Der 42-Jährige gilt nach dem Rückzug von Peter Lenz als Wunsch-Kandidat. Für ihn wäre es eine Rückkehr. Gremien entscheiden am Freitag.
Von Tobias Zell
Christian Degen soll der neue Geschäftsführer der Ilmtalklinik-GmbH mit ihren beiden Krankenhäusern in Pfaffenhofen und Mainburg werden. Wenn zumindest diesbezüglich in diesen turbulenten Zeiten alles nach Plan läuft, dann könnte er bereits am kommenden Montag den Posten antreten. Am Freitag soll zunächst der Aufsichtsrat der Klinik-GmbH grünes Licht geben, anschließend die Gesellschafter-Versammlung einen entsprechenden Beschluss fassen. Der 42-Jährige soll die Nachfolge von Peter Lenz antreten, der bekanntlich nur wenige Monate im Amt war, dabei nicht unumstritten agierte und kürzlich aus gesundheitlichen Gründen um seine Abberufung gebeten hatte. Degen war bereits im Jahr 2018 in der Klinik-Geschäftsführung tätig; sein neuerliches Engagement kommt für Insider nicht ganz überraschend.
Nach Informationen unserer Zeitung ist die anvisierte Rückkehr des Landratsamt-Mitarbeiters Christian Degen an die Spitze der Krankenhaus-Gesellschaft von einem breiten Wunsch getragen: Entsprechende Signale beziehungsweise angeblich mitunter sogar Forderungen kamen dem Vernehmen nach nicht nur aus dem Aufsichtsrat, sondern auch vom Klinik-Personal und aus politischen Kreisen. Degen ist derzeit an der Pfaffenhofener Landkreis-Behörde tätig. Er ist deren Pressesprecher, leitet das Büro von Landrat Albert Gürtner (FW) und kümmert sich außerdem um das Beteiligungs-Management des Landkreises. Schon in letzterer Funktion hat er ohnehin intensiv mit der Ilmtalklinik-GmbH zu tun, die bekanntlich von den Kreisen Pfaffenhofen und Kelheim getragen und finanziell ausgestattet wird. Doch Degens Erfahrungen mit und an den Ilmtalkliniken reichen noch deutlich weiter.
Kein Neuland für Degen
Bereits von September 2013 bis März 2014 hatte er Erfahrungen als kaufmännischer Leiter der Klinik-GmbH gesammelt. Damals bewegte sich das jährliche Defizit aus dem operativen Geschäft noch in einer Größenordnung von drei bis vier Millionen Euro – eine Dimension, die viele heute sofort unterschreiben würden. Denn wie berichtet, droht für heuer ein neuerliches Rekord-Minus aus dem laufenden Betrieb in Höhe von rund elf Millionen Euro. Von Mai 2017 bis Dezember 2017 war Degen, der mittlerweile beim Landratsamt als Kreisrechnungsprüfer tätig war, als Prokurist an die Klinik-Gesellschaft zurückgekehrt. Über das gesamte Jahr 2018 bildete er anschließend zusammen mit Ingo Goldammer das Geschäftsführer-Duo. Auf Wunsch des damaligen Pfaffenhofener Landrats Martin Wolf (CSU) kehrte Degen 2019 ans Landratsamt zurück. Doch schon Anfang 2021 wurde beschlossen, dass er zur Unterstützung der Geschäftsführung ab April, zumindest tageweise, wieder in der Chef-Etage der Klinik-GmbH mithelfen soll.
