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Die Kreis-SPD zurrt ihr Wahlprogramm fest: Vierter Rettungswagen, Azubi-Förderung, Würdigung historisch bedeutsamer Funde. Der Kreisvorsitzende Käser geht hart ins Gericht mit Landrat Wolf und MdL Straub (beide CSU). 

(ty) Die rund 50 Delegierten der Kreis-SPD Pfaffenhofen, darunter auch Florian Simbeck und der stellvertretende Landrat Franz Rothmeier, bekräftigten am Wochenende bei der Delegiertenversammlung im Gasthaus Kumpf in Niederstimm bei Manching nochmals ihre Themenschwerpunkte für die nächsten Jahre im Kreistag und schworen sich auf die letzten Wochen im Kommunalwahlkampf ein. Markus Käser, der Vorsitzende der SPD im Landkreis, ging dabei hart ins Gericht mit Landrat Martin Wolf (CSU). Käser attestierte ihm „Schönwetter-Politik“ und Defizite, die man nicht weglächeln könne: „In kreispolitischen Kernaufgaben scheint er überfordert“, so Käser, der auch am Landtagsabgeordneten Karl Straub (CSU) kaum ein gutes Haar ließ. Seine eigene Partei pries Käser indes als „Sauerstoff-Tablette der Kreispolitik".

Die Grußworte bei der Versammlung der Kreis-SPD gestern übernahm DGB-Kreischef Roland Dörfler, zugleich Kreis- und Stadtrat der Grünen. Der Gewerkschafter geißelte in seinem Vortrag gleich eingangs die bayerische Staatsregierung beziehungsweise Wirtschaftsministerin Ilse Aigner (CSU) für ihr seiner Meinung nach mangelhaftes Krisenmanagement im Fall Cassidian. Bekanntlich sollen allein am bislang weltgrößten Cassidian-Standort in Manching in den kommenden Jahren gut 1000 Arbeitsplätze gestrichen werden. Hintergrund ist der groß angelegte Konzern-Umbau von EADS, in dessem Rahmen Cassidian in die neue Division "Airbus Defense and Space" eingegliedert wird.

„Die SPD ist die Sauerstoff-Tablette der Kreispolitik“, eröffnete Kreis-Chef Markus Käser den Parteitag. „Wo wir anschieben, passiert auch etwas.“ Als Beispiele für die Wirksamkeit der SPD-Aktivitäten führte er die Landratsamts-Außenstelle im Landkreis-Norden, das Bündnis für Familie, die Energieplanung und die Initiative zur gelben Tonne von Pfaffenhofens Bürgermeister Thomas Herker an. 

Der Landkreis brauche eine starke SPD, befand Käser. Denn Landrat Martin Wolf (CSU) mache vor allem „Schönwetter-Politik“. Käser wörtlich: „Auf dem Parkett für Tourismusmessen und bei Ehrungen macht er eine gute Figur. In kreispolitischen Kernaufgaben hingegen scheint er überfordert zu sein. Nicht nur das Krisenmanagement zur Ilmtalklinik war verheerend. Auch der derzeit gerichtlich erzwungene Baustopp am Landratsamts-Neubau spricht Bände.“ Solche Defizite könne man nicht einfach weglächeln, so Käser. "Aber Martin Wolf stellt sich ja nicht zur Wahl. Und ich denke, er weiß schon warum“, schloss er seine Ausführungen und appellierte an die Bevölkerung, der CSU die Quittung für diese „Gutsherrenpolitik“ zu verpassen. Bekanntlich wird im Kreis Pfaffenhofen im März der Kreistag, nicht aber der Landrat gewählt.

DGB-Kreischef Roland Dörfler, zugleich Stadt- und Kreisrat der Grünen, sprach bei der Delegiertenversammlung der Kreis-SPD.

