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Beim Dreikönigstreffen der Kreis-SPD in Wolnzach ging es heute vor allem um das Thema Asyl: Gepoltert wurde nicht – die Kritik vom Vorsitzenden Käser und von der Landtagsabgeordneten Waldmann kam wohl dosiert, aber unmissverständlich

Von Tobias Zell

Es waren weitestgehend die leisen Töne, die sachlichen Argumente und die harten Fakten, die heute Abend beim Dreikönigstreffen der Pfaffenhofener Kreis-SPD in Wolnzach dominierten. Rund 70 Genossen waren zu der traditionellen Zusammenkunft im Hotel Hallertau gekommen, das diesmal die Asylpolitik zum Hauptthema hatte. Aber natürlich gab es auch Kritik – und die wurde ebenso wohl dosiert, wie unmissverständlich vorgetragen. An die Adresse von Landrat Martin Wolf (CSU) zum Beispiel, dem SPD-Kreischef Markus Käser dessen eigenes Zitat vorhielt: „Ich spüre nichts.“ Und in Richtung der CSU, der die Münchner SPD-Landtagsabgeordnete Ruth Waldmann eine „unausgegorene Ausländer-Maut“ sowie den „komplett bescheuerten Vorschlag“ der Deutsch-Pflicht in den Wohnzimmern vorwarf. Außerdem kritisierte sie, der Freistaat verlasse sich bei der Betreuung der Flüchtlinge „voll und ganz“ auf das Ehrenamt und stellte nicht genügend Mittel zur Verfügung. Sie wisse nicht, wie lange das noch gutgeht. 

Nach einer kurzen Begrüßung durch den Wolnzacher SPD-Chef und Kreisrat Werner Hammerschmid wurde aber erst einmal geehrt: Arnulf Mayer (88) aus Winden/Aign ist seit sechs Jahrzehnten Mitglied der Partei und bekam dafür vom Kreisvorsitzenden Markus Käser die goldene Anstecknadel angeheftet sowie von der Abgeordneten Waldmann die entsprechende Urkunde überreicht.

 

Arnulf Mayer (88) aus Winden/Aign wurde als Genosse des Ortsverbands Reichertshofen für 60 Jahre SPD-Mitgliedschaft geehrt, SPD-Kreischef Markus Käser steckte ihm die Ehrennadel an.

„Ich spüre nichts“, zitierte dann Käser in einer für seine Verhältnisse auffallend friedfertigen Rede den CSU-Landrat. Geäußert hatte Wolf diese Worte nach dem Höhepunkt der Giebel-Affäre. Nachdem sich die Kreisbehörde bekanntlich beim eigenen Landratsamt-Erweiterungsbau über einen vom Verwaltungsgericht verhängten Baustopp hinweggesetzt hatte – man hatte „den Beschluss anders gelesen“ – und somit sogar dem Schwarzbau gefrönt hatte, hagelte es ja reichlich Spott, weil ausgerechnet die Genehmigungsbehörde es offenbar bei sich selbst nicht so genau nimmt mit Recht und Ordnung. Ein Nachbar klagte gegen den umstrittenen Giebel, weil der einen für ihn nicht hinnehmbaren Schatten auf sein Mietshaus warf. Und als das Verwaltungsgericht dann beim Ortstermin den Vertretern des Landkreises wenig Hoffnung darauf machte, dass der Giebel bleiben kann, und zudem angesichts des ignorierten Baustopps ohnehin alles andere als begeistert war, trat man von Seiten des Landratsamts nolens volens den Rückzug an. Der Giebel kam also weg und wurde durch eine Dachschräge ersetzt. Die ganze Episode verursachte Mehrkosten von rund 90 000 Euro – zu tragen letztlich vom Steuerzahler.

 

Rund 70 Leute waren heute Abend zum Dreikönigstreffen des Pfaffenhofener SPD-Kreisverbands gekommen.

„Ich spüre nichts.“ Das hatte Landrat Wolf in diesem Zusammenhang geäußert und wollte damit damals zum Ausdruck bringen, dass er nicht der Meinung sei, das Landratsamt als Genehmigungsbehörde hätte durch die Schwarzbau-Affäre einen Image- oder Vertrauensschaden erlitten. SPD-Kreischef Käser nahm dieses Zitat heute zum Aufhänger, um zu illustrieren, dass seiner Ansicht nach von Wolf & Co. immer wieder so getan werde, als sei „alles in bester Ordnung“. Und das sei es ja auch – wenn man Fehler nicht einsehe und nichts spüre, monierte Käser sinngemäß.

Immer wieder würden „Beruhigungspillen“ verabreicht, die lediglich suggerieren sollen, das im Landkreis alles am Laufen sei, kritisierte Käser. Seiner Meinung nach ist aber das bisher Erreichte zum Beispiel bei der Ferienbetreuung der Kinder im Rahmen des „Bündnis für Familien“ nur ein kleiner Schritt in die richtige Richtung: „Da ist noch viel Luft nach oben.“ Ebenso wie in Sachen Asylpolitik und Flüchtlings-Betreuung. „Wir sind längst noch nicht an der Grenze der Möglichkeiten“, attestierte Käser diesbezüglich dem Landratsamt. Und wenn der Wolnzacher Landtagsabgeordnete Karl Straub (CSU) zum Vorschlags-Katalog der Kreis-SPD in Sachen Unterstützung der ehrenamtlichen Flüchtlingshelfer sage: „Alles läuft schon und noch viel mehr“, dann will Käser das keinesfalls unterschreiben. „Es gibt noch viele Punkte, die nicht umgesetzt sind.“

In Zusammenhang mit der Asyl-Debatte warnte Käser davor, sich auf dem Rücken der Flüchtlinge, die sich nicht wehren können, sowie auf dem Rücken der ehrenamtlichen Helfer „populistisch aufzuspielen“. Er warf denjenigen, die das dennoch tun, „rhetorische Brandstiftung“ vor – und sein Vorwurf ging nicht nur an Politiker auf der Landes-Ebene, sondern ausdrücklich auch auf Kreistags-Ebene. 

