Das Ergebnis der Pfaffenhofener Stadtratswahl bietet viel Raum für Spekulationen – zahlreiche Koalitionen sind möglich, einige denkbar. Eine Schlüsselrolle spielen dabei die Freien Wähler
Von Tobias Zell
Natürlich sorgen Wahlergebnisse erst einmal für allgemeine Aufregung. So auch in Pfaffenhofen, wo am Sonntag nicht nur der Bürgermeister, sondern auch der künftige Stadtrat gewählt worden sind. Nun sind die Ergebnisse hinlänglich bekannt, die ersten Schocks sind überwunden und der Kater nach mancher Freudenfeier ist auskuriert. Das politische Leben geht aber weiter und im Hintergrund laufen bereits die ersten internen Gespräche über die künftige lokalpolitische Arbeit in der Kreisstadt. Möglich ist vieles, denkbar ist einiges. Spannend werden die nächsten Wochen auf jeden Fall. Denn es geht um die Frage: Wer kann sich wie eine Mehrheit im künftigen Stadtrat organisieren?
Hier noch einmal das Wahlergebnis mit Sitzverteilung:
Es deutet auf den ersten Blick freilich einiges darauf hin, dass die „bunte Koalition“ aus SPD, FW, Grünen und ÖDP im Stadtrat fortgesetzt wird. Die SPD hat neun Sitze im neuen Gremium, die Freien Wähler haben fünf, die Grünen zwei und die ÖDP ebenfalls zwei. Damit hätte ein „buntes Bündnis“ der bekannten Art 18 Stadtrats-Stimmen – plus die Stimme von Bürgermeister Thomas Herker (SPD), ergibt also 19. In einem Stadtrat mit 30 Mitgliedern – plus Rathauschef – würden 19 Stimmen eine stabile Mehrheit bedeuten.
Reichen würden aber rechnerisch 16 Stimmen für eine Mehrheit. So könnten die SPD und die Freien Wähler, sollten sie denn weiterhin gemeinsame Sache machen, auf die Grünen oder auf die ÖDP verzichten, und hätten dann 16 Stimmen, plus die von Herker macht 17 – dann könnte sogar einer krank sein, berufsbedingt fehlen oder mal anderer Meinung sein.
Dass die Grünen sich einem solchen bunten Bündnis verweigern, ist höchst unwahrscheinlich. Sie waren nicht nur mit dem Ziel „Buntes Bündnis weiterführen“ in den Wahlkampf gezogen, sondern hatten Thomas Herker auch zu ihrem Bürgermeisterkandidaten gekürt. Die SPD und die Grünen sind deshalb schon fast schicksalhaft miteinander verbunden.
Bleibt die Frage, was die ÖDP macht. Die dürfte dieser Tage auch von der CSU umworben werden. Denn die Christsozialen (zehn Sitze) werden vermutlich ihrerseits auch einiges daran setzen, sich ein mindestens 16 Mandate umfassendes Arbeitsbündnis zu organisieren. Dazu bräuchten sie aber erst einmal zwingend die Freien Wähler (fünf Sitze) plus mindestens einen weiteren Stadtrat anderer Couleur. Freilich kommen einem hier zunächst die Solisten von FDP und GfG in den Sinn. Doch Manfred „Mensch“ Mayer wird sich höchstens von Fall zu Fall anschließen – Parteipolitik ist bekanntlich mit ihm nicht zu machen. FDP-Stadtrat Franz Niedermayr könnte also in diesem Gedankenspiel das Zünglein an der Waage sein. Macht er mit, dann könnten CSU, FW und FDP (zusammen 16 Sitze) den wiedergewählten Bürgermeister Thomas Herker in eine „Minderheitsregierung“ schicken. Allerdings offenbart sich hier eine Gefahr: Es dürfte nie jemand von CSU, FW und FDP bei einer Abstimmung fehlen, wenn es drauf ankommt.
Deshalb wäre freilich ein Zusammenschluss von CSU, FW und ÖDP die für die Christsozialen erstrebenswertere, weil stabilere Verbindung; sie würde 17 Stimmen bedeuten. Aber, wie gesagt: Dazu braucht es erst einmal Freie Wähler, die bereit sind, das derzeitige bunte Bündnis nicht weiterzuführen – und zwei ÖDP-Räte, die selbiges tun.
Fakt ist jedenfalls: Ohne die Freien Wähler geht für die CSU praktisch nichts. Denn mit den Grünen dürfen die Christsozialen zu 99,9 Prozent gar nicht rechnen – und die übrigen möglichen Partner (FDP, ÖDP, GfG) brächten es nur auf vier Stimmen, was also mit der CSU zusammen lediglich 14 ergibt und hinten und vorne nicht reicht.
Will sich also die CSU eine Mehrheit im Stadtrat basteln, dann bleiben unterm Strich zwei realistische Szenarien. Erstens: Mit den Freien Wählern und der FDP. Das wären 16 Stimmen und das würde reichen – unter der Bedingung, dass immer alle da sind, wenns um was geht. Zweite Möglichkeit: Mit den Freien Wählern und mit der ÖDP. Das wäre dann mit 17 Stimmen einigermaßen stabil.
Bei der CSU will man solche Gedankenspiele indes noch überhaupt nicht kommentieren. Und es sei auch noch deutlich zu früh, um überhaupt Aussagen zu treffen, erklärte der CSU-Ortsvorsitzende Florian Schranz heute gegenüber unserer Zeitung. Heute Abend gibt es bei den Christsozialen eine Fraktionssitzung, und in deren Rahmen soll auch über den Wahlausgang sowie über weitere Schritte gesprochen werden. Danach ist möglicherweise mehr zu erfahren.
Sonnenklar ist die Frage nach den künftigen Mehrheitsverhältnissen im Stadtrat dagegen für Markus Käser, den hiesigen SPD-Chef. „Wir haben vorher gesagt was wir wollen. Und dabei bleibt es“, betonte er heute auf Anfrage. Will sagen: Fortsetzung des bunten Bündnisses von SPD, FW, Grüne und ÖDP. Entsprechende Gespräche finden lauter Käser in den kommenden Tagen statt.
Unterm Strich steht also nur eines fest: Die Freien Wähler dürften in den kommenden Tagen sowohl von der SPD als auch von der CSU innigst umworben werden. Denn sie werden wohl zum fünfköpfigen Zünglein an der Waage. Zwar ist theoretisch für die Sozialdemokraten auch ein buntes Bündnis ohne die FW denkbar. SPD, Grüne, FDP, ÖDP und GfG kämen auf 15 Sitze und hätten mit der Bürgermeisterstimme die Mehrheit. Doch das ist wohl nicht mehr als blanke Theorie ohne Praxistauglichkeit. Aus zwei Gründen. Zum einen dürfte dann, wie schon erwähnt, nie einer fehlen. Und zweitens geht es hier auch ums Prinzip. Denn GfG-Stadtrat Manfred „Mensch“ Mayer wird wohl allein schon deshalb keine fixe Koalition eingehen, geschweige denn gar einen Vertrag unterschreiben, weil das völlig gegen die Philosophie der neuen Wählergruppe wäre. Mayer hat immer wieder betont: Der GfG gehe es einzig und allein um Themen.