In Hettenshausen wurde eine eigentlich für Fußgänger und Radler gedachte Unterführung so breit gebaut, dass auch Autos durchkommen – aus Sicht der Bahn wäre das nicht nötig gewesen, weshalb die Gemeinde nun die Mehrkosten von 150 000 Euro übernehmen soll. Im Rathaus winkt man ab: Man habe diesbezüglich weder einen Antrag gestellt noch einen Auftrag erteilt.
Von Tobias Zell
In der Hettenshausener Kommunalpolitik ist man dieser Tage nicht so gut zu sprechen auf die Deutsche Bahn. „Ständig im Clinch“ sei man, sagte Bürgermeister Hans Wojta (UWG) in der jüngsten Gemeinderatssitzung. Erst nach angedrohter Klage habe sich die Bahn bereit erklärt , einen Straßenabschnitt so zu ertüchtigen, wie es vereinbart gewesen sei. Doch nun steht schon der nächste Ärger ins Haus: Denn weil die neue Unterführung in der Dr.-Wirzmüller-Straße breiter gebaut wurde als von der Bahn für nötig befunden, sollen die Mehrkosten von der Gemeinde übernommen werden. Es geht dabei um 150 000 Euro. Im Hettenshausener Rathaus sieht man das gar nicht ein, will auch diesbezüglich einen Anwalt einschalten und notfalls klagen.
Hintergrund des neuerlichen Unmuts sind die Folgen der Beseitigung des Bahnübergangs an der Dr.-Wirzmüller-Straße. Hier wurde bekanntlich eine Unterführung neu errichtet. Und wie die Gemeindeverwaltung erinnert, sei die zunächst lediglich als Geh- und Radweg dimensioniert gewesen. Allerdings hätten dann Anlieger Einwände erhoben und gefordert, dass die Unterführung doch zumindest so bemessen sein sollte, dass man mit einem Auto durchfahren kann. Die Regierung von Oberbayern – darauf verweist die Gemeinde – habe diese Anregung dann aufgenommen und auch seinerseits eine größere Unterführung für erforderlich gehalten. Und deshalb sei die Unterführung dann eben so groß gebaut worden, wie sie heute dasteht.
Nach dem so genannten Eisenbahnkreuzungsgesetz werden die Kosten für derartige Maßnahmen zu je einem Drittel von der Bahn, vom Bund und von der Gemeinde – hier Hettenshausen – übernommen. Unterm Strich, also inklusive der Beteiligung an den Kosten für die Unterführung, müsste die Kommune nach Worten des Bürgermeisters für die in diesem Bereich insgesamt realisierten Maßnahmen knapp 1,2 Millionen Euro berappen. Und darauf hat man sich in Hettenshausen auch eingestellt, zumal man mit einem Zuschuss rechnet, weshalb unterm Strich um die 600 000 Euro aus der eigenen Kasse zu berappen wären.
Doch nun bittet die Bahn die Gemeinde zusätzlich zur Kasse. Und zwar über 150 000 Euro. Bürgermeister Wojta hat in der jüngsten Sitzung des Ratsgremiums einen Brief verlesen, in dem sinngemäß steht, dass die Bahn die Mehrkosten für die größer dimensionierte Unterführung nicht übernehmen will. An einer solchen „Luxus-Lösung“ sei die Bahn nicht interessiert, zitierte er aus dem Schreiben.
Um diese Bahn-Unterführung an der Hettenshausener Dr.-Wirzmiller-Straße geht es.
Auf Anfrage unserer Zeitung verdeutlicht ein Unternehmens-Sprecher den Standpunkt der Bahn: Man habe im Ersatz des Bahnübergangs im Einklang mit den geltenden Regularien und Gesetzen eine bahnparallele Straße geplant und gebaut. Damit müsse die Unterführung nur noch für Fußgänger und Radfahrer ausgelegt werden. Diese Lösung sei Bestandteil der Kreuzungsvereinbarung und werde von Bahn, Bund und Gemeinde jeweils zu gleichen Teilen finanziert. „Vor Ausführung wurde mit der Gemeinde lange über die Qualität des Durchlasses diskutiert. Eine ganze Reihe von Vorstellungen der Bürger, die über die Gemeinde an uns weitergeleitet wurden, wurden planerisch überprüft“, so der Bahn-Sprecher. Aufgrund einer Auflage aus dem Planfeststellungsbeschluss, die „auf Einsprachen von Bürgern der Gemeinde“ basiert, sollte die Unterführung einspurig für den Pkw-Verkehr ausgelegt werden. Und dazu stellt die Bahn aus ihrer Sicht klar: „Dies ist eine über das notwendige Maß hinausgehende Forderung, die nicht von der Bahn veranlasst ist.“
Der Bund habe „aus genau diesem Grund“ eine Beteiligung an den aus der Aufweitung der Unterführung anfallenden Mehrkosten abgelehnt, betont der Bahn-Sprecher. Und auch die Bahn schließt mit derselben Begründung eine Beteiligung an den Mehrkosten aus. „Diese sind nach unserer Auffassung von den Bürgern der Gemeinde als zusätzliches "nice-to-have", mithin einer Luxus-Lösung, gefordert worden“, heißt es. Damit sei die Gemeinde Veranlasser der Zusatzkosten. „ Insofern stehen hier also Bund und Bahn auf dem gleichartigen Rechtsstandpunkt, dass die Veranlassung dieser Zusatzkosten durch die Gemeinde Hettenshausen erfolgt und damit auch kostentechnisch zu tragen ist.“
Im Hettenshausener Rathaus findet man das gar nicht. „Wir haben keinen Antrag gestellt und keinen Auftrag erteilt“, sagt ein Sprecher der Gemeindeverwaltung. Und verkehrstechnisch entspreche die Ausführung ohnehin „überhaupt nicht“ den Vorstellungen der Kommune. Einfach zahlen will man in Hettenshausen jedenfalls keinesfalls. „Wir werden das prüfen lassen.“ Will sagen: Man nimmt sich einen Anwalt und behält sich den Gang vor Gericht vor. Schließlich geht es um 150 000 Euro.
Und außerdem ist man, wie gesagt, auf die Bahn eh nicht gut zu sprechen. Erst kürzlich musste man laut Bürgermeister Wojta mit einer Klage drohen, um zu seinem Recht zu kommen. Dabei ging es um einen etwa 300 Meter langen Straßenabschnitt, den die Bahn aus Sicht der Gemeinde nicht so „ertüchtigt“ hatte, wie man es als vereinbart betrachtet hatte. Also nahm man sich einen Anwalt und drohte mit der Klage. Mit dem Ergebnis, dass die Bahn den Fall offenbar noch einmal intern geprüft habe, wie man aus der Gemeindeverwaltung berichtet. Und dabei sei die Bahn sinngemäß zu der Erkenntnis gelangt, dass es sich um einen internen Fehler oder ein Versehen gehandelt habe. Jetzt wird es also so gemacht, wie Wojta & Co. es ohnehin als ausgemacht erachteten.
Die Bahn erklärt zu diesem Fall, sie führe aus, was im Planfeststellungsbeschluss festgelegt worden sei. Dazu gehöre auch die Qualität der Anbindungen von diversen Wegen an die neue Straßenanlage. „Wir haben die Straße nun so ausgeführt, wie im Planfeststellungsbeschluss gefordert“, sagt ein Bahn-Sprecher und ergänzt: „In der Bauphase waren andere Qualitäten benötigt und von der Baufirma zunächst ausgeführt. Das haben wir jetzt korrigieren lassen.“