Logo
Anzeige
Anzeige

Die Fraktion der Pfaffenhofener Christsozialen hat ihre Meinung geändert und will nun doch in den Video-Aufzeichnungen der Stadtratssitzungen zu sehen und zu hören sein – inklusive Archivierung 

Von Tobias Zell

Die CSU-Fraktion im Pfaffenhofener Stadtrat geht wieder online. Wer künftig auf der Internetseite der Stadt die Aufzeichnung einer Sitzung anschaut, wird also auch die Beiträge der Christsozialen sehen und hören können. Zuletzt war das nicht der Fall, weil die CSU-Räte bekanntlich geschlossen der rund fünfmonatigen Archivierung der Sitzungs-Videos widersprochen hatten. Die verlängerte Archivierung kam zwar trotzdem, weil der komplette restliche Stadtrat dafür stimmte. Doch weil in solchen Fällen die Persönlichkeitsrechte jedes einzelnen Gremiumsmitglieds zu wahren sind, mussten seither die Beiträge der CSU-Räte aus den Video-Aufzeichnungen herausgeschnitten werden. Nun aber lenkt die CSU offensichtlich ein und macht doch mit, wie Fraktionschef Martin Rohrmann soeben – einen Tag vor der nächsten Stadtratssitzung – auf Anfrage gegenüber unserer Zeitung erkläte. 

„Die CSU-Fraktion hat nach reiflicher Überlegung und nach Abwägung des Pro und Contra, wie angekündigt, nunmehr die Entscheidung getroffen, eine Archivierung gemäß dem Vorschlag in der Stadtratssitzung vom 5. Juni gemeinschaftlich zuzustimmen“, erklärt Rohrmann. In der besagten Sitzung im Juni war beschlossen worden, dass jeweils die jüngsten vier öffentlichen Sitzungen im Internet abrufbar bereitgestellt werden und anschließend dauerhaft im Stadtarchiv archiviert werden. Gegenstimmen damals: zehn, nämlich die gesamte CSU-Fraktion.

Die Nachfrage von Bürgermeister Thomas Herker (SPD), ob nun die Beiträge der gesamten CSU-Stadtratsfraktion aus den Aufzeichnungen herausgeschnitten werden sollen, bejahte Fraktionssprecher Rohrmann damals. Und so wurde das seither auch gehandhabt. Immer dann, wenn im Video eigentlich ein Redebeitrag eines CSU-Stadtrats zu sehen und zu hören gewesen wäre, wurde der Bildschirm schwarz und es war nichts zu hören. Eingeblendet wurde nur der schriftliche Hinweis: „Das Stadtratsmitglied hat der Aufzeichnung (Archivierung) widersprochen.“ So wusste zwar jeder, was los ist – das Anschauen der Sitzungs-Videos war damit allerdings oft wenig aufschlussreich, weil einem ja die Meinungen, Sichtweisen und Argumente der CSU verborgen blieben.

Der CSU blieb aber der Weg zurück. „Falls die CSU-Fraktion oder einzelne Mitglieder diese Haltung zu einem späteren Zeitpunkt ändern möchten, können sie dies der Stadtverwaltung jederzeit schriftlich mitteilen“, wurde damals schon im Protokoll vermerkt. Und genau das tun die Christsozialen nun. Nachdem es inzwischen eine „ausgiebige innerfraktionelle Abstimmung“ in der CSU gegeben habe, wie Rohrmann uns berichtet, könne der Archivierung nun in der bereits beschlossenen Weise gefolgt werden. 

Vor dem Beschluss der verlängerten Archivierung waren die Sitzungen des Pfaffenhofener Stadtrats – wie auch weiterhin – live im Internet zu verfolgen, zum anderen wurden die Aufzeichnungen dann für eine Woche im Internet bereitgestellt. Dann aber brachte die „bunte Koalition“ im Mai den Vorschlag auf den Tisch, die Archivierungsdauer auf ein Jahr zu erhöhen – und überfuhr damit offenbar die CSU. Der ging das alles zu schnell und sie wollte erst einmal Details sowie unter anderem technische wie persönlichkeitsrechtliche Frage beraten und geklärt wissen. Nach einer eingehenden Diskussion wurde in dieser Sitzung schließlich fraktionsübergreifend beschlossen, das Thema zu vertagen.

So stand das Thema dann im Juni erneut auf der Tagesordnung. Und Rohrmann musste erklären, dass es immer noch nicht gelungen sei, eine Einigung innerhalb seiner CSU-Fraktion herbeizuführen. „In logischer Konsequenz“, so Rohrmann, habe er deshalb erklärt, dass die CSU-Fraktion aus den Aufzeichnungen insgesamt herausgeschnitten werden müsse, „um auf einzelne Mitglieder keinen unnötigen Druck auszuüben“. Und so wird das seither gehandhabt.

Nun aber, weitere zwei Monate später, ist man sich in der CSU-Fraktion offenbar intern doch noch einig geworden – und die Skeptiker haben sich anscheinend überzeugen lassen oder fügen sich zumindest der mehrheitlichen Meinung in der Fraktion, die nach Informationen unserer Zeitung schon von Anfang an für die Verlängerung der Archivierungszeit gewesen wäre. Rohrmann erklärte jedenfalls soeben gegenüber unserer Redaktion: „Nachdem nunmehr eine ausgiebige innerfraktionelle Abstimmung der einzelnen Mitglieder erfolgte und zuvor andere wichtige sachpolitische Themen besprochen waren, kann nunmehr der Archivierung, wie vorgeschlagen, gefolgt werden.“ 

Weitere Artikel zum Thema:

CSU nicht im Bild 

Bärendienst 2.0

Dubioses Geschäftsmodell oder pfiffige Ironie?

Die Angst der CSU vor der Unendlichkeit


Anzeige
RSS feed