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Weil jetzt bekannt wurde, dass die Stadt Pfaffenhofen von ihrem größten Gewerbesteuer-Zahler heuer 40 Prozent mehr Geld erwarten darf, will die bunte Koalition den Hebesatz heuer doch nicht erhöhen

Von Tobias Zell

So schnell können sich die Dinge ändern. Erst heute Mittag hatte das Pfaffenhofener Unternehmer-Netzwerk „ProWirtschaft“ einen offenen Brief an Bürgermeister Thomas Herker (SPD) veröffentlicht, in dem der Vorsitzende Franz Böhm ebenso unmissverständliche wie harsche Kritik an der von der bunten Rathaus-Koalition geplanten Gewerbesteuer-Erhöhung übt – und ein paar Stunden später ist alles schon wieder ganz anders. Am Abend verschickte Herker im Namen der bunten Koalition eine Pressemitteilung, aus der hervorgeht, dass die Anhebung des Gewerbesteuer-Satzes für dieses Jahr vom Tisch ist. Zu verdanken ist das der „hervorragenden wirtschaftlichen Entwicklung“ des Pharma-Unternehmens Daiichi-Sankyo, dem größten Gewerbesteuer-Zahler in der Kreisstadt.

Bekanntlich sollten nach den Plänen der bunten Koalition die Hebesätze für die Gewerbesteuer (von 345 auf 380 Punkte) und die Grundsteuer B (von 350 auf 380) deutlich angehoben werden, um angesichts der anstehenden Großprojekte den Schuldenstand der Stadt in den nächsten Jahren nicht über 20 Millionen Euro klettern zu lassen. Diese Steuer-Erhöhungen hätten nach Berechnungen aus dem Rathaus jährliche Mehreinnahmen in einer Größenordnung von 1,75 Millionen Euro in die Stadtkasse spülen sollen – 1,5 Millionen aus der Gewerbesteuer und 250 000 Euro aus der Grundsteuer B.

Doch der Kelch der erhöhten Gewerbesteuer geht nun wohl erst einmal an den Pfaffenhofener Geschäftsleuten vorüber. Denn wie es in der aktuellen Mitteilung der bunten Koalition heißt, habe Martin Hesse, der Geschäftsführer von Daiichi-Sankyo Europe, gestern in einem persönlichen Gespräch mit Bürgermeister Herker und dessen Vize Albert Gürtner (FW) mitgeteilt, „dass auf Grund der hervorragenden wirtschaftlichen Entwicklung des Unternehmens die Gewerbesteuer-Zahlungen um 40 Prozent höher als ursprünglich veranschlagt ausfallen werden“.

Daiichi-Sankyo ist der größte Gewerbesteuer-Zahler in Pfaffenhofen. Das Unternehmen produziert am Standort in der Kreisstadt rund drei Milliarden Tabletten im Jahr – das sind acht Millionen am Tag.

Diese satte Steigerung wurde am Abend auch noch einmal in einer Pressemitteilung von Daiichi-Sankyo bestätigt. In den 1960er Jahren begann die Arzneimittel-Produktion am heutigen Standort in Pfaffenhofen – damals noch unter der Ägide von Luitpold Pharma, wird darin erinnert. Seitdem bestehe eine vertrauensvolle Zusammenarbeit mit der Stadt. „Als Unternehmen ist uns die Kooperation mit der Stadt Pfaffenhofen sehr wichtig. Wir sind ein wichtiger Arbeitgeber und sehen uns hier in der Verantwortung für die Region, in der unsere Mitarbeiter leben und arbeiten“, so Hesse. „Das gute Geschäftsergebnis im laufenden Jahr wird sich auch in einer gut 40-prozentigen Steigerung der Gewerbesteuer gegenüber den bisherigen Planungen sehr positiv niederschlagen.“

Auf diese Ankündigung hat der Koalitionsausschuss des bunten Pfaffenhofener Bündnisses aus SPD, FW, Grüne und ÖDP nun reagiert. Das Gremium stellt angesichts der deutlich höheren Gewerbesteuer-Einnahmen, die von Daiichi-Sankyo zu erwarten sind, fest, „dass damit das anvisierte Gewerbesteuer-Aufkommen von 18,5 Millionen Euro im Jahr 2015 bereits ohne Anpassung des Gewerbesteuer-Hebesatzes erreicht wird“. Deshalb werde den Mitgliedern der Koalition empfohlen, den bisherigen Hebesatz zum aktuellen Zeitpunkt im Haushaltsjahr 2015 nicht zu erhöhen.