Der Aufsichtsrat und die politischen Entscheidungsträger befassten sich indes – wieder einmal – mit der Frage, wie die Klinik-GmbH aus den tiefroten Zahlen gebracht werden kann. Gelingen sollte der erhoffte "Turnaround" auf Grundlage einer Analyse der WMC-Healthcare-GmbH aus München. Diese war, so wurde im November 2021 in einer Sonder-Sitzung des Pfaffenhofener Kreistags erklärt, vom damals noch alleinigen Klinik-Chef Goldammer angestoßen worden. Im Rahmen dieses Projekts "wurden verschiedene Szenarien evaluiert und gemeinsam mit der Geschäftsführung, Leistungsträgern beider Häuser und den Trägern auf ihre Eignung als Zukunfts-Konzept untersucht", hieß es in gleichlautenden Mitteilungen aus den Landratsämtern von Pfaffenhofen und Kelheim. "Dabei wurde von den Mitgliedern des Aufsichtsrats bereits im Vorfeld vorgegeben, dass beide Standorte erhalten werden sollen." Ganz wesentlich sehe dieses Zukunfts-Konzept "eine Kombination aus operativer Sanierung und Schwerpunkt-Bildung in der stationären Versorgung" vor. "Diese Anpassungen sollen tragfähige Strukturen für die nächsten Jahre ergeben."
"Brauchen endlich Klarheit"
"Vor dem Hintergrund hoher Investitionen der beiden Landkreise in die jeweilige bauliche Sanierung der Standorte sollen diese auch für die kommenden Jahre zukunftssicher und medizinisch bestmöglich aufgestellt sein", wurde weiter ausgeführt. Am 29. Oktober 2021 war den offiziellen Angaben zufolge in einer Aufsichtsrat-Sitzung dieses Zukunfts-Konzept verabschiedet worden. Im Rahmen von Betriebs-Versammlungen waren dann auch die Mitarbeiter an den beiden Klinik-Standorten darüber informiert worden. Schließlich wurden die Kreistags-Gremien in Kenntnis gesetzt. "Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der beiden Häuser brauchen endlich Klarheit, wie es an beiden Standorten weitergeht", hatte der Kelheimer Landrat Neumeyer unterstrichen. "Auch unsere Bürgerinnen und Bürger wollen wissen, welche Spezialisierungen und Profile in ihren Krankenhäusern künftig vorherrschen sollen", ergänzte sein Pfaffenhofener Amtskollege Gürtner.
Lenkten bereits zusammen die Geschicke der Ilmtalklinik-GmbH: Ingo Goldammer (links) und Christian Degen.
In einer weiteren Aufsichtsrat-Sitzung am 3. November 2021 war den Angaben zufolge die neue Aufstellung der Geschäftsführung der Ilmtalklinik-GmbH "zur ordnungsgemäßen Umsetzung" des medizinischen Zukunfts-Konzepts und der umfangreichen Sanierungs-Maßnahmen an beiden Standorten diskutiert worden. Dabei sei man zu dem Empfehlungs-Beschluss gekommen, "dass diese Fülle an Aufgaben für einen Geschäftsführer nicht leistbar ist". Deshalb sollte es eine Verstärkung der Geschäftsführung geben. Für die Umsetzung des medizinischen Zukunfts-Konzepts sollte demnach, zunächst befristet für zwei Jahre, die HMG-Group in Person von Peter Lenz engagiert werden. Er könne auf langjährige Krankenhaus-Erfahrung zurückblicken, hieß es: "So war er über 25 Jahre in Häusern der Barmherzigen Brüder tätig, ehe er auch noch Erfahrung in den kommunal geführten Häusern in Garmisch-Partenkirchen und Rosenheim sammeln konnte." Unterstützt werden sollte Lenz von Ingo Goldammer, dem bisher alleinigen Geschäftsführer.
