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Zwischen der Kreis-SPD um Markus Käser und der Kreistags-CSU um Reinhard Heinrich und MdL Karl Straub scheint sich eine ebenso intensive wie hart geführte und ebenso kontroverse wie unversöhnliche Debatte über die Schulpolitik im Landkreis zu entwickeln

Von Tobias Zell

Eine von der Landtags-SPD kürzlich vorgestellte Analyse, wonach die Mittelschule in Schweitenkirchen von der Schließung bedroht ist, hatte der Pfaffenhofener SPD-Kreisvorsitzende Markus Käser bekanntlich zum Anlass genommen, um gegen das drohende Schulsterben Alarm zu schlagen und um der CSU und den Freien Wählern im Kreistag vorzuwerfen, sie seien schulpolitisch „weit neben der Spur“. Die Christsozialen schossen daraufhin zurück. Fraktionschef Reinhard Heinrich und sein Vize, der Landtagsabgeordnete Karl Straub, warfen Käser vor, Stimmungsmache auf Kosten von Eltern und Schülern zu betreiben, attestieren ihm „Hau-Drauf-Politik“ sowie „Profilierung“ – und betonten: „Das Fortbestehen aller Mittelschulen im Landkreis ist gesichert.“

Das indes will Käser nicht auf sich sitzen beziehungsweise nicht so stehen lassen: Er wirft nun Straub und Heinrich vor, ihnen falle „außer den verstaubten CSU-Mantras nichts konstruktiv Neues“ ein. „Sie schließen die Augen und Ohren vor Realitäten und behaupten, dass hier nur ein Krisenszenario heraufbeschworen würde“, kritisiert Käser und unterstellt der CSU, sie wolle „ideologisch motivierte Kämpfe führen und innovative Schulentwicklungsprozesse verhindern“.

„Wohnortnahe Schulen stellen ein Stück Lebensqualität für alle dar“, betont Käser in einer heute veröffentlichten Presseerklärung. Doch viele kleine Schulen auf dem Land seien in ihrer Existenz bedroht. 
Er verweist auf die Analyse der SPD-Landtagsfraktion in Zusammenarbeit mit dem Bildungswissenschaftler Dr. Ernst Rösner vom Institut für Schulentwicklungsforschung an der TU Dortmund. Demnach sind derzeit mindestens 163 Standorte von Mittelschulen (frühere Hauptschule) in Bayern von der Schließung bedroht – darunter auch die in Schweitenkirchen.

Mittelschule Schweitenkirchen: Laut SPD-Analyse von der Schließung bedroht, nach Worten der Kreis-CSU im Fortbestand gesichert.

Diese Analyse sowie die Gedankenspiele der CSU und FW über eine Wirtschaftsschule und eines weiteren Gymnasium im Landkreis nehmen die Sozialdemokraten nach eigenen Angaben zum Anlass, um die Themen Schulpolitik und Schulplanung im Landkreis stärker in den Fokus zu rücken. „Wir wollen Grund- und Mittelschulstandorte bei uns langfristig schützen und fordern vom Landkreis zur besseren Planung eine so genannte Bildungslandkarte“, erklärt Käser.

Viele Mittelschulen in Bayern und nun auch im Landkreis haben nach Worten des SPD-Kreischefs den "Gefahrenbereich der Einzügigkeit“ erreicht, das heißt: nur noch eine Klasse pro Jahrgang. „Die Staatsregierung reagierte auf die bereits vor Jahren absehbare Situation mit der Umetikettierung der Hauptschule in Mittelschulen und freiwilligen Schulverbünden.“ Diese Schulverbünde sind aber in den Augen der Kreis-SPD zwar als „Sparmodell“, aber nicht zum langfristigen Erhalt von Schulstandorten geeignet.

Rückblickend habe auch der neue Name den Hauptschulen nicht mehr Schüler gebracht, so SPD-Kreischef Käser.
„Die amtlichen Schuldaten der vergangenen Jahre zeigen dazu einen eindeutigen Trend.“ Das Wahlverhalten in Richtung Realschule und Gymnasium sei unverändert und auch die Geburtenzahlen sinken weiter. An einigen Standorten hätten sich die Schülerzahlen an der Mittelschule innerhalb der vergangenen zehn Jahre halbiert.

