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In einem frei gewordenen Laden im alten Rentamt will das Landratsamt vorübergehend Büros einrichten – das sorgt für Zündstoff: Auch der Verein "Lebendige Innenstadt" findet, Räume in solchen Lagen sollten dem Einzelhandel vorbehalten bleiben

Von Tobias Zell

Nach SPD-Kreischef Markus Käser, der städtischen Wirtschafts- und Servicegesellschaft (WSP) sowie einer potenziellen Mieterin hat sich nun auch der Pfaffenhofener Verein „Lebendige Innenstadt“ (IGLI) kritisch zu den Plänen von Landrat Martin Wolf (CSU) geäußert, der einen frei gewordenen Laden im alten Rentamt übergangsweise als Bürofläche für seine Behörde umnutzen will.

In einem Statement gegenüber unserer Zeitung zeigt IGLI-Präsident Fabian Stahl zwar Verständnis für die Platznot der Behörde, stellt aber auch klar, das freie Räume in einer solchen Lage grundsätzlich lieber dem Einzelhandel zur Verfügung stehen sollten. „Nur so kann eine Innenstadt auch lebendig sein und attraktiv für Besucher einer Stadt gehalten werden“, sagt Stahl. Zumal es, wie berichtet, sogar eine Interessentin gibt, die den 50 Quadratmeter großen Laden im Herzen der City gerne anmieten würde.

Ein bisschen Verständnis

„Wir können die Platznot verstehen und freuen uns natürlich auch, dass das Landratsamt in der Innenstadt weiter ansässig bleibt und ihre Gebäude modernisiert“, erklärt Stahl. Das sei ein klares Bekenntnis zur Innenstadt. Aber wenn es für diese Geschäftsräume Bewerbungen von Einzelhändlern gebe, wie es hier der Fall zu sein scheine, dann sollten diese doch bevorzugt werden, findet man beim Verein „Lebendige Innenstadt“ – und verweist nicht zuletzt darauf, dass in den Räumen bislang auch ein Geschäft beheimatet war.

„Eine Erdgeschoss-Lage ist unserer Meinung nach vornehmlich mit Einzelhandels-Geschäften zu füllen“, stellt Stahl generell klar. Nur so könne eine Innenstadt auch lebendig sein und attraktiv für Besucher einer Stadt gehalten werden. Der IGLI-Chef will aber auch erst einmal wissen, welche Art von Büro-Nutzung das Landratsamt in den Geschäftsräumen anstrebt, und schränkt seine Kritik insofern etwas ein: „Handelt es sich zum Beispiel um ein Bürgerbüro, wo Laufkundschaft beziehungsweise Besucher einkehren sollen, wäre dies eine andere Ausgangslage.“

Im Erdgeschoss an der Ecke des alten Rentamts, direkt im Herzen der Stadt, war bekanntlich zuletzt ein Goldschmied mit seinem Laden eingemietet. Der hat kürzlich aber den Vertrag gekündigt, die Räume sind frei geworden. Der Landkreis, dem das Rentamt gehört, will diese Gelegenheit beim Schopfe packen, um während der bereits laufenden Generalsanierung des Landratsamts den eigenen Raumbedarf besser decken zu können. Und genau das brachte SPD-Kreischef Markus Käser auf die Palme, der den Fall gestern öffentlich gemacht hat. „Hier wird eine der besten kleinen Ladenflächen in A-Lage am Hauptplatz für eine Büro-Erweiterung umgenutzt“, empörte er sich.

"Massiver Bedarf"

Im Landratsamt bestätigte man auf Anfrage die Pläne zur Umnutzung der Geschäftsräume als Büros für die Kreisbehörde. Sprecher Karl Huber verweist auf die aktuell „große Unterdeckung“ an Räumen und spricht von „massivem Bedarf“, nicht zuletzt wegen der Generalsanierung, aber auch angesichts der zusätzlichen Aufgaben, die das Landratsamt zu bewältigen habe – zum Beispiel beim Thema Asyl. Deshalb sei man nach Abwägung zu dem Entschluss gekommen, die besagten Geschäftsräume vorübergehend, zwei bis drei Jahre, selbst zu nutzen. „Für uns sind diese Räume wichtig, weil sie direkt am Landratsamt liegen“, so Huber.

In der Stadtverwaltung von Pfaffenhofen löst dieser Schritt zwar nicht gerade Begeisterung aus, doch man hegt auch ein gewisses Verständnis für die Kollegen der Kreisverwaltung. Eine Verwaltung müsse vernünftig und möglichst reibungslos arbeiten können, sagt Stadtjurist Florian Erdle und verweist auf die geringe Entfernung der besagten Räumlichkeiten im Rentamt zum „Mutterhaus“, das ja direkt daneben steht. Da es sich ja um eine Übergangslösung mit absehbarem Ende handle und der City somit nicht dauerhaft Geschäftsflächen entzogen würden, will man den Fall im Rathaus nicht dramatisieren.

