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Frei erfundene Nachrichten – Folge 3 

Von Tobias Zell

Nach dem sensationellen Quotenerfolg des gerade gestarteten Formats „Promi-Big-Brother. Das Experiment“ plant Sat.1 nach Informationen unserer Zeitung auch ähnliche regionale Formate. Und wie aus gut unterrichteten Kreisen zu erfahren ist, läuft die Aufzeichnung für die Pfaffenhofener Variante bereits. Offiziell hat sich Landrat Martin Wolf (CSU) in den Urlaub verabschiedet, in Wirklichkeit sitzt er schon seit Tagen in Second-Hand-Klamotten im Keller des Big-Brother-Hauses. Aber nicht nur er, auch weitere B- bis F-Promis aus dem Landkreis wagten den Schritt. Unserer Redaktion liegen brisante Dokumente vor, aus denen der bisherige Verlauf der Geschehnisse hervorgeht.

Am Anfang herrschte noch gute Stimmung. Beim Einzug ins Studio wussten die acht Kandidaten aus dem Landkreis noch nicht, wer oben im Designer-Loft bei Champagner und Kaviar den Nacken gekrault bekommt und wer unten im Keller bei Wolnzacher Bürgerbräu-Bier und Knöcherlsulz in Badelatschen sein Dasein fristen muss. Doch dann wurden von „Big Brother“ die Entscheidungen verkündet. Neben Landrat Wolf und SPD-Kreischef Markus Käser hörten sich die Schlagersängerin und AUL-Kreisrätin Claudia Jung sowie Grünen-Kreisvorsitzende Kerstin Schnapp ins Souterrain abkommandiert.

Wolf machte gute Mine zum bösen Spiel und versuchte, so gut es ging, seine Enttäuschung zu verbergen. Er hatte freilich nie damit gerechnet, dass man ihn unter Tage schickt. Zudem war er davon ausgegangen, dass ihm das schon wegen des mit Sat.1 geschlossenen Vertrags gar nicht passieren könne – er hatte offenbar den Kontrakt anders gelesen. Doch mit „Big Brother“ gibt es nichts zu diskutieren – und so hieß es schwarzes Loch im Keller unten statt Schwarzbau am Giebel droben für den obersten Repräsentanten des Landkreises.

Claudia Jung nahm die Entscheidung, nach unten zu müssen, mit Humor – und nutzte die Chance gleich für ein Experiment. „Ich habe ja schon oft gehört, dass Martin Wolf politisch so schwarz sein soll, dass er selbst im Kohlenkeller noch Schatten wirft. Das will ich jetzt gleich mal mit eigenen Augen sehen“, sagte sie.

Kerstin Schnapp kam mit der Situation noch am besten zurecht. Sie baut derzeit am Riederweg in Pfaffenhofen ohnehin ihr Haus um und ist daher mit Dreck und Staub bestens vertraut. „Zumindest muss ich hier keine Schlitze hauen oder Wände streichen“, meinte sie und chillte erst mal eine Runde.

Markus Käser, als SPD-Kreischef und gelernter Erzieher der nach eigenem Bekunden einzig wahre Vertreter der Arbeiterklasse unter den Kandidaten, nahm es überraschend unaufgeregt. „Lieber mit einer Schlagersängerin und einem Landrat im Keller, als mit irgendwelchen Porno-Tussen im Dschungelcamp“, soll er gesagt haben. Die beengte und nicht gerade von Hygiene geprägte Keller-Atmosphäre kommentierte er kurz und knapp: „Lieber Staub als Straub.“

Während man sich also unten im Keller bei Kohlrabi und stillem Brackwasser notgedrungen halbwegs mit der Situation arrangierte, frönten die Nobel-Bewohner oben schon mal bei Carpaccio und Taittinger der Dekadenz. GfG-Stadtrat Manfred „Mensch“ Mayer zeigte sich beeindruckt ob der scheinbar grenzenlosen Auswahl an hochwertigsten Haarpflegeprodukten, die den Bewohnern kostenlos zur Verfügung gestellt werden, und rieb sich gleich mal eine Repair-Spülung mit Bio-Gurken-Aroma in seine Mähne.

Das erübrigt sich bei FDP-Mann Rainer Daschner – nach seinem Rückzug als Ortsvorsitzender bestenfalls noch als F-Promi gehandelt – bekanntlich aufgrund überschaubaren Haarwuchses. Doch er freute sich sichtlich über die Gesellschaft der drei Mit-Kandidaten: „Das sind mehr als bei unseren Parteiversammlungen.“

Pfaffenhofens Bürgermeister Thomas Herker – offiziell auch im Urlaub – wollte, nach drei Gläsern Barolo, gleich eine außerordentliche Sitzung eröffnen, wurde aber von Daschner umgehend zurechtgewiesen, dass man hier in einer Fernseh-Show und nicht in der Politik sei. Wo denn da der Unterschied sei, ätzte Mayer. Und Altbürgermeister Hans Prechter, der vierte im Bunde, bekam sofort wieder Bauchgrimmen. Weil bei Aufzeichnungen und Übertragungen hat man bekanntlich bei der CSU so seine grundsätzlichen Bedenken.