Das sind für Käser Fakten, auf deren Basis es Lösungen für die Zukunft zu finden gelte. „Da helfen auch keine Beschwörungsformeln und Durchhalteparolen wie die von MdL Karl Straub“, kritisiert er mit Blick auf die Erklärung der CSU-Kreistagsfraktionsspitze, die kürzlich versichert hat, dass alle Mittelschulen im Landkreis gesichert seien. Käser hält solche Zusagen für „sehr gewagt“.

Selbst Kultusminister Ludwig Spaenle (CSU) habe im Juni vergangenen Jahres eingeräumt, dass mittelfristig Schulschließungen unumgänglich seien, erinnert Käser und betont: „Bildungspolitik muss vorausschauende und pragmatische Politik sein. Ideologische Systemdiskussionen oder gar persönliches Bauchgefühl sind die falschen Berater.“ Es gehe um pragmatische Lösungen für Kinder, Eltern und Kommunen.

„Problemverschärfend“ kommt nach Einschätzung der Kreis-SPD hinzu, dass die Umsetzung der Pläne von CSU und FW für eine Wirtschaftsschule und ein weiteres Gymnasium „den Schüler-Absog von den Mittelschulen noch weiter erhöhen“.  

In diesem Zusammenhang glaubt Käser indes einen Sinneswandel bei Landrat Martin Wolf (CSU) festgestellt zu haben. Noch Mitte Februar habe Wolf im Kreistag gesagt: "Kein gemeinsames Gymnasium mit Ingolstadt am Standort Manching." Auch bei einem Regionaltreffen in Neustadt am 3. April habe der Landrat betont, die Idee eines Gymnasiums in Neustadt müsse weiterentwickelt werden.

Der SPD-Kreischef wundert sich nun, was hinter den jüngsten Aussagen des Landrats pro Manching steckt – und fragt mit Blick auf die Anfang Mai für die Arbeit im Kreistag besiegelte Kooperationsvereinbarung von CSU und FW: „Waren diese so genannten Prüfprojekte aus der Kooperationsvereinbarung zwischen FW und CSU für Wirtschaftsschule und Gymnasium für Wolf nur Lockstoff zum Freien-Wähler-Fang?“

„Für vorrausschauende Planung braucht es Zahlen, Fakten und eindeutige Zielsetzungen“, so Käser. Der Landkreis solle deshalb, so die Forderung der SPD, eine Bildungslandkarte und eine konkrete Bildungsplanung erstellen. Dabei müsse Standortsicherung der Schulen vor Ort oberste Priorität haben.

Das bestehende „hochselektive dreigliedrige Schulsystem in Bayern“ möge, so Käser, verteidigen, wer wolle. „Wir machen mit dem Konzept der Gemeinschaftsschule ein Angebot, darüber nachzudenken, wie unsere Kinder mehr Zeit zum Lernen bekommen und mittelfristig die Schulstandorte in kleineren Ortschaften wesentlich aufgewertet werden können.“ Der Vorschlag der SPD: „Statt einem Mittelschulverbund sollten Kommunen auf Wunsch Gemeinschaftsschulen einrichten dürfen, in denen Kinder bis zur zehnten Klasse gemeinsam unterrichtet werden.“

CSU-Kreistagsfraktionschef Heinrich und Vize Straub hatten dem aktuellen Schulsystem im Freistaat bescheinigt, es habe sich „hervorragend bewährt“. Bayerns Schüler „belegen regelmäßig Spitzenplätze bei nationalen und internationalen Vergleichsstudien“. Der Freistaat biete ein durchlässiges Schulwesen mit einem vielfältigen Angebot, aus dem junge Menschen nach ihrer individuellen Entwicklung und ihren Interessen immer wieder neu planen und gestalten könnten. „Die unterschiedlichen Begabungen können im differenzierten Schulsystem am besten gefördert werden.“ Es könne daher auf keinen Fall sinnvoll sein, sich an Schulsystemen anderer Bundesländer, die im Vergleich weit hinter Bayern liegen, zu orientieren.

