Die Getreideernte in der Region ist in weiten Teilen abgeschlossen: Die Menge passt, die Qualität zumeist auch – aber die Erlöse sind auf dem niedrigsten Stand seit Jahren
Von Tobias Zell
Die Getreideernte ist in weiten Teilen Bayerns – wie auch in unserer Region – weitgehend abgeschlossen, in einigen Gegenden hoffen die Landwirte noch auf trockenes Wetter, um die Erntearbeiten wieder aufzunehmen zu können. So wird von den bayerischen Höhenlagen wie auch aus Schwaben berichtet, dass dort noch auf einem nennenswerten Flächenumfang Getreide auf dem Halm steht. Und auch im Raum Ingolstadt stand bis gestern noch einiger Weizen auf den Feldern, während im Raum Eichstätt und Pfaffenhofen die Ernte so gut wie vollständig eingefahren ist.
„Vor allem die Niederschläge der vergangenen Wochen machten die Ernte regional zur Nervensache und sorgten für Ernteverzögerungen und jetzt auch allmählich für Qualitätseinbußen“, sagt Hermann Greif, Präsident des Bayerischen Bauernverbands für Oberfranken und im Bayerischen Bauernverband (BBV) Vorsitzender des Landesfachausschusses für Pflanzenbau.
Insgesamt jedoch wurden heuer im Freistaat in allen Getreidearten überdurchschnittliche Mengen eingefahren: Erstmals seit der Ernte des Jahres 2009 haben die bayerischen Getreidebauern wieder mehr als sieben Millionen Tonnen geerntet, wie de BBV mitteilt. „Mit voraussichtlich über 7,5 Millionen Tonnen Getreide und über 500 000 Tonnen Raps haben die bayerischen Ackerbauern ein Spitzenergebnis erzielen können.“
Dennoch zeigen sich nach Angaben des BBV bei den Hektar-Erträgen extreme Schwankungen, je nach Bodenart und Auswirkung der Trockenheit im Juni. Bei Wintergerste reiche die Spanne von 40 bis über 110 Dezitonne pro Hektar, bei Raps von 22 bis über 60. Auch bei Winterweizen und Sommergerste zeigten die Erträge ähnlich große Spannen. Dort, wo die Böden schwer sind und Wasser speichern können, berichten Landwirte von Spitzenerträgen. Anders auf sandigen Standorten: Hier verursachte die Trockenheit im Juni starke Ertragseinbußen.
Im Kreis Eichstätt sind die Ernte-Arbeiten einigermaßen gut verlaufen, heißt es aus der BBV-Geschäftsstelle für die Region 10 in Ingolstadt auf Anfrage unserer Zeitung. Im Raum Ingolstadt ziehen sich die Arbeiten, wie gesagt, noch hin. Die Erträge seien in der Region „zufriedenstellend“, wird berichtet, und auch die Qualität passe in vielen Fällen. Die Preise seien indes oftmals „unbefriedigend“ – die Frage sei, ob die Landwirte das über die höheren Mengen wieder wettmachen können.
Der Bayerische Bauernverband bezeichnet die Erzeugerpreise für Getreide sogar als „ernüchternd“. Sie befänden sind derzeit auf dem niedrigsten Stand seit 2010. „Die Landwirte können damit die gestiegenen Kosten für Betriebsmittel, Maschinen und Pachten nicht decken“, sagt Getreidepräsident Greif. „Sie hoffen jedoch auf eine positive Preisentwicklung: Nach einer Delle in der Ernte haben die Getreidepreise im Winter oder Frühjahr oftmals wieder deutlich angezogen.“ Dennoch rät der BBV, nicht alles auf eine Karte zu setzen und trotz eines niedrigen Preisniveaus weiter regelmäßig Teilmengen zu vermarkten.
Für Max Weichenrieder aus Wolnzach, den hiesigen BBV-Kreisobmann, ist die Preisentwicklung „nicht nachvollziehbar“. Er könne sich nur durch „Marktpsychologie“ oder Spekulationen erklären, dass die Preise an den Börsen zuletzt fast wöchentlich nach unten gegangen seien. Das Problem: Viele Landwirte hätten aber gar nicht die Kapazitäten, um die Ernte einzulagern und auf bessere Preise zu warten – sie müssen also schlichtweg weite Teile der Ernte zu den aktuell niedrigen Preise veräußern.
In diesem Zusammenhang spielen auch geschlossene Verkaufskontrakte und die Waren-Terminbörsen eine Rolle, sagt Weichenrieder. Wenn die Ernte qualitativ nicht so gut ausfalle, könne das Landwirte vor Probleme stellen. Denn in den Kontrakten seien ja nicht nur die abzuliefernden Mengen festgeschrieben, sondern auch die Qualität des Getreides. „Und die Erfüllung eines Kontrakts wird erwartet.“
Einlagern und hoffen?
Wolfgang Friedmann aus Gerolsbach-Eggern, der Vorsitzende der Erzeugergemeinschaft für Pfaffenhofen und Umgebung, bestätigt all das. Die Erträge seien über alle Getreidesorten hinweg heuer in der Region „überdurchschnittlich“, beim Raps eher normal. Bei der Qualität seien die hiesigen Landwirte „noch mit einem blauen Auge davongekommen“, sagt er. Allerdings werde der Protein-Gehalt beim Weizen wohl diesmal deutlich unter den langjährigen Mittelwerten liegen. Und das bedeutet eben, dass ein nicht unbedeutender Teil in den Futterbereich wandern wird.
Was die Preise angeht, muss Friedmann das „niedrige Niveau“ bestätigen – und durch die leicht abfallende Qualität werde das freilich noch verschärft. Natürlich könne man abwarten und einlagern, um auf bessere Preise zu hoffen. Aber erstens bedeutet das für die Landwirte Aufwand und damit verbunden auch Kosten. Und zweitens: „Wer garantiert mir, wenn ich einlagere, dass ich dann einen besseren Preis bekomme?“ Außerdem komme hier die globale Situation ins Spiel. „Wir hatten zuletzt drei gute bis sehr gute Ernten“, erinnert Friedmann. Weltweit sei beim Getreide die Vorratssituation komfortabel. Und die OECD sage für die nächsten Jahre noch eher weiter sinkende Preise voraus.
Sinkende Erlöse – bei nicht in dem Maße mitsinkenden Kosten. In diesem Dilemma stecken sich die Landwirte. „Die Kosten, die an Löhne gebunden sind, steigen sogar teils enorm“, sagt Friedmann. Diese Gesamtentwicklung könnte seiner Meinung nach den Strukturwandel in der Landwirtschaft noch weiter anheizen. Und der eine oder andere Bauer wird sich vielleicht mit Nischenprodukten anfreunden müssen – wie Dinkel, Emmer oder Hafer. Allerdings weiß hier noch niemand so genau, wie sich die Nachfrage der Kunden nach solchen Produkten entwickelt.
Weiterer Artikel zum Thema:
"Keinerlei Fachwissen, aber in die Politik mischt man sich ein!"