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Vor 100 Jahren wurden alle Bewohner des Einödhofs bei Schrobenhausen von einem Unbekannten umgebracht. Ein Blick auf die unfassbaren Taten und Termine für geführte Wanderungen zum Ort des Schreckens.

Hinweis: Ganz am Ende dieses Beitrags sehen Sie ein explizites Polizei-Foto vom Tatort.

(ty) In der Nacht von 31. März auf 1. April 1922, also vor 100 Jahren, sind auf dem Einödhof Hinterkaifeck bei Schrobenhausen sechs Menschen bestialisch ermordet worden, darunter auch Kinder. Der Fall ist bis heute ungeklärt. Anlässlich des Jahrestags dieser schrecklichen Bluttaten findet am morgigen Donnerstag, 31. März, eine Spezial-Führung zum einstigen Tatort statt. Das wurde heute aus dem Landratsamt von Neuburg-Schrobenhausen mitgeteilt. Treffpunkt ist den Angaben zufolge um 16.15 Uhr an der Kirche in Waidhofen. Nach der Führung findet ein Gedenk-Gottesdienst statt, der um 19 Uhr beginnt. Nachfolgend die Details und ein Blick auf die unfassbare Mord-Serie.

Maria Weibl, Gästeführerin des Landkreises Neuburg-Schrobenhausen und bekannt eben auch durch ihre Hinterkaifeck-Führungen, informiert bei der morgigen Wanderung über die ungeklärten Morde von Hinterkaifeck. Die Tour führt durchs Paartal über Feld, Sanddünen und Hexenhölzl zum Ort des Geschehens. Dabei sind die Teilnehmer auch auf dem Schulweg und auf dem Weg zur Kirche unterwegs, den die Hinterkaifecker einst gingen. Eine Anmeldung für die morgige Spezial-Führung ist telefonisch unter der Rufnummer (0 82 52) 34 22 bei Maria Weibl möglich. Die Teilnahme kostet sieben Euro pro Person. Weitere Führungen werden am 3. April, 10. April, 12. Juni, 13. August und 10. September angeboten; Beginn ist dann jeweils um 17.45 Uhr.

Nachbildung der Tatwaffe.

Obgleich vom Tatort selbst bis auf den Grund und Boden, auf dem anno 1922 der Sechsfach-Mord geschah, nichts mehr zu sehen ist, zieht es viele Menschen dorthin. Hinterkaifeck – allein der Name jagt manchem einen eiskalten Schauer über den Rücken. So hieß dieser Einödhof nahe Schrobenhausen, auf dem Andreas und Cäzilia Gruber, ihre Tochter Viktoria und deren Kinder Cäzilia und Josef sowie die Dienstmagd Maria Baumgartner regelrecht hingerichtet wurden. Es war ein bestialisches Blutbad, angerichtet von einem nach wie vor Unbekannten. Marie Weibl bietet – wie mehrfach berichtet – immer wieder Wanderungen zum Ort des Geschehens mit Informationen rund um den mysteriösen Kriminalfall an. Die Nachfrage ist groß.

Weibl kennt freilich die verschiedensten Theorien zu dem nach wie vor ungeklärten Verbrechen. Sie begleitete über die Jahre schon unzählige Gruppen von interessierten Besuchern zu eben jener Stelle, an der es damals geschah. Der Schauplatz der Bluttaten ist heute eine Wiese, auf der in den grünen Monaten duftende Kräuter sprießen. Der Einödhof Hinterkaifeck wurde bald nach den schrecklichen Taten abgerissen. Nur ein Marterl erinnert heute noch an die Geschehnisse von damals. Immer wieder bietet Weibl auch Fackel-Wanderungen durch die Dunkelheit dorthin an – eine durchaus gruselige Tour. Wem das zu beklemmend ist, der kann aber auch eine geführte Tour bei Tageslicht mitmachen. 

 

Maria Weibl bietet Führungen zum einstigen Tatort an.

