Der Stadtrat hat in seiner heutigen Sitzung den Weg bereitet für den 26 Millionen Euro teuren Neubau der Grund- und Mittelschule – das wird die finanzielle Situation über Jahre prägen und den Schuldenstand auf 30 Millionen Euro schnellen lassen
Von Tobias Zell
Der Stadtrat von Pfaffenhofen hat in seiner Sitzung heute Abend den Weg für das größte Investitionsprojekt in der Geschichte der Stadt geebnet. In einer Grundsatzentscheidung sprach sich das Gremium für den Neubau der Grund- und der Mittelschule aus. Kostenvolumen: 26,1 Millionen Euro, davon bekommt die Stadt rund sechs Millionen an Zuschuss. Dem am Ende einstimmigen Votum ging eine intensive Diskussion voraus – doch unterm Strich gab es im Grunde keine vernünftige Alternative. Dieses Mega-Projekt wird auf Jahre hinaus gravierende Auswirkungen auf den städtischen Haushalt und die Verschuldung haben. Und im Hinblick auf künftige Investitionen wird man in der Kreisstadt den Gürtel mittelfristig deutlich enger schnallen müssen.
Im Raum standen zwei Möglichkeiten, zu denen vom Architekturbüro Köhler die jeweiligen Vorentwürfe vorgestellt wurden. Variante 1: Neubau der Grundschule und Sanierung der Mittelschule. Variante 2: Neubau beider Schulen. Der Doppel-Neubau würde 26,1 Millionen Euro kosten. Die Variante 1 (Neubau Grundschule/Sanierung Mittelschule) käme mit 24,5 Millionen Euro zwar auf den ersten Blick günstiger – doch dafür gibt es dafür keinen Zuschuss. Weil aber die Finanzspritze der Regierung von Oberbayern für den Doppel-Neubau fast sechs Millionen beträgt, kostet diese Variante die Stadt „nur“ 20,1 Millionen Euro und kommt damit sogar um rund 4,4 Millionen Euro günstiger.
Kostenschätzungen für die beiden Varianten im Vergleich.
Dennoch gibt man freilich gut 20 Millionen Euro nicht einfach mal im Vorbeigehen aus. Und auch Bürgermeister Thomas Herker (SPD) wies gleich zu Beginn der Debatte auf diese historische Dimension ist. Dagegen seien die Investitionen für die Gartenschau „ein Kindergarten“, betonte er, und sprach sich klipp und klar für den Doppel-Neubau aus. Im Vergleich zu den aufgestellten städtischen Finanzplanungen, die laut Herker aktuell zum Jahresende eine Verschuldung von rund fünf Millionen Euro und bis 2017 einen Anstieg auf rund 20 Millionen Euro vorsahen, wird sich der Finanzierungsbedarf durch das Mammut-Projekt um weitere fast zehn Millionen Euro erhöhen – der Schuldenstand der Stadt wird dadurch bis 2017 auf um die 30 Millionen Euro in die Höhe schnellen.
„Es muss uns bewusst sein, dass wir uns damit binden“, so Herker. Man werde dann nicht mehr in dem Tempo bei den Investitionen weitermachen können – und die Folgen werden auch noch über diese gerade erst begonnene Stadtratsperiode hinaus zu spüren sein. Anhand einer Grafik wurde die Tragweite klar: Durch diesen Doppel-Schulbau werden nach heutigem Stand als freie Mittel für künftige Investitionen im nächsten Jahr nur mehr etwa 3,5 Millionen Euro sowie in den beiden Folgenjahren gerade einmal noch drei beziehungsweise zwei Millionen Euro zur Verfügung stehen.
Angelika Furtmayr (Grüne), die Schulreferentin des Stadtrats, ergriff nach der Vorstellung der Entwurfsplanungen als erste das Wort. Sie hielt das vorgestellte Raumprogramm von 5300 Quadratmetern Hauptnutzfläche für den Doppel-Neubau für „nicht überzeugen“, listete noch einmal die aktuellen Mängel detailliert auf und warb am Ende unmissverständlich für die Neuerrichtung beider Schulen.
SPD-Fraktionschef Markus Käser schloss sich an. „Wir stehen ohne Wenn und Aber zu dem Neubau-Konzept“, sagte er. Ein Hinausschieben mache die Situation nicht besser. „Wir müssen uns fit für die Zukunft machen.“ Wer an der Bildung spare, der spare an der falschen Stelle, so Käser. Zudem wäre es einer Meinung nach mit Blick auf die Kostenschätzungen „fast fahrlässig, die Kleinsanierung zu machen“.
Reinhard Haiplik (ÖDP) zeigte sich nachdenklich angesichts der Tatsache, dass die Mittelschule nach ihrer Fertigstellung im Jahr 1974 nun in einem Zustand sei, der nicht mehr haltbar sei. Viel zu lange sei aber nur in Gymnasium und Realschule investiert worden. Die ÖDP stehe „voll und ganz hinter der Neubau-Variante“, sagte Haiplik. Die Kosten, die im Raum stehen, und die Folgen für die Finanzlage der Stadt, die sich daraus ergeben, bezeichnete er aber als „dramatisch“ .
Variante 2 wird höchstwahrscheinlich umgesetzt: Neubau von Grund- und Mittelschule.
