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Zwischen Gambach und Ottersried soll eine Recycling-Anlage mit Beton-Brecher entstehen. Bürgermeister und Gemeinderat sind dafür, die Gegner formieren sich.

(ty) Im Gemeinde-Bereich von Rohrbach sorgt ein Bauvorhaben für Gesprächs- und Zündstoff. Zwischen den Ortsteilen Gambach und Ottersried soll nahe der A9 ein "Sondergebiet" entstehen: Geplant sind auf dem rund 17 000 Quadratmeter großen Areal unter anderem eine Lagerfläche mit Recycling-Anlage und Beton-Brecher. Die "Bürger-Gemeinschaft Bewahrung Holledauer Kulturlandschaft" will das aus mehreren Gründen an dieser Stelle verhindern. Bürgermeister Christian Keck (SPD) und der Gemeinderat stehen dagegen hinter dem Projekt. Das letzte Wort ist allerdings längst nicht gesprochen, auch von Alternativ-Standorten ist die Rede. Keck wirbt in einem Video (siehe unten) für Vertrauen in den politischen sowie baurechtlichen Prozess und appelliert: "Blinder Aktionismus oder falscher Aktionismus wäre jetzt hier fehl am Platz."

Konkret regt sich Widerstand dagegen, "diesen zufälligen Standort für die Ansiedelung einer Recycling-Anlage zu wählen und als Sondergebiet auszuweisen", erklärt Claudia Schweiger als Sprecherin der "Bürger-Gemeinschaft Bewahrung Holledauer Kulturlandschaft". Sie stellt klar: "Diese Kuppen-Bebauung am grünen Hügel ist zu verhindern." Zusammen mit Unterstützern aus der Gemeinde versucht sie, das Bauvorhaben des hiesigen Unternehmers Helmut Schneider auf dem bisher landwirtschaftlich genutzten und rund 1,7 Hektar großen Areal auszubremsen – unter anderem mit Hilfe einer kürzlich gestarteten Unterschriften-Aktion, an der sich ihren Worten zufolge bislang rund 60 Leute beteiligt haben.

Dass mittlerweile nicht unerhebliches öffentliches Interesse an diesem Thema besteht, zeigte auch eine offizielle Informations-Veranstaltung, die am vergangenen Montag in der Turmberghalle in Rohrbach stattfand. Sie lockte geschätzte 200 Personen an und wurde im Nachgang von Bürgermeister Keck als "viel beachtet" eingeordnet.

Diese Visualisierung, die uns vom Vorhabens-Träger zur Verfügung gestellt wurde, zeigt das geplante Areal (rechts oben im Bild).

Auf dem anvisierten "Sondergebiet" sind laut vorhaben-bezogenem Bebauungsplan neben einer Lagerfläche, zwei Containern und einer Halle unter anderem ein "Zwölf-Tonnen-Brecher" vorgesehen, um geeignete Abbruch-Materialien als Recycling-Baustoffe zur Wiederverwendung aufzubereiten. Aus dem Bebauungsplan geht außerdem hervor, dass sich der Standort für eine solche Brecher-Anlage gut eignet, "da das Plangebiet in ausreichendem Abstand zu vorhandenen Wohngebieten (Gambach und Ottersried) liegt".

"Es gab bisher zu dem Bauvorhaben drei Abstimmungen im Rohrbacher Gemeinderat, in denen sich das Vorhaben vom schlichten Lagerplatz hin zur Recycling-Anlage gemausert hat", kritisierte Claudia Schweiger. Eine derartige Anlage gehöre jedoch, wie es üblich sei, in eine Grube oder Senke, "um die natürliche Umgebung als Lärm- und Staubschutz nutzen zu können". Zudem sei es landespolitischer Wille, Flächen-Versiegelung zu verhindern. Das Projekt passe schlichtweg nicht ins Landschaftsbild. Und insbesondere der Beton-Brecher sei im Betrieb laut und verursache gehörigen Staub. Schweiger erinnert an Autobahn-Arbeiten, die aber zeitlich befristet gewesen seien. "Kein noch so guter Immissions-Schutz kann schädliche Umwelt-Einwirkungen verhindern."