Rücktritts-Gesuch in schwierigen Zeiten
Lenz stieg also Ende 2021 in die Klinik-Geschäftsführung ein – begleitet von höchsten Erwartungen und größten Hoffnungen. Doch die hochdefizitäre Ilmtalklinik-GmbH sollte einfach nicht zur Ruhe kommen. Nicht nur, dass für 2022 ein neuerliches Rekord-Minus droht. Dem Kreis Pfaffenhofen steht bekanntlich, wenngleich mit hohen Zuschüssen zu rechnen ist, mit der Generalsanierung und Erweiterung des Krankenhauses in der Kreisstadt ein Mammut-Projekt bevor, das rund zehn Jahre dauern und den Landkreis selbst einen hohen zweistelligen Millionen-Betrag kosten dürfte. Und ausgerechnet in diesen herausfordernden Zeiten erklärte Lenz im September dieses Jahres, also nach nur wenigen Monaten im Amt, dass er seinen Posten als Geschäftsführer aus gesundheitlichen Gründen gerne zum 30. Oktober dieses Jahres oder früher niederlegen würde. Dieses Abberufungs-Gesuch war, wie berichtet, am 16. September auf Anfrage unserer Redaktion aus dem Pfaffenhofener Landratsamt bestätigt worden. Zu diesem Zeitpunkt befand sich Lenz bereits "bis auf Weiteres" im Krankenstand.
Sollte dem Antrag von Lenz auf Niederlegung seines Amts als Geschäftsführer stattgegeben werden, hieß es schon damals, dann werde man sich gleichzeitig über die künftige Ausgestaltung der Geschäftsführung unterhalten müssen. Zum formalen Hintergrund wurde dargelegt: Die Ilmtalklinik-GmbH unterhalte mit der HMG-Group einen so genannten Geschäftsbesorgungs-Vertrag. Lenz sei damals von der HMG-Group als Geschäftsführer der Ilmtalklinik-GmbH vorgeschlagen worden, was Zustimmung gefunden habe. In seiner Sitzung am 28. September dieses Jahres hatte sich der Klinik-Aufsichtsrat aber plötzlich mit dem Rücktritts-Gesuch von Lenz zu befassen. Dass er diese Bitte "aus gesundheitlichen Gründen" geäußert hatte, war offiziell bestätigt worden – deshalb verbietet sich unter Rücksicht auf die Privatsphäre diesbezüglich jede weitere Spekulation. Insider wissen aber auch, dass Lenz als Geschäftsführer nicht unumstritten agierte und dass es intern Kritik gab – angeblich unter anderem, weil die Umsetzung der Punkte aus dem Gutachten auf sich warten ließ.
Entscheidungen am Freitag
Letztlich hat die Gesellschafter-Versammlung – auf Empfehlung des Aufsichtsrats hin – die Abberufung von Lenz zum 30. September beschlossen. Dem Vernehmen nach soll auch der Vertrag mit der HMG-Group bezüglich der Klinik-Geschäftsführung aufgelöst werden. Was nachvollziehbar scheint, denn: An diesem Freitag, 14. Oktober, soll der Aufsichtsrat der Klinik-GmbH einen Empfehlungs-Beschluss fassen, wonach Christian Degen wieder in die Geschäftsführung berufen werden soll. Direkt im Anschluss an diese Aufsichtsrat-Sitzung soll dann die Gesellschafter-Versammlung der Ilmtalklinik-GmbH beschließen, dass Degen zum Geschäftsführer wird. Schon am Montag könnte er dann diesen Posten antreten. Die Gesellschafter-Versammlung besteht aus dem Pfaffenhofener Landrat Albert Gürter (FW) und dem Kelheimer Landrat Martin Neumeyer (CSU), die dabei im Namen des jeweiligen Landkreise agieren. Die Beschlüsse, die in der Gesellschafter-Versammlung gefasst werden, werden üblicherweise durch entsprechende Beschlüsse in den jeweiligen Landkreis-Gremien legitimiert.