Deutlich anders beurteilt man die Situation bei der städtischen Wirtschafts- und Servicegesellschaft (WSP). „Auch wenn ich die bauliche Situation rund um das Landratsamt verstehen kann und ich mich über viele Arbeitsplätze in der Innenstadt freue, finde ich es aus Sicht der Einzelhandelsentwicklung bedauernswert, dass eine Ladenfläche in sehr guter Lage für die nächsten Jahre leider nicht mehr zur Verfügung steht“, sagte Geschäftsführer Matthias Scholz.

Zerplatzter Traum

Zugleich betonte der WSP-Chef, dass es zahlreiche Interessenten gebe, die sich gerne mit ihrem Unternehmen in der Pfaffenhofener City niederlassen möchten und verzweifelt freie Immobilien suchen. Eine solche ist im konkreten Fall Sabine Schwarze. „Seit Monaten möchte ich in der Innenstadt ein Geschäft aufmachen und suche einen geeigneten Laden“, erzählt sie. Ihre Freude sei deshalb groß gewesen, als sie am Hauptplatz entdeckt habe, dass der Juwelier im Rentamt offensichtlich sein Geschäft aufgegeben hat und die Räume freigeräumt sind. „Ein nettes kleines Lädchen in sehr guter Lage – genau richtig, um meinen Traum von einem neuen Angebot für Pfaffenhofen umzusetzen“, sagt Schwarze.

Doch dieser Traum ist für die Frau nun erst einmal zerplatzt. Zumindest an dieser Stelle. Sie will nicht wahrhaben, dass diese Räume tatsächlich als Behördenbüro genutzt werden sollen. „Damit verliert die Innenstadt wieder ein Stück an Attraktivität“, kritisiert sie. „Wie kann es sein, dass ein kleines Ladenlokal in allerbester Lage in ein Büro umgewandelt wird? Man geht dann über den Marktplatz und schaut auf wenige Mitarbeiter an Schreibtischen. Das ist keine gute Stadtentwicklungspolitik!“ Anstelle ihres geplanten Geschäfts mit individuellen Ideen für Accessoires und Bekleidung – nicht zu einer Kette gehörend – „wird hier einfach, einem Sachzwang gehorchend, Nutzungsänderung an zentraler Einkaufslage betrieben“, bekrittelte sie und bekräftigte gestern gegenüber unserer Zeitung auch noch einmal ihr Interesse an der Anmietung der Räume.

Konkret geht es bei dem für Zündstoff sorgenden Laden um rund 50 Quadratmeter, wie aus dem Landratsamt bestätigt wurde: ein 27 Quadratmeter großer Verkaufs- und ein 22 Quadratmeter umfassender Nebenraum. Der Antrag auf Nutzungsänderung laufe bereits, sagte Behördensprecher Hubert. Die Eignung sei bereits vorgeprüft worden.

"Kommen Sie zur Besinnung!"

SPD-Kreischef Markus Käser, auch Mitglied des Stadtrats und Vize-Vorsitzender der Kreistagsfraktion, will sich mit dieser Entscheidung des Landratsamts nicht abfinden und nimmt Landrat Wolf persönlich in die Pflicht: „Kommen Sie zur Besinnung, verwerfen Sie diese Idee und wirken Sie an einer lebendigen Innenstadtentwicklung mit“, forderte er in einer gestern veröffentlichten, harschen Stellungnahme und appellierte an den Landrat: „Geben Sie dem kleinen Einzelhandel eine Chance und geben Sie die Räume als Ladenfläche frei.
 Alles andere wäre unverzeihlich.“

Die Innenstadt habe sich in den vergangenen Jahren ausgezeichnet entwickelt, so Käser. Eine Besonderheit sei dabei das ausgewogene Verhältnis zwischen großen Filialisten und unternehmergeführten Geschäften. Er sei sich sicher, dass das Landratsamt in Innenstadtnähe alternative Räume finde, die als Übergangs-Büros genauso geeignet seien. „Man kann nicht mit Leader-Förderprogrammen auf dem Papier Regional- und Stadtentwicklung betreiben wollen und zeitgleich kleinen Unternehmern die Räume wegnehmen“, schimpft Käser in Richtung Wolf. „Kommen Sie zur Einsicht und stellen Sie die Fläche wieder dem Einzelhandel zur  Verfügung“, so seine Forderung an den Landrat. Der SPD-Chef hat zudem angekündigt, die Kreistags-Fraktionen von diesem Fall zu unterrichten. Zudem wolle er einen entsprechenden Antrag stellen, um diesen „Irrweg“ zu stoppen.


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