So entspann sich eine erste muntere Diskussion mit mittelgroßem Unterhaltungswert, die aber jäh unterbrochen wurde, als sich „Big Brother“ einschaltete und verkündete, es gäbe – einfach mal so und völlig ohne Grund – schon den ersten Umzug: Claudia Jung dürfe nach oben und Rainer Daschner müsse nach unten. Das sorgte gleich mal für handfeste Aufregung. Sozialdemokrat Herker warf die Frage nach Gerechtigkeit und Fremdbestimmung auf, Manfred „Mensch“ Mayer brach angesichts seines Nicht-Verhältnisses zu Daschner in Schallendes Gelächter aus, als der seinen Weg nach unten antreten musste. Und Prechter versuchte noch die Gemüter zu beruhigen, doch dann war auch schon Claudia Jung da und sang fröhlich ein Lied aus ihrem Jubiläums-Album, das ja gerade in der Produktion ist. So klang dann oben der Tag bei Musik und in gelöster Atmosphäre friedlich aus.

Unten dagegen wurde Daschner nach seinem Abstieg gleich mal von Kerstin Schnapp unsanft mit einem Wortspiel empfangen, das einen Zusammenhang zwischen den jüngsten FDP-Ergebnissen und der nun erfolgten Unterbringung im Keller konstruierte. Wolf versuchte umgehend moderierend einzugreifen, wurde aber von Käser sofort abgewürgt und als Schwarzbaumeister betitelt. Daraufhin stellte Wolf sich diesmal, zwecks Abwesenheit, nicht vor seine Verwaltung, sondern beleidigt ins Eck. Schnapp wollte deeskalieren und mahnte an, dass alle gemeinsam für eine gute Stimmung verantwortlich seien, nicht nur Wolf, und pflaumte Käser an, dass man schließlich nicht nur zum Kaffeetrinken und Abstimmen da sei. Gerade als auch Daschner sich einbringen wollte, sorgte „Big Brother“ für Ruhe.

Es sei bereits jetzt die Zeit gekommen für eine erste Challenge, verkündet „Bro“. Und dafür sei Markus Käser auserkoren. Der habe nun zehn Minuten Zeit, um ein sich reimendes Gedicht auf seinen liebsten Politik-Freund Karl Straub zu verfassen – in dem aber auch alle acht Kandidaten namentlich vorkommen müssen. Gelingt das, bekommt jeder oben eine Flasche Champagner und eine Tantra-Massage sowie jeder unten eine halbe Milch-Schnitte.

Käser wurde rot vor Wut. Zuerst wollte er die Challenge verweigern. „Ich reim hier gar nichts“, polterte er mit Verweis auf die glühende Ungerechtigkeit bei den winkenden Belohnungen. „Dann kann ich ja gleich wieder Kreispolitik machen: Ich mach mir die Gedanken und reim mir den Arsch auf und die anderen kriegen ihn gepudert“, tobte er, ließ sich aber dann ausgerechnet vom Liberalen Daschner umstimmen. Man dürfe jetzt nicht an die da oben denken, sondern müsse die eigene Situation im Blick haben, meinte der. Eine halbe Milch-Schnitte sei zudem besser als keine halbe Milch-Schnitte. Und Wolf erinnerte Käser, dass er doch damals Manfred „Mensch“ Mayers Wählergruppe „Gemeinsam für Gemeinwohl“ unterstützt habe – und sich nun gefälligst dieses Motto auch zu eigen machen solle. So an der Ehre gepackt, machte sich Käser nun doch ans Dichten – und gab nach zehn Minuten Folgendes zum Besten: 

Der Bürgermeister Prechter

war sicher kein Schlechter,

aber unter Herker,

da ist Pfahofa noch stärker.

Der Landrat heißt jetzt Martin Wolf,

zwecks Stichwahl-Sieg gegen Deml Rolf.

Jung heißt und ist die Claudia,

und der Daschner der ist auch noch da.

Dem aber geht der Manfred Mayer

immer ziemlich auf die Eier.

Der Mayer aber, auch nicht dumm,

sagt: Eigentlich ist es anders rum.

Jetzt erwähn ich noch die Schnapp

und am Ende sag ich knapp,

und zwar, bitte, mit Verlaub,

was reimt sich schon auf Karl Straub?

Während Käser – sein Vortrag wurde auch ins Loft übertragen – von allen spontanen Applaus für sein unter höchstem Zeitdruck entstandenes Werk bekam und man sich schon auf die Belohnung freute, sorgte „Big Brother“ mit einer ebenso kurzen wie schmerzvollen Durchsage für versteinerte Gesichter: „Die Aufgabe wurde nicht erfüllt.“ Denn Käser hatte einen fatalen Fehler gemacht, der einem Politiker niemals passieren darf. Er hatte vergessen, sich selbst zu erwähnen....

An dieser Stelle endet das unserer Redaktion zugespielte Dokument über die Geschehnisse. Wir berichten, sobald weitere Informationen vorliegen.

Bisher sind in der Serie "Frei erfundene Nachrichten" folgende Beiträge erschienen:

CSU plant Verkauf der Exklusivrechte an Wortmeldungen im Stadtrat

GfG gibt Stadtratsmandat an FDP-Chef Daschner ab


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