Und genau deshalb ist die geplante Ernennung von Christian Degen zum Klinik-Geschäftsführer, über die hinter den Kulissen längst gemutmaßt wurde, am heutigen Mittwoch auch offiziell bekannt geworden. Denn aus dem Kelheimer Landratsamt wurde heute per Presse-Mitteilung die Agenda für die nächste Sitzung des Kelheimer Kreis-Ausschusses am 19. Oktober verschickt. Auf der Tagesordnung des öffentlichen Teils heißt es unter Punkt 9: "Zustimmung zur Abstimmung von Landrat Neumeyer in der Gesellschafter-Versammlung der Ilmtalklinik-GmbH hinsichtlich der Bestellung von Geschäftsführer Herrn Christian Degen." Zuvor geht es, unter Punkt 8, um die "Zustimmung zur Abstimmung von Landrat Neumeyer in der Gesellschafter-Versammlung der Ilmtalklinik-GmbH hinsichtlich der Abberufung von Geschäftsführer Herrn Peter Lenz".
Degen zeigt sich bereit
Degen selbst bestätigte heute auf Anfrage unserer Redaktion die geschilderte formale Vorgehensweise sowie den geplanten zeitlichen Ablauf. Außerdem bestätigte er seine Bereitschaft, erneut in die Klinik-Geschäftsführung einzusteigen. Näher wolle er sich diesbezüglich zum momentanen Zeitpunkt aber nicht äußern, betonte er, weil die Entscheidungen nun in den zuständigen Gremien zu treffen seien. Fakt ist aber: Sollte Degen, wie vorgesehen, in die Chef-Etage der Ilmtalklinik-GmbH zurückkehren, dann wartet eine Menge Arbeit. Herausforderung Nummer eins für ihn dürfte sein, die Krankenhaus-Gesellschaft wieder in ruhigere Fahrwasser zu manövrieren sowie letztlich das alljährliche Millionen-Defizit zu verringern.
Das Defizit aus dem laufenden Betrieb haben bekanntlich die beiden Gesellschafter der Klinik-GmbH, der Landkreis Pfaffenhofen und der Landkreis Kelheim, alljährlich entsprechend ihrer Anteile zu decken. Dabei hatte es 2021, rückwirkend zum Jahresbeginn, eine deutliche Änderung bei der Aufteilung der Gesellschafter-Anteile gegeben. Dadurch verschob sich die Verteilung von 85 Prozent (Kreis Pfaffenhofen) zu 15 Prozent (Kreis Kelheim) auf jetzt 73 Prozent (Kreis Pfaffenhofen) zu 27 Prozent (Kreis Kelheim). Angesichts eines operativen Defizits von mittlerweile jährlich um die zehn Millionen Euro ist der Unterschied zwischen der alten und neuen Verteilung bemerkenswert – und auch millionenschwer. Wie massiv sich die finanzielle Situation über die Jahre entwickelt hat, zeigt die nachfolgende Aufstellung der Geschäfts-Zahlen, die auf Anfrage aus dem Pfaffenhofener Landratsamt mitgeteilt wurden.
Operatives Jahres-Ergebnis der Ilmtalklinik-GmbH in den vergangenen Jahren:
- 2005: + 500 000 Euro
- 2006: + 65 000 Euro
- 2007: + 95 000 Euro
- 2008: + 170 000 Euro
- 2009: + 430 000 Euro
- 2010: + 252 000 Euro
- 2011: – 480 000 Euro
- 2012: – 1,6 Millionen Euro
- 2013: – 4,0 Millionen Euro
- 2014: – 3,1 Millionen Euro
- 2015: – 5,2 Millionen Euro
- 2016: – 4,8 Millionen Euro
- 2017: – 4,5 Millionen Euro
- 2018: – 4,2 Millionen Euro
- 2019: – 4,9 Millionen Euro
- 2020: – 6,5 Millionen Euro
- 2021: – 9,6 Millionen Euro
- 2022: – 10,6 Millionen Euro (Wirtschaftsplan); letzte Prognose (bekanntgegeben im Kreistag): – 10,8 Millionen Euro
Peter Lenz ist auf eigenen Wunsch nicht mehr Geschäftsführer der Ilmtaklinik-GmbH.
Zum Hintergrund:
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