Für die Kreis-SPD wäre die Gemeinschaftsschule indes die Antwort auf gleich zwei Entwicklungen: „Zum einen auf die zurückgehenden Schülerzahlen und die Tatsache, dass manchmal auch die letzte weiterführende Schule vor Ort gefährdet ist. Zum anderen hat sich das Verhalten der Eltern bei der Wahl der weiterführenden Schule verändert: Sie wollen eine Schule für ihre Kinder, die die Option auch auf das Abitur länger offen hält, ihre Kinder so länger Kinder sein können und der Druck der Entscheidung für die spätere Berufslaufbahn nicht bereits in der vierten Klasse getroffen werden muss.“ Die Gemeinschaftsschule biete individuelles Lernen und ermögliche, dass die Kinder länger in ihrer Heimatgemeinde zur Schule gehen könnten – womit unnötige Schulbusfahrten vermieden würden – und bewahre die Schulen langfristig als wichtige Standortfaktoren für die Ortschaften, so Käser.

Skeptikern ruft der SPD-Kreischef zu, „dass es dabei nicht um die komplette Veränderung der Schullandschaft oder Abschlüsse in Bayern geht, sondern um eine pädagogische und organisatorische Ergänzung, dort wo es eben Sinn macht. Das sehen andernorts auch CSU-Bürgermeister ein.“ So will – nach Informationen von Käser – Siegfried Heß (CSU) für eine Schule in Leutershausen, welche ebenfalls aktuell mit 90 Schülern bereits im einzügigen Bereich angekommen ist, die Einrichtung einer Gemeinschaftsschule beantragen.

„Wir im Kreis Pfaffenhofen haben jetzt noch Zeit, darüber nachzudenken und zu handeln“, betont Käser. Die Kreis-SPD setze dabei mit Blick auf die Zusammenarbeit von Sozialdemokraten und Christsozialen in der vergangenen Kreistags-Periode auch auf Landrat Wolf (CSU). „Gemeinsam haben wir im Landkreis bereits vieles angeschoben und verbessert. Es freut mich, dass Martin Wolf auch immer wieder unsere Lösungsvorschläge wie beispielsweise das Bündnis für Familie, die Außenstelle im nördlichen Landkreis oder jetzt die Ansiedlung einer Altenpflegeschule aufgreift und zur Umsetzung bringt“, lobt Käser.

„Da machen MdL Straub und CSU-Fraktionschef Heinrich eine wesentlich schlechtere Figur“, findet er.
“Ihnen fällt außer den verstaubten CSU-Mantras nichts konstruktiv Neues ein. Sie schließen die Augen und Ohren vor Realitäten und behaupten, dass hier nur ein Krisenszenario heraufbeschworen würde. Man will also ideologisch motivierte Kämpfe führen und innovative Schulentwicklungsprozesse verhindern.“

In diesem Zusammenhang will Käser daran erinnern, „dass es auch CSU-Politiker in der Vergangenheit waren, die Kinderkrippen und Kindergärten als sozialistisches Teufelszeug abkanzelten. Und heute loben die selben die bayerische Kita-Ausbaudynamik in den weiß-blauen Himmel.“
Der SPD-Kreischef ist sich sicher, dass die Diskussion zum Thema Schulsystem einen ähnlichen Verlauf nehmen wird.

Und Käser will auch noch daran erinnert wissen, dass Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) im vergangenen Jahr den renommiertesten Schulpreis für die beste deutsche Schule an eine Gemeinschaftsschule überreicht habe. Für den SPD-Kreisvorsitzenden ist Fall klar: „Die Bewegung hin zur Gemeinschaftsschule ist bundesweit nicht mehr aufzuhalten. Wir werden deshalb nicht locker lassen und ich  freue mich schon auf den Tag, an dem auch bei uns im Landkreis die erste Gemeinschaftsschule eröffnet wird.“

Am 24. Juni lädt der SPD-Kreisverband ab 19.30 Uhr in den Pfaffenhofener Hofbergsaal zu einer Veranstaltung mit MdL Martin Güll (SPD), dem Vorsitzenden des Bildungsausschusses, im bayerischen Landtag, ein. Es geht um das Mittelschulsterben und G8/G9.

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