Peter Heinzlmeier (Freie Wähler) haben die vorgestellten Planungen „sehr imponiert“. Er verwies nicht nur auf den schlechten Zustand der bestehenden Gebäude, sondern auch auf neue Anforderungsprofile von Schulen und Schulbauten. Den Doppel-Neubau sieht er als „sinnvollste Variante“ an – auch, wenn der Umfang der Investition nun Haushalts-Disziplin erfordere.
CSU-Fraktionschef Martin Rohrmann fand es „verblüffend“, wie leicht man sich in der bunten Koalition tue, hier zuzustimmen, und mahnte: „Da sollten wir uns mehr Gedanken machen.“ Er fühle sich erschlagen von der Zahl der 26-Millionen-Investition. Für die Pro-Kopf-Verschuldung Pfaffenhofens bedeute das eine Versechsfachung. Man sei sich der Verpflichtung der Stadt hier sehr bewusst, sagte er. „Es muss etwas getan werden.“ Doch über Ausgaben in dieser Größenordnung wollte Rohrmann nicht so einfach hinweggehen. Er wollte deshalb wissen, ob die Kostenschätzungen – und zwar auch für die Sanierungs-Variante – genau geprüft worden seien.
Bürgermeister Herker entgegnete, die Zahlen seien von der Regierung von Oberbayern unter die Lupe genommen worden, und aus deren Sicht komme nur der Doppel-Neubau in Frage für einen Zuschuss.
Peter Feßl (SPD) sagte, er sehe „keine vernünftige Begründung“ für die Sanierungs-Variante. Zudem befriedige eine Sanierung ja den Raumbedarf nicht. Außerdem regte er an, dass das Musiklager, der Veranstaltungsraum und der Raum für die Stadtkapelle vielleicht auch von der städtischen Musikschule genutzt werden könnten.
Barbara Breher (CSU) befürchtet sinngemäß, dass durch die Folgen dieser großen Investition vielleicht kein Geld da sei, wenn sich auch an der Joseph-Maria-Lutz-Grundschule plötzlich ein Sanierungsbedarf ergebe. Außerdem sei man im Hinblick auf die nun im Raum stehenden Kosten „von anderen Voraussetzungen ausgegangen“. In diese Richtung hatte sich ja auch schon ihr Parteifreund Rohrmann geäußert.
Bürgermeister Thomas Herker (hellblaues Hemd) wies auf die Auswirkungen der Mega-Investition hin.
Von Seiten der Stadtverwaltung wurde Breher erklärt, dass die vorliegende Kostenschätzung auf Basis von Rücksprachen mit der Regierung – die ja auch den Zuschuss gibt – sowie einem fachlichen Informationsdienst und anhand bereits realisierter Projekte abgecheckt worden sei. Die Summe von zehn Millionen Euro, die im November einmal im Raum stand und auf die Rohrmann wie Breher Bezug genommen hatten, hätten sich auf eine „Minimalst-Sanierung“ bezogen. Doch es habe sich herausgestellt, dass dieser Weg wirtschaftlich nicht darstellbar und den Schülern nicht zumutbar sei.
Franz Niedermayr (FDP) sprach von einer besonders wichtigen Maßnahme, warb für den Doppel-Neubau und mahnte zur Entschlossenheit. Wenn man abwarte, werde es nur noch teurer.
„Es schlagen zwei Herzen in meiner Brust“, sagte der Dritte Bürgermeister Roland Dörfler (Grüne) – der positionierte sich zwar klar für den Neubau der beiden Schulen, doch als Finanzreferent des Stadtrats und als Vorsitzender des Rechnungsprüfungs-Ausschusses hat er freilich die Finanzen ganz besonders im Fokus. Dennoch war für Dörfler hier klar, welches seiner beiden Herzen lauter schlägt: „Nichts ist so wichtig wie die Bildung“, betonte er. Man könne einem Menschen alles nehmen, aber nicht die Bildung. Auch er warb dafür, keine Zeit mehr zu verlieren. „Wir können es uns auch leisten“, sagte er, hob aber zugleich den Zeigefinger: „Wir müssen schauen, dass wir im Kostenrahmen bleiben.“ Der Rechnungsprüfungs-Ausschuss werde das Projekt ständig und kritisch begleiten.
Altbürgermeister Hans Prechter (CSU) äußerte sich unmissverständlich: „Ich bin ohne Angst und ohne Zweifel dafür, neu zu bauen.“ Er glaube auch den Zahlen der vorgelegten Kostenschätzung, wenn auch die Regierung von Oberbayern das bereits geprüft habe. Denn „da regieren spitze Bleistifte“. Sein Appell an die Ratskollegen lautete: „Wir sollten diesen mutigen Schritt gehen – im Interesse unserer Kinder.“
Am Ende beschloss der Stadtrat ohne Gegenstimme die Variante des Doppel-Neubaus bis zur Entwurfsreife nebst Kostenberechnung detailliert ausarbeiten zu lassen. Und Herker betonte noch einmal im Sinne aller: „Über diesen Kostenrahmen dürfen wir nicht kommen.“ Parallel dazu wird die Stadtverwaltung noch heuer die schulaufsichtliche Genehmigung beantragen und den Förderantrag bei der Regierung von Oberbayern stellen.
Details zu den Planungen lesen sie im Vorbericht: Zwei neue Schulen für 26 Millionen Euro?