Kritik übte der SPD-Kreisvorsitzende auch am hiesigen CSU-Landtagsabgeordneten Karl Straub. Dessen größte Leistung besteht laut Käser darin, „dass er es in so kurzer Zeit geschafft hat, mit den politischen Rotationen seines Parteivorsitzenden mitzuhalten“, stichelte Käser und führte dazu aus: Straub habe 2011 gesagt, er wolle die Stimmkreisreform nicht, und habe kurz darauf in München klein beigegeben, als man ihm offenbar die Systematik zur Verteilung von Mandaten erklärte habe. Straub habe außerdem auf Facebook das Video des damaligen Gesundheitsministers Markus Söder mit den Worten „Wir haben die Kinderstation“ geteilt – und es umgehend wieder gelöscht, als er gemerkt habe, dass das Video zum Bumerang werden könnte, so Käser.

„Und Straub umjubelte zuletzt vor Monaten noch die von ESV, Stadt und Landkreis initiierte Windkraftplanung mit den Worten: Hinter dieser Windkraftplanung des Landkreises Pfaffenhofen stehe ich voll und ganz.“ Heute müsse Straub erneut rotieren und sich hinter beziehungsweise in Seehofers "Windschatten" in punkto neuer Abstandsflächen stellen. „Stimmkreisreform, Kinderstation und jetzt die Energiewende. Unserem MdL scheint Parteilinie wichtiger als die Interessen der Region zu sein“, fasste Käser zusammen.

Kreisumlage, Rettungswagen, Ur-Hallertauer

Im Anschluss diskutierten die Delegierten nochmals über die zentralen Positionen und Projekte des bereits im Oktober beschlossenen SPD-Wahlprogrammes. Einigkeit mit anderen Parteien gäbe es in Sachen Bürgerumfrage zur gelben Tonne, bei der Haltung zum moderaten Wachstum des Landkreises und  auch hinsichtlich der Kreisfinanzen. Man werde  nur einer projektbezogenen Anhebung der Kreisumlage zustimmen, so der klare Standpunkt der Sozialdemokraten.

In anderen Handlungsfeldern will die SPD aber nach eigener Darstellung eigene Positionen und Konzepte einbringen. So beispielsweise im Sozialbereich. Neben einem Förderfond für „Familienfreundliches Bauen“, dem Ausbau der Ferienbetreuung für Schulkinder, einer zentralen Beratungsstelle für alternative Wohnformen im Alter, der Ansiedelung einer Außenstelle einer Altenpflegeschule stand vor allem auch die Forderung nach einem vierten Rettungswagen zur Diskussion.

Dazu sagte der stellvertretende SPD-Kreischef Werner Hammerschmid: „Wir bleiben bei unserer Forderung für den vierten Rettungswagen. Ein vierter Rettungswagen ist für uns kein Luxusgut, sondern ein weiterer wichtiger Schritt für die Sicherheit und Gesundheit unserer Landkreisbürger.“ Hammerschmid stelle sich da schon die Frage: „Warum entscheidet sich unser Landrat gegen eine Unterstützung zur Installierung eines vierten Rettungswagen, der ja die medizinische Versorgung unserer Landkreisbürger optimieren und verbessern soll?“ Hammerschmid will bekanntlich nicht nur Bürgermeister von Wolnzach werden, sondern ist als BRK-Lehrrettungsassistent mit der Situation im Kreis bestens vertraut.

Bei der Schuldiskussion beharrt die SPD ebenfalls auf ihrer Initiative zur Gemeinschaftsschule: Mittlerweile seien im Landkreis mindestens zwei Mittelschulen gefährdet. Die Staatsregierung liefere dazu keine Lösungen. Die Gemeinschaftsschule sei dabei ein Ansatz, Schule vor Ort zu halten, da alle Abschlüsse bis zur zehnten Klasse unter einem Dach absolviert werden könnten.

In punkto Wirtschaft sieht die Kreis-SPD Handlungsbedarf bei der Förderung des Mittelstandes und von Handwerks-Azubis. Der Mittelstand bilde aus und die Industrie schnappe sich den Nachwuchs weg. „Da müssen wir gegensteuern. Zum Beispiel mit einem Azubi-Werk analog eines Studentenwerkes“, so Käser.

