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Kitas als gesellschaftliche Aufgabe: Rund 450 Leiterinnen, Erzieherinnen und Kinderpflegerinnen aus dem Bistum Eichstätt bei Fachtagung in Ingolstadt

(pde) „Wir versprechen Qualität – Katholische Kindertageseinrichtungen entwickeln sich weiter“: Unter diesem Motto haben sich etwa 450 Leiterinnen, Erzieherinnen und Kinderpflegerinnen aus Einrichtungen im Bistum Eichstätt bei einer Fachtagung im Ingolstädter Stadttheater über aktuelle Entwicklungen informiert und über neue Ideen ausgetauscht. Die Tagung mit zwei Fachvorträgen und drei Gesprächsforen wurden vom zuständigen Fachreferat des Caritasverbands Eichstätt inhaltlich konzipiert und organisiert. Mehrere Kindertageseinrichtungen stellten zudem ihre Arbeit mit Modulen für strukturiertes Lernen in einer gemeinsamen Ausstellung dar. Dekan Bernhard Oswald zelebrierte einen Gottesdienst im Ingolstädter Münster.

„Kindertagesstätten müssen ihre Aufgabe nicht mehr nur als pädagogische, sondern auch als gesellschaftliche Aufgabe begreifen“, erklärte der Soziologieprofessor Dr. Carsten Wippermann von der Katholischen Stiftungsfachhochschule München-Benediktbeuren in einem Vortrag über veränderte Milieulandschaften. Anhand verschiedener Collagen zeigte er, dass sich die Gesellschaft immer stärker nach unterschiedlichen Lebensstilen und Werten ausdifferenziere. Dabei verlören konservative Bevölkerungsschichten mit gemeinsamen Traditionen gegenüber einer Vielzahl anderer Milieus an Bedeutung. Einige davon lebten Werte wie „Geltung und Genuss“, andere „Mobilität und Erfolgspragmatismus“, wiederum andere „Selbstverwirklichung und Emanzipation“. Dementsprechend entwickelten sich ganz unterschiedliche Leitbilder für die Mutter- und Vaterrolle. Wippermann zufolge reichen diese von der „Profi-Mama“ und dem „liebevoll-professionellen Part-Time Event-Papa“ bei jungen leistungsorientierten Eltern bis zur „Versorgungs- und Kuschel-Mutti“ und dem „Geldverdiener und Chef-Papa“ in ärmeren benachteiligten Milieus.

Bessere Bezahlung und mehr Männer gewünscht

Ein noch komplizierteres Gesellschaftsbild ergibt sich Wippermann zufolge durch die zunehmende Zuwanderung: Jedes dritte Kind unter fünf Jahren wächst in einer Familie mit Migrationshintergrund auf, informierte er. Applaus erhielt der Professor für seine Forderung, dass Erzieherinnen besser bezahlt werden müssten, um den gewachsenen Herausforderungen gerecht zu werden. Ferner müsse die Arbeit in der Kita auch für Männer attraktiver werden, damit die Kinder männliche Vorbilder erleben könnten. Kindertageseinrichtungen, so Wippermann, spielten deshalb eine so große gesellschaftliche Rolle, weil sie „eine der wenigen Gelegenheiten sind, bei denen Kinder und Eltern aus verschiedenen Lebenswelten noch zusammenkommen.“ 

An die Darstellung Wippermanns knüpfte die Diplom- und Sozialpädagogin Angelika Diller an, indem sie forderte, dass Erziehungsfachkräfte auch sozialwissenschaftliche Kenntnisse brauchen, um zu verstehen, was in ihrer Kita passiert. Zur wachsenden gesellschaftlichen Bedeutung der Einrichtungen verwies sie darauf, dass inzwischen über 90 Prozent aller Kinder zwischen drei und sechs Jahren in Deutschland eine Kindertageseinrichtung besuchen. Zwar könne die Kita die Familie nicht  ersetzen. Doch sie sei inzwischen nicht nur eine Familienergänzung, sondern ein eigenes Sozialisationsfeld. Diller kritisierte, dass in den letzten Jahren der Ausbau der Einrichtungen zu oft als Qualitätsausbau gesehen wurde. „Das ist er aber nicht. Wir sind weit davon entfernt, in jedem Bundesland den Qualitätsschlüssel zu haben, den Kinder brauchen“, sagte sie. 

Kindern mehr offene Fragen stellen 

Wie die Arbeit in den Einrichtungen konkret weiter verbessert werden kann, erörterten die Beteiligten an der Fachtagung in verschiedenen Workshops. Dr. Andreas Wildgruber, wissenschaftlicher Referent am Institut für Frühpädagogik in München, stellte anhand einer eigenen Studie mit Videoanalysen in Bayern dar, dass beim Freispiel in Gesprächen zwischen Erzieherinnen und Kindern der Wortanteil der Erzieherinnen bei über 80 Prozent liege. Um die Kinder mehr zu Wort kommen zu lassen, empfahl Wildgruber den Fachkräften unter anderem: „Stellen Sie den Kindern mehr offene Fragen, notieren Sie sich das für den Alltag am besten auf ein Plakat und nehmen Sie sich vor, täglich mit jedem Kind der Gruppe zumindest ein kurzes Gespräch zu führen.“ Wildgruber warb zudem dafür, Mahlzeiten bewusst als sprachanregende Gemeinschaftssituationen zu nutzen. Die Teilnehmerinnen begrüßten die Anregungen, machten aber auch auf Probleme wie Zeitmangel oder ganz grundlegende Aufgaben im Alltag aufmerksam. 

Dr. Matthias Hugoth, Professor für Erziehungswissenschaft und Elementarpädagogik an der Katholischen Fachhochschule Freiburg, warb dafür, sich in den Einrichtungen verstärkt mit der UN-Kinderrechtekonvention auseinanderzusetzen. Die Kinderrechte könnten auch dazu dienen, den interreligiösen Dialog mit Kindern und Eltern muslimischen Glaubens in Einrichtungen zu fördern, „da die Kinderrechte das Recht auf Religion des Kindes festschreiben“. In einem weiteren Gesprächsforum setzten sich Erzieherinnen mit „Partizipation und Beschwerdeverfahren in Kindertagesstätten“ auseinander.


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