver gefunden. Die meisten Fälle bleiben rätselhaft, zwei Greifvögel starben an einem längst verbotenen Pestizid.
(ty) Ungewöhnlich viele Tierleichen sind in jüngster Vergangenheit bei Wolnzach gefunden worden. Zwei Mal wurde definitiv Gift als Todesursache nachgewiesen. Insgesamt geht es allerdings um rund zwei Dutzend Tiere, die seit Februar 2018, meist im Winter oder Frühjahr, leblos in der Feldflur oder im Wald entdeckt wurden – allesamt am oder im Umfeld des westlich von Wolnzach gelegenen Gebiets namens Schlickerberg. Darunter waren auch zwei Mäusebussarde, die nachweislich an einem hochtoxischen Kontaktgift gestorben sind. In einem Fall lag unweit des toten Vogels ein Hühnerteil, das mit diesem Gift kontaminiert war – mutmaßlich ein Köder.
Die Polizei recherchiert und ermittelt in dieser Sache bereits seit Monaten und hat dazu auch einen internen Fachmann für Naturschutz-Delikte eingesetzt. Ein Täter ist jedoch vor Entdeckung relativ sicher, denn beim Einsatz von Gift – es handelt sich in den Wolnzacher Fällen speziell um das Pestizid "Carbofuran" – muss er im Gegensatz zur Verwendung von Fallen nicht regelmäßig zum Tatort zurückkehren. Ein EU-weites Verbot dieses Schädlings-Bekämpfungs-Mittels ist zwar bereits seit dem Jahre 2008 in Kraft, doch Restbestände von "Carbofuran" sind angeblich noch immer in Haushalten zu finden.
Dieser vergiftete Mäusebussard lag im Januar am Rande eines Hopfenfelds.
"In zwei Fällen liegt uns der Nachweis einer Vergiftung von streng geschützten Greifvögeln vor", bestätigt Klement Kreitmeier, der Leiter der Polizeiinspektion in Geisenfeld, die auch für den Gemeinde-Bereich von Wolnzach zuständig ist. "Wir sehen zwar, dass die Gesamtzahl der aufgefundenen toten Tiere auf relativ begrenztem Raum etwas merkwürdig erscheint, dazu auch die jeweiligen Umstände ihres Auffindens", sagt er. "Rechtliche Ansätze zu polizeilichen Ermittlungen sind gegenwärtig jedoch nur bei den zwei genannten Tieren möglich."
Die Polizei gehe hier vom Anfangsverdacht einer Straftat aus, erklärt Kreitmeier im Gespräch mit unserer Redaktion. "Deshalb erfolgte unsererseits eine Anzeige gegen einen bislang unbekannten Täter." Die zuständige Staatsanwaltschaft in Ingolstadt werde sich nun damit weiter befassen. Das Töten oder Fangen streng geschützter Tierarten, wozu auch Greifvögel zählen, ist übrigens kein Bagatell-Delikt: Es handelt sich dabei um Straftaten.
Neben den beiden Mäusebussard-Kadavern sind es übrigens insgesamt fünf Rehe, vier Füchse und zwei Rabenvögel, die bei der Polizei als getötet aktenkundig geworden sind. Etliche weitere Tiere, darunter bemerkenswerterweise auch ein Stallkaninchen, wurden nach Informationen unserer Zeitung etwa von Spaziergängern tot aufgefunden, aber der Polizei nicht gemeldet. Diese Fälle können somit freilich nicht eingeordnet werden.
Bei den jüngsten Funden handelte es sich – wie zu erfahren war – um einen toten Fuchs, der Anfang des vergangenen Monats in dem betroffenen Gebiet lag. Im Juli war es ein Rehschlegel, im Februar ein bereits weitgehend verwester Habicht und im Januar einer der beiden besagten Mäusebussarde.