Der ungefähr zwei Kilometer lange Fußmarsch, den die Teilnehmer bei den von Weibl geführten Touren zurücklegen, beginnt in Waidhofen an der Pfarrkirche "Mariä Reinigung" und entspricht ziemlich genau dem damaligen Kirch- und Schulweg der an ihrem Todestag siebenjährigen Cäzilia. Der Weg führt durch Wald und Feld bis zu einem Acker. Hier befand sich einst das Anwesen, auf dem in der Nacht zum 1. April des Jahres 1922 – also vor nunmehr einem Jahrhundert – die grausigen Taten wie im Blutrausch verübt worden sind.

Seinerzeit waren es die Nachbarn Lorenz Schlittenbauer, Jakob Sigl und Michael Pöll, denen wenige Tage nach dem brutalen Verbrechen eine unnatürliche Ruhe auf dem Hof auffiel. Vier der sechs übelst zugerichteten Leichen entdeckten sie dann beim Nachschauen im Stall, zwei weitere Tote fanden sie im Haus. Mit einer so genannten Reuthaue waren den Opfern schwerste Verletzungen beigebracht worden. Allerdings wiesen bei den Köpfen der Leichen unterschiedliche Verletzungsmuster auf mögliche weitere Tatwerkzeuge hin.

Maria Weibl geht das Schicksal der siebenjährigen Cäzilia besonders nahe. Das Mädchen soll sich vor Schmerz in einem über mehrere Stunden dauernden Todeskampf büschelweise die Haare vom Kopf gerissen haben – diese hielt sie angeblich bei der Obduktion noch in ihren Händen.

Zahlreiche Merkwürdigkeiten führten in dem ungeklärten Mordfall zu unzähligen Spekulationen: Von Schuh-Abdrücken im Schnee, die zwar zu dem Bauernhof hin, aber nicht mehr zurückführten, ist etwa die Rede. Verschobene Dachziegel und versorgtes Vieh deuten auf eine sich noch über Tage nach der Tat dort versteckt haltende Person hin. Eine der vielen noch offenen Fragen: Waren das die Spuren des Täters – oder der Täter?  

Ein Marterl erinnert an das schreckliche Verbrechen.

Die Rede ist auch von einer angeblichen Blutschande, von einem für damalige Verhältnisse immensen Vermögen Grubers, von möglicherweise ominösen Geschäften und von vielen anderen Dingen. Genug Stoff jedenfalls für an Spannung kaum zu überbietende Vorlagen für Romane, Theaterstücke und Sachbücher.

Die Dorfpolizei, aber auch die Münchner Kripo – damals in ihrer Aufbauphase – waren angeblich vollkommen überlastet mit der Ermittlungsarbeit. So soll die Polizei nicht einmal über ein eigenes Fahrzeug verfügt haben. Und von einem "Profiling", wie man es heutzutage kennt, war man seinerzeit noch weit entfernt.

Einige Meter neben dem früheren Gruber-Anwesen steht das besagte Marterl. "Wir beten hier, singen ein Lied oder gedenken still der Toten", berichtet Maria Weibl über ihre Hinterkaifeck-Wanderungen. Gleich neben diesem Marterl ragt eine imposante Fichte mit fünf Wipfeln in die Höhe. "Für jeden Kaifecker steht ein Wipfel", sagt Weibl. Der Baum, so erzähle man hier, habe alles gesehen. Zwar waren es sechs Tote, doch die Magd Maria Baumgartner sei ja – gerade frisch angestellt – erst einige Stunden auf dem Hof gewesen und werde von daher nicht mitgezählt.

Über die Jahrzehnte hinweg scheint der Tatort eine ganz eigene Anziehungskraft entwickelt zu haben. Weibl berichtete immer wieder von einem regelrechten Tourismus: Man könne praktisch Tag und Nacht im Umfeld des Tatorts auf Besucher treffen. Die Landkreis-Führerin hat übrigens ihre ganz eigene Theorie zu den Hintergründen des grausigen Verbrechens von Hinterkaifeck. Auch darüber kann man bei den von ihr geleiteten Wanderungen erfahren.

Foto der Münchner Kriminalpolizei von 1922 vom Tatort.


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