"In Gambach besteht neben der Wohnbebauung seit Jahren ein Pferdehof für Reit-Therapien mit Kindern sowie ein Erdbeerfeld", führt Schweiger weiter aus. Das vertrage sich nicht mit einem derart immissions-intensiven Betrieb. Tatsächlich befinden sich die ersten Häuser in Gambach laut Angaben von Schweiger in knapp 450 Metern Entfernung; nach Ottersried seien es sogar weniger als 300 Meter Luftlinie von der geplanten Baugrundstücks-Grenze aus. "Gambach und Ottersried sollen auch für künftige Generationen als Lebensmittelpunkt lebenswert bleiben", fordern Schweiger und ihre Mitstreiter. "Zwischen den beiden Ortsteilen liegt die A9. Das reicht eigentlich an Belastung."

Darüber hinaus sei durch das Sondergebiet vermehrt Lkw-Verkehr zu erwarten, der nicht nur durch die kleinen Dörfer, sondern auch den Hauptort Rohrbach betreffe. Den Eigentums-Aspekt Schneiders und ein "möglicherweise wirtschaftliches Interesse der Gemeinde" an dem Vorhaben bezeichnet Schweiger als "standortfremde Kriterien", die nicht in die Entscheidung einfließen sollten. Man verstehe nicht, warum ein Einzel-Interesse des Vorhabens-Trägers schwerer wiege als die Einwände der Bürger. Die Suche nach einer Standort-Alternative sollte nach Ansicht von Schweiger jetzt primäres nächstes Ziel sein. "Ich hoffe, dass der Gemeinderat nicht weiterhin die Tür für diesen exponierten Standort öffnet – auch weil er sie dann später nicht mehr schließen könnte, wenn dadurch Tür und Tor für eine Industrie-Brache geöffnet wird."

Weitere Visualisierungen, die uns vom Vorhabens-Träger zur Verfügung gestellt wurden.

Erdbau-Unternehmer Helmut Schneider ist bemüht, die höher schlagenden Wogen zu glätten. Gegenüber unserer Zeitung erklärt er, dass zum Lärm- und Sichtschutz der Boden zunächst 1,5 Meter abgetragen werde. "Dadurch liegen wir schon tiefer. Darüber hinaus gibt es einen zehn Meter breiten Wall mit zwei Metern Höhe plus einer mindestens vier Meter hohen Bepflanzung – das ist bereits mehr, als der Gesetzgeber verlangt." Und anfallender Staub werde mit Hilfe einer Sprüh-Anlage so behandelt, dass erst gar nicht in die Luft komme.

"Wir planen zudem eine Lärm- und Staubschutz-Wand vor der Sieb-Anlage und dem Beton-Brecher mit einer 60 Zentimeter starken und voraussichtlich sieben Meter hohen Betonwand", so Schneider weiter. Durch die Bepflanzung füge sich die Anlage ins Landschaftsbild ein, zu sehen sei im Zweifelsfall wohl nur die Spitze des acht Meter hohen Hallen-Dachs. Der City-Brecher oder Begleit-Brecher genannte und zum Einsatz auf dem anvisierten Sondergebiet vorgesehene "Beton-Brecher" werde in seiner Dimension häufig überschätzt, findet Schneider. "Wir setzen eine Maschine mit einem Eigengewicht von zwölf Tonnen ein", sagt er, "üblich sind in der Regel zum Beispiel bei Abbruch-Arbeiten 30 Tonnen und mehr."

 

Der Unternehmer weist außerdem darauf hin, dass mit dem Projekt praktizierter Umweltschutz betrieben werde. Das Problem sei, dass durch die gesetzlichen Regelungen, beispielsweise bei Erdarbeiten auf Grundstücken und an Häusern, belastete Materialien – zumeist Bauschutt mit Erdreich – vermengt würden. "Diese Materialien müssen aber getrennt und recycelt werden. Das heißt: Was bisher in Bauschutt-Gruben entsorgt wurde, muss jetzt im Idealfall möglichst regional wiederverwertet werden. Dazu dient eben auch diese geplante Anlage." Darüber hinaus falle beispielsweise bei kommunalen Graben-Arbeiten der Aushub an; dieser müsse in einem Zwischenlager deponiert werden für die folgende Zertifizierung. Mit der geplanten Anlage würden weite Transportwege entfallen und die Wiederverwendung ressourcen-schonend optimiert, wirbt Schneider.