Die Landtagsabgeordnete Ruth Waldmann aus München war als Hauptrednerin nach Wolnzach gekommen.

In diese Richtung äußerte sich zu Beginn ihrer Rede auch die Münchner Abgeordnete Ruth Waldmann, Mitglied im Sozialausschuss des Landtags und Sprecherin für Ehrenamt und bürgerschaftliches Engagement der SPD-Fraktion. Jetzt seien gerade die Weihnachtspredigten verklungen, die man sich mit gesenktem Kopf angehört habe, und schon gehe es wieder los, schimpfte sie in Richtung der CSU. Jedes Jahr vor der Klausurtagung in Wildbad Kreuth werde von den Christsozialen ein Ausländer-Thema „ausgegraben“, um „ein bisserl Aufregung“ zu erzeugen. 

Waldmann verurteilte zum Beispiel Stimmen, die sich für eine Differenzierung in politische oder Wirtschafts-Flüchtlinge aussprechen. Wie solle man denn da unterscheiden, fragte sie rhetorisch. Eine solche Unterteilung ist ihrer Meinung nach weder sinnvoll noch durchzuhalten. 

Auf die grundsätzliche Frage „Warum sollen wir Flüchtlinge aufnehmen?“ hat Waldmann indes eine ganz einfach Antwort: „Weil wir es können!“ Deutschland sei eines der reichsten und sichersten Länder.

Der Fachkräfte-Mangel darf ihrer Ansicht aber nicht als Argument für die Zuwanderung herhalten müssen. Diese Begründung sei „unzulässig“. Denn der Fachkräfte-Mangel habe auch mit der Bezahlung und den Arbeitsbedingungen zu tun – als Beispiele nannte sie Erzieherinnen, Altenpfleger und Polizisten. Da seien „Fehler im System“, monierte sie, „das grenzt an Ausbeutung“. Und es sei eben nicht die Lösung, wenn die Einwanderer nun zum „Auffüllen“ der Fachkraft-Lücke dienen sollen, nur „damit wir so weiterwurschteln können“.

Die von der CSU geforderten kürzeren Asylverfahren begrüßt Waldmann ausdrücklich – schon wegen der aus ihrer Sicht unzumutbaren Situation für die Asylbewerber. Sie betont aber zugleich, dass die Verfahren nur durch zusätzliches Personal wirklich beschleunigt werden könnten. Und genau in diesem Punkt wirft sie den Christsozialen vor, „unglaubwürdig“ zu sein. Denn wenn die CSU nach kürzeren Asylverfahren rufe, dann solle sie als Partei, die in der Regierung ist, auch die Mittel dafür zur Verfügung stellen.

 

Als Dank für ihren Besuch bekam MdL Waldmann vom SPD-Ortsvorsitzenden Werner Hammerschmid einen Wolnzach-Regenschirm und Applaus.

Zahlreiche Anträge, unter anderem zum Thema Asyl, habe die SPD in den Landtag eingebracht, so Waldmann. „Aber die werden uns grundsätzlich abgelehnt“, erklärte sie und lieferte ihre Erklärung dafür gleich mit: „Weil sie von der Opposition kommen.“ Das mache einen manchmal wütend, räumte sie ein.

Der CSU wirft Waldmann außerdem vor, dass sich der Freistaat bei der Betreuung der Flüchtlinge „voll und ganz auf das Ehrenamt“ verlasse – und nicht genügend Geld beziehungsweise Personal zur Verfügung stelle. Den Schlüssel von einem Betreuer auf 150 Asylbewerber hält sie für „unverantwortlich“.

Waldmann ist indes stolz auf die Hilfsbereitschaft der ehrenamtlichen Helfer im Land. Und sie ist auch der Überzeugung, dass man durch Aufklären und Erklären etwas erreichen kann. So verweist sie auf eine kürzlich veröffentlichte Studie, wonach Zuwanderer die deutschen Sozialkassen füllen. Außerdem lieferte sie Zahlen: Im vorvergangenen Jahr seien 1,2 Millionen Menschen nach Deutschland eingewandert, aber zugleich 800 000 ausgewandert – und von den Zuwanderern seien zwei Drittel aus EU-Ländern gekommen. Es seien auch mehr Menschen von Deutschland in die Türkei ausgewandert als von der Türkei nach Deutschland ein.

Jegliches Verständnis fehlt Waldmann für die Kritik, die der wegen der Edathy-Affäre zurückgetretene Bundesminister Hans-Peter Friedrich (CSU) an der Bundeskanzlerin für deren deutliche Worte gegen die „Pegida“-Bewegung („Patriotische Europäer gegen die Islamisierung des Abendlandes“) geäußert hat.  Von Pegida kämen ausschließlich rassistische Sprüche, so die SPD-Abgeordnete. Die Angst vor Überfremdung und Islamisierung, die Pegida von Dresden aus schüre, könne man nichts ernst nehmen, stellte Waldmann klar: Sachsen habe einen Ausländeranteil von zwei Prozent und einen Muslimen-Anteil von 0,1 Prozent.

Grundsätzlich stellte Waldmann klar: "Wir können nicht die Augen vor dem verschließen, was in der Welt passiert." Das sagte sie mit Blick auf die Kriegs- und Krisenregionen auf dem Globus. Über 50 Millionen Menschen seien derzeit auf der Flucht. "Aber es geht nicht um Zahlen, sondern um Menschen."


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