Überlebt habe indes ein Haushund, der sich im Januar an einem mit "Carbofuran" kontaminierten Köder vergiftet habe, wie die betroffene Tierhalterin erklärt. All den in diesem Gebiet tot aufgefundenen Tieren gemeinsam ist, dass ihre Kadaver in der freien Landschaft – häufig in der Nähe von Wegen – entdeckt worden sind. Ein Zusammenhang mit der legalen Jagd-Ausübung wurde überprüft, jedoch in keinem der Fälle festgestellt.
Rätselhaft bleibt, warum dieser Junghabicht im Februar inmitten einer Wiese verendet ist.
Polizei-Chef Kreitmeier empfiehlt den Hundehaltern, insbesondere im Bereich des so genannten Schlickerbergs ihre Vierbeiner beim Gassi-Gehen an die kurze Leine zu nehmen "und darauf zu achten, dass sie keinesfalls etwas fressen, was sie gegebenenfalls am Boden finden". Ratsam sei es auch, sich nur auf den Feldwegen zu bewegen und davon möglichst nicht abzuweichen. "Selbstverständlich sollte beim Spaziergang besonders auch auf Kinder geachtet werden, dass sie nichts Verdächtiges anfassen", so der Inspektions-Leiter.
Während bei den meisten Fällen die Todesursache im Unklaren bleiben wird, ist der Einsatz von Gift zumindest bei den beiden tot aufgefundenen Mäusebussarden unzweifelhaft erwiesen. Eine Vergiftung kann in der Regel nur durch ein spezialisiertes Labor festgestellt werden. Der Pfaffenhofener Tierschutz-Verein hatte die nicht unerheblichen Untersuchungs-Kosten in den beiden Fällen übernommen.
"Nicht bei jedem Tier, das tot in Feld und Flur gefunden wird, liegt freilich gleich eine Straftat vor. Es kann sich auch um einen natürlichen Tod oder einen Unfall handeln." Darauf weist der Fachmann des hiesigen Bund-Naturschutz-Kreisverbands in Sachen Naturschutz-Kriminalität hin. Trotzdem ist es seiner Meinung nach angeraten, hier misstrauisch zu sein – insbesondere, da es sich dort um bestätigte Vergiftungsfälle handle und ein mutmaßlicher Giftköder gefunden worden sei.
Apropos Köder: "In Wolnzach handelte es sich beispielsweise um ein Hühnerteil, das mit Carbofuran kontaminiert war", berichtet er. Vergifteten Greifvögeln werde zugeschrieben, dass sie oft die Krallen auffällig verkrampft hätten. "Die Gifte wirken bisweilen sehr schnell. Auch schleimiger oder schaumartiger Austritt aus dem Schnabel kann bei einem Vogel ein weiteres Indiz auf Vergiftung sein", so der BN-Experte. Es komme sogar vor, dass kleine Wildtiere von den Tätern aufgeschnitten und dann mit Gift gefüllt würden.
Eindeutig mit Gift kontaminiert war dieses Hühnerteil, wie sich bei einer toxikologischen Untersuchung herausstellte.
"Gifte sind manchmal auffällig gefärbt und riechen mitunter chemisch", erklärt er gegenüber unserer Redaktion. "Carbofuran etwa ist häufig als bläuliches Granulat zu erkennen." Zu beachten sei in diesem Zusammenhang allerdings auch, dass ausgelegte Fleischreste – sie sind als Lockmittel an so genannten Luderplätzen in der Jagdpraxis nicht ungewöhnlich – von Fleischfressern verzogen werden können und damit auf eine falsche Spur führen könnten.
Wer indes meint, einen Giftköder oder ein vergiftetes Tier gefunden zu haben, der sollte zunächst die Polizei informieren. In einer bayernweiten Datenbank werden überdies Fälle von Naturschutz-Kriminalität gespeichert; diese ist online jederzeit unter der Internet-Adresse www.tatort-natur.de erreichbar. Sie bietet nicht nur für Behörden, sondern auch der interessierten Öffentlichkeit eine zusätzliche Melde- beziehungsweise Informations-Plattform.