Hinsichtlich der Gesundheitspolitik wünscht sich die Kreis-SPD ein klares Bekenntnis des Kreistags zum Betrieb der Ilmtalklink in öffentlicher Hand, eine Fachkraft für Gesundheitswesen im Landratsamt und eine Umstrukturierung des Klinik-Aufsichtsrats. Dabei solle vor allem auch das Pflegepersonal mit berücksichtigt werden. „Die Pflegekräfte halten unser Krankenhaus zusammen; sie sollen auch im Aufsichtsrat mitreden können“, so die Forderung der Sozialdemokraten.

"Bauchlandung" von "IngolStadtLandPlus"

Käser ging auch auf das Handlungsfeld des Regionalmanagements (Irma) ein. „Die Marke ,IngolStadtLandPlus’ war, wie vorhergesagt, eine Bauchlandung“, schimpfte er. Einige Maßnahmen von Irma, wie beispielsweise das Projekt MINTmacher oder das Lernfest befinden die Sozialdemokraten jedoch für gut und unterstützenswert. Noch mehr Aktivität forderte Käser indes in punkto ÖPNV und Energienutzungsplanung. „Insbesondere beim ÖPNV im nördlichen Landkreis müssen wir mit Ingolstadt kooperieren. Das wäre gut für beide Seiten.“ In Sachen Energie fordern Käser & Co. eine übergreifende Energienutzungsplanung, die Fortsetzung der Flächennutzungsplanung für Windkraft und die Prüfung von Kreiswerken zur Netz-Rekommunalisierung auch in kleinen Gemeinden.

Im Handlungsfeld Heimatpflege und Tourismus wollen sich die Sozialdemokraten ebenfalls ganz „klar von der Linie im Landratsamt abgrenzen“, wie Käser gegenüber unserer Zeitung betont. „Wir wollen die Schaffung und den Erhalt ökologisch und sozial sinnvoller Naherholungsgebiete und Spielplätze für unsere Bevölkerung – keinen Pseudo-Tourismus-Aktionismus“, so der SPD-Kreisvorsitzende. Eine besondere Forderung in diesem Zusammenhang hob sich Käser für den Schluss der Veranstaltung auf.

"Mangelndes Geschichtesbewusstsein"

„Hier liegt ein Fall von mangelndem Geschichtsbewusstsein vor“, sagte der SPD-Kreischef und spielte damit auf die Funde einer offenbar über 6000 Jahre alten Siedlung aus der Jungsteinzeit an, die bei Gerolsbach gemacht wurden, aber ohne große Würdigung an die Archäologische Staatsammlung in München übergeben worden seien. „Hier hätte sich der Landkreis einschalten müssen, denn es handelt sich neben den Funden in Wolnzach in diesem Fall um die ältesten Funde einer Siedlung in der Hallertau“, unterstrich Käser und machte klar: „Hier wohnte also der Ur-Hallertauer.“ 

Käser zitierte dazu die Erkenntnisse des Experten für die Münchshöfener Kultur, Daniel Meixner aus Ingolstadt. Die 2011 im Neubaugebiet von Singenbach ergrabenen Funde und Befunde der Münchshöfener Kultur (4500 bis 4000 vor Christus) sind demnach in zweierlei Hinsicht von herausragender regional- und landesgeschichtlicher Bedeutung: Erstens zeigten sie die älteste Besiedlung der Hallertau an. Und zweitens seien die Funde aufgrund ihrer Qualität, der Zusammensetzung und nicht zuletzt der hervorragenden Erhaltung bayernweit einzigartig. 

„Nicht zuletzt, weil die Ausgrabung aus Steuermitteln bezahlt wurde, sollten die Funde nicht in einem riesigen Depot in München erneut in der Versenkung verschwinden, sondern beispielsweise für den Schulunterricht aufbereitet und zusammen mit den Wolnzacher Fundstücken identitätsstiftend in einem unserer Museen präsentiert werden“, betonte Käser dazu.  „Wir wollen etwas über unsere Vorfahren lernen. Statt das Geld in Tourismusmessen zu stecken, wollen wir lieber in unsere Hallertauer Identität und Tradition investieren. Das halten wir für wesentlich sinnvoller.“


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