Der im August gefundene Greifvogel starb laut toxikologischer Untersuchung durch "Carbofuran". Das ist ein in der EU seit 2007 verbotenes Kontakt-Gift.
(ty) Weiterhin sterben im Freistaat immer wieder streng geschützte Vogelarten an den Folgen von Vergiftungen. Das bestätigten jüngst die Ergebnisse der toxikologischen Untersuchung von drei Tieren, wie der bayerische Landesbund für Vogelschutz (LBV) und die Gregor-Louisoder-Umwelt-Stiftung heute in einer gemeinsamen Presse-Mitteilung bekannt gegeben haben. Demnach wurden bei einem im Kreis Pfaffenhofen an der Ilm gefundenen Mäusebussard und bei einem im Kreis Neustadt/Aisch-Bad Windsheim entdeckten Rotmilan jeweils das bereits seit 2007 in der EU verbotene Insektizid "Carbofuran" nachgewiesen. In einem weiteren Fall sei festgestellt worden, dass ein Storch an "Ibuprofen" verendet sei.
Zu den beiden "Carbofuran"-Nachweisen erklärt Andreas von Lindeiner, Landes-Fachbeauftragter für Naturschutz beim LBV: "Wir gehen in solchen Fällen davon aus, dass die Täter vorsätzlich handeln, und weisen einmal mehr darauf hin: Das illegale Töten geschützter Tierarten ist kein Kavaliers-Delikt, sondern eine ernstzunehmende Straftat, die nicht folgenlos bleiben darf." Er unterstreicht: "Wir bringen jeden dieser Fälle zur Anzeige."
In dem dritten Fall konnte nach LBV-Angaben bei einem Weißstorch aus dem Landkreis Neustadt/Aisch-Bad Windsheim nachgewiesen werden, dass er an dem Wirkstoff "Ibuprofen" starb. "Wahrscheinlich hatte er das Medikament auf einer Mülldeponie gefressen", heißt es dazu.
Im August war laut LBV und die Gregor-Louisoder-Umwelt-Stiftung in der Nähe von Baar-Ebenhausen im Landkreis Pfaffenhofen an der Ilm ein toter Greifvogel entdeckt worden – ein Mäusebussard. Bei diesem Tier habe "eine Vergiftung mit Carbofuran zweifelsfrei nachgewiesen" werden können. In der Nähe des Bussards habe man zudem drei tote Haustauben gefunden, "die offenbar als Köder ausgelegt worden waren".
Die Aufklärung solcher illegaler Wildtier-Tötungen gestaltet sich den Angaben zufolge als schwierig, deshalb hoffen der LBV und die Gregor-Louisoder-Umwelt-Stiftung auf Hinweise aus der Bevölkerung. "Wer draußen unterwegs ist und einen toten Wildvogel oder Köder findet, sollte unbedingt die zuständige Polizeiinspektion informieren und uns über www.tatort-natur.de Hinweise geben", sagt Franziska Baur. Sie ist Fachreferentin für Naturschutz bei der Gregor-Louisoder-Umwelt-Stiftung. "Tatort Natur" ist ein gemeinsames Projekt der Stiftung und des LBV.
Rotmilan mit Sender aus dem "Eurokite"-Projekt. (Foto: Margareta Loscher)
Bereits im Mai sei ein Rotmilan in der Nähe von Lipprichhausen im Kreis Neustadt/Aisch-Bad Windsheim tot aufgefunden worden. Dieser Vogel habe zum EU-Life-Projekt "Eurokite" gehört, das dem Schutz des Rotmilans diene. Im Rahmen dieses Projekts seien Rotmilane mit GPS-Sendern ausgestattet worden, um durch ein lückenloses Monitoring Aufschluss über die häufigsten Todes-Ursachen dieser geschützten Art zu gewinnen. "Als der Sender des Vogels über längere Zeit keine Bewegung mehr meldete, wurde eine Projekt-Mitarbeiterin zur Fundstelle geschickt", heißt es weiter. "Vor Ort entdeckte sie den Rotmilan tot, mit Fleischresten im Schnabel."
Die anschließenden Untersuchungen ergaben: "Der Rotmilan war mit Carbofuran vergiftet worden, einem hochtoxischen, in der EU seit Jahren verbotenen Kontakt-Gift, das sowohl für Vögel als auch für Menschen gefährlich ist." Andreas von Lindeiner kommentiert: "Besonders alarmierend ist, dass der Landkreis Neustadt/Aisch-Bad Windsheim seit mehreren Jahren als Brennpunkt für derartige Straftaten bekannt ist. So wurde erst im Sommer 2023 ein Uhu in der Nähe von Schauerheim vergiftet aufgefunden."
In einigen Fällen, wie etwa einem weiteren aktuellen Fall im Kreis Neustadt/Aisch-Bad Windsheim, gehen der LBV und die Gregor-Louisoder-Umwelt-Stiftung nach eigenem Bekunden nicht von vorsätzlichem Handeln aus. So sei bei einem dort tot aufgefundenen Weißstorch nachgewiesen worden, dass er an dem Wirkstoff Ibuprofen gestorben sei, der wohl ein Nierenversagen verursacht habe.
"Vermutlich hatte das Tier Medikamenten-Reste auf eine Mülldeponie in der Nähe gefressen", so die Fachleute. "Viele Menschen entsorgen ihre Medikamente vorschriftsgemäß im Hausmüll und folgen damit den Empfehlungen ihrer Kommunen", sagt Andreas von Lindeiner vom LBV. "Umso tragischer ist es, wenn durch dieses vermeintlich korrekte Verhalten Wildtiere sterben."
Rotmilan. (Foto: Gunther Zieger, LBV-Bildarchiv)
"Ein Großteil der Fälle von Naturschutz-Kriminalität bleibt ungeklärt und für die Täter folgenlos, was sich dringend ändern muss", unterstreichen LBV und Gregor-Louisoder-Umwelt-Stiftung. Sie starteten deshalb im Jahr 2019 das gemeinsame Projekt "Naturschutz-Kriminalität dokumentieren und stoppen!".
In einer bayernweiten Datenbank sollen alle (Verdachts-)Fälle von Naturschutz-Kriminalität gespeichert werden. Als erste Anlaufstelle für betroffene Behörden und die Öffentlichkeit soll die Datenbank fachliche Unterstützung bieten sowie als Melde- und Informations-Plattform dienen. Mit ihrer Hilfe soll außerdem die langfristige Weiterverfolgung einzelner Fälle sichergestellt werden.
Mit dem Projekt sollen, so heißt es weiter, auch die Öffentlichkeitsarbeit verstärkt und Fortbildungs-Angebote bereitgestellt werden. Projekt-Leiter und Ansprechpartner sind die Biologen Franziska Baur (Gregor-Louisoder-Umwelt-Stiftung) und Andreas von Lindeiner (LBV). Die LBV-Dokumentation von Fällen illegaler Verfolgung von Vögeln werde seit 2021 durch das bayerische Landesamt für Umwelt mit Mitteln des Umwelt-Ministeriums finanziert.
Weitere Informationen zum Thema "Naturschutz-Kriminalität" sowie eine Checkliste zum richtigen Verhalten bei einem Totfund mit Verdacht auf illegale Tötung können auf der Internet-Seite www.tatort-natur.de heruntergeladen werden. Dort können auch Fälle oder Verdachtsfälle von Naturschutz-Kriminalität gemeldet werden.