Was auf die Gambacher, Ottersrieder und nicht zuletzt die Rohrbacher zukommen könnte, war aus der Bauvoranfrage im Dezember 2020 teilweise zu erahnen. Darin heißt es: "Der Antragsteller plant auf der landwirtschaftlichen Nutzfläche einen Lagerplatz mit Schüttgut-Boxen und Lagerflächen als Zwischenlager für Erdaushub-Material. Der gemischte Erdaushub (Schotter, Kies, Sand etc.) soll sortiert, getrennt und auf Belastungen untersucht werden. Wiederverwertbares Material wird weiterverwendet, somit können Ressourcen geschont werden. Das belastete Material wird einer fachgerechten Entsorgung zugeführt." In der Gemeinderat-Sitzung vom 15. September 2021 und in der darauffolgenden Öffentlichkeits-Beteiligung lagen die Fakten mit dem Bebauungsplan Nummer 47, "Sondergebiet Lagerplatz Ottersried", auf dem Tisch. Der Gemeinderat billigte den Entwurf samt Begründung, Umweltbericht sowie Vorhaben- und Erschließungsplan einmütig.

Wollen zumindest den anvisierten Standort verhindern: Claudia Schweiger (von links), Hildegard Lichtblau, Josef und Theresa Kiermeier sowie Josef Lichtblau von der "Bürger-Gemeinschaft Bewahrung der Holledauer Kulturlandschaft".

"Jetzt ist der richtige Zeitpunkt, Bedenken zu äußern", sagt Bürgermeister Keck. Derzeit befinde sich das Verfahren am Ende der frühzeitigen Öffentlichkeits- und Behörden-Beteiligung, also der ersten offiziell vorgesehenen Gelegenheit für jedermann, Stellung zu dem Vorhaben zu nehmen. So stünden etwa ein Immissions-Gutachten oder eine artenschutz-rechtliche Prüfung noch aus. "Lärm- und Staub-Immissionen für die über 400 Meter entfernten Anwohner werden durch Anböschung und Bepflanzung, aber auch die Einhausung des Brechers nach Ansicht des Immissions-Schützers im gesetzlich zulässigen Rahmen sein", so der Rathaus-Chef.

Einen der Haupt-Kritikpunkte sieht Keck in der befürchteten Beeinträchtigung des Landschaftsbilds. "Es ist tatsächlich ein exponierter Standort", räumt er ein, "daher wird der Vorhabens-Träger mögliche Alternativ-Standorte nochmals intensiv prüfen." Geprüft werde dabei unter anderem, ob beispielsweise ein Flächen-Tausch möglich sei. Voraussetzung sei unter anderem eine gute Anbindung an eine geeignete Straße. Derzeit werde mit jährlich 2000 Lastwagen-An- und -Abfahrten gerechnet. "Die Bedenken der Gambacher und Ottersrieder Bürger sind verständlich und werden in die weitere Abwägung einfließen", versichert Keck.

Und wie sieht er es selbst? "Ich denke, die Anlage ist ein Gewinn für die Gemeinde, auch vor dem Hintergrund, dass Kommunen immer wieder Probleme mit der Entsorgung etwa von Material aus Graben-Räumungen haben. Das ist ein Riesenthema und auch ein entsprechender Kostenfaktor." Die Gemeinde würde als Eigentümerin die nördliche Teilfläche des geplanten Sondergebiets an den Betreiber vermieten. "Das Risiko einer Kontaminierung würde per Versicherung abgesichert werden", erklärt Keck.

Und wie geht's jetzt weiter? Voraussichtlich im März werde der Antrag im Gemeinderat erneut behandelt, sagt der Bürgermeister. Bis dahin sollte seinen Worten zufolge feststehen, "ob eine Alternativ-Fläche möglich erscheint oder ob an der bisherigen Stelle weitergeplant werden soll". Abhängig davon müsse der Aufstellungs-Beschluss entsprechend angepasst werden und die Gemeinderäte würden dann über die weitere Behandlung des Bauvorhabens beraten. In einem aktuellen Video (siehe unten) wirbt Keck jedenfalls für Vertrauen in den politischen sowie vor allem auch baurechtlichen Prozess und bittet zugleich um die entsprechende Zeit. "Blinder Aktionismus oder falscher Aktionismus wäre jetzt hier fehl am Platz", so sein Appell.


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