Gewerkschaft NGG verweist auf Zahlen der Hans-Böckler-Stiftung, warnt vor den Folgen und fordert die Abschaffung der sachgrundlosen Befristung.
(ty) Kritik an unsicheren Jobs übt die Gewerkschaft "Nahrung, Genuss, Gaststätten" (NGG). Im Landkreis Pfaffenhofen seien zuletzt 34 Prozent aller neu abgeschlossenen Arbeits-Verträge befristet gewesen. "892 von insgesamt 2645 Neueinstellungen hatten im zweiten Quartal 2020 ein Verfalls-Datum", erklärte die Gewerkschaft heute unter Berufung auf Zahlen des wirtschafts- und sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) der Hans-Böckler-Stiftung. "Befristete Jobs sind besonders stark im Lebensmittel-Handwerk und im Gastgewerbe, aber auch in der Ernährungs-Industrie verbreitet – und können gerade für jüngere Beschäftigte zur Falle werden", sagt Rainer Reißfelder, der als Geschäftsführer der NGG-Region Oberpfalz auch das nördliche Oberbayern mitbetreut.
Wer nur eine Stelle auf Zeit habe, so Reißfelder weiter, bekomme etwa nur schwer eine Wohnung oder einen Kredit. Sogar die Familienplanung werde erschwert. Die nächste Bundesregierung müsse das Problem dringend in den Griff kriegen und Befristungen eindämmen, so die Forderung der Gewerkschaft.
"Nach Angaben des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufs-Forschung (IAB) waren im vergangenen Jahr bundesweit 56 Prozent aller Neueinstellungen im Nahrungs- und Genussmittel-Gewerbe befristet", schreibt die NGG in einer heute veröffentlichten Pressemitteilung. "Im Gastgewerbe lag die Quote mit 45 Prozent ebenfalls weit über dem branchen-übergreifenden Durchschnitt von 38 Prozent."
"Im Zuge der Corona-Pandemie können Befristungen für die Betroffenen zu einem großen Problem werden, weil viele Firmen ihre Arbeits-Verträge auslaufen lassen", warnt Reißfelder. Es sei überfällig, dass die Politik Befristungen ohne einen so genannten Sachgrund eindämme. Als Sachgründe gelten etwa eine Elternzeit-Vertretung oder eine Probezeit.
An die Beschäftigten aus den Branchen der NGG appelliert der Gewerkschafter, sich vor der anstehenden Bundestagswahl über die Wahlprogramme der Parteien in Sachen Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik zu informieren sowie am 26. September wählen zu gehen.
"Am Thema Befristungen zeigt sich, wie sehr es auch auf die Stimme der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ankommt", findet Reißfelder. Wer im Kreis Pfaffenhofen in der Ernährungs-Industrie, in Hotels und Gaststätten, Bäckereien oder Fleischereien arbeite, für den stehe bei dieser Wahl viel auf dem Spiel.
"Denn wie viele Stunden die Menschen arbeiten müssen, welche Rente sie am Ende bekommen oder ob aus einem Minijob eine feste Stelle wird – das entscheidet sich auch bei der Bundestagswahl", so Reißfelder. Wichtig sei auch, dass die kommende Bundesregierung die Tarif-Bindung stärke. "Laut IAB arbeiteten im letzten Jahr lediglich 45 Prozent aller westdeutschen Beschäftigten nach einem Branchen-Tarifvertrag", so die NGG. "Im Jahr 2000 waren es noch 63 Prozent."
Zugleich fordert die NGG, die Lasten der Corona-Krise gerecht zu verteilen. "Es kann nicht sein, dass einzelne Unternehmen Dividende an ihre Aktionäre ausschütten, nachdem sie vom Staat großzügig mit dem Kurzarbeiter-Geld unterstützt wurden", so Reißfelder. Unter dem Motto "Du hast die Wahl" hat die NGG zentrale Forderungen zusammengetragen – den "Wahl-Check" gibt es unter www.ngg.net/btw21.