Ein entsprechender Änderungsantrag soll im Rahmen der anstehenden Haushaltssitzung eingebracht werden, heißt es in der Pressemitteilung, die im Namen von Herker, Gürtner, Roland Dörfler (Grüne), Markus Käser (SPD) und Reinhard Haiplik (ÖDP) verschickt wurde. Angesichts der Tatsachen, dass die bunte Koalition über die Mehrheit im Stadtrat verfügt und die CSU-Fraktion sich ohnehin gegen die Steuer-Erhöhungen ausgesprochen hat, darf man also davon ausgehen, dass – zumindest heuer – nicht an der Gewerbesteuer-Schraube gedreht wird.

„Die bereits beschlossenen Maßnahmen im aktuellen Haushalts- und Investitionsplan bis 2018 bleiben unverändert“, betonen Herker & Co. in diesem Zusammenhang. Der Neubau der Grund- und Mittelschule, das Hallenbad, die Finanzierung der Park- und Erholungsanlagen im Rahmen der anstehenden kleinen Landesgartenschau und der flächendeckende Ausbau der Breitbandversorgung werden demnach planmäßig umgesetzt. Ebenso werde an dem Ziel festgehalten, die Gesamtverschuldung der Stadt bis zum Jahr 2020 auf maximal 20 Millionen Euro zu begrenzen –  das entspreche einer Verschuldung von unter 800 Euro pro Einwohner.

Keine Angaben macht die bunte Koalition in der heutigen Pressemitteilung darüber, ob angesichts dieser Entwicklung an der vorgesehenen Erhöhung der Grundsteuer B  festgehalten werden soll oder ob auch diese für heuer hinfällig ist.

Werksleiter Frank Knefeli (von links), Vizebürgermeister Albert Gürtner, Bürgermeister Thomas Herker und Thomas Profitlich, der Leiter der Formulierungsentwicklung bei Daiichi-Sankyo, bei einem Rundgang durch den Standort Pfaffenhofen.

Daiichi-Sankyo hatte am Montag Bürgermeister Herker und seinem Vize Gürtner den Pfaffenhofener Standort präsentiert, in den insbesondere im vergangenen Jahr kräftig investiert wurde. So nahm das Unternehmen, wie berichtet, einen Neubau in Betrieb, der den knapp 100 Mitarbeitern in der pharmazeutischen Entwicklung auf über 5000 Quadratmetern ein modernes Arbeitsumfeld bietet. „Das Jahr 2014 war darüberhinaus für Daiichi-Sankyo in Europa eines der erfolgreichsten Jahre in der über 100-jährigen Geschichte“, heißt es aus dem Unternehmen.

Begleitet wurde Herker bei seinem Besuch von Martin Hesse, dem Geschäftsführer bei Daiichi-Sankyo Europe, sowie von Werksleiter Dr. Frank Knefeli und Dr. Thomas Profitlich, dem Leiter der Formulierungsentwicklung. Knefeli betonte gegenüber den Rathaus-Vertretern die Rolle von Pfaffenhofen für die Medikamentenproduktion von Daiichi-Sankyo weltweit: „Wir produzieren hier Medikamente für den Weltmarkt. Qualität, Flexibilität, sehr gut qualifizierte Mitarbeiter und langjährige Erfahrung machen unseren Standort so erfolgreich.“

In Pfaffenhofen werden Arzneimittel „Made in Germany“ für mehr als 50 Länder in aller Welt hergestellt. Mit einer Kapazität von rund drei Milliarden Tabletten jährlich ist Pfaffenhofen der größte Produktions- und Entwicklungsstandort von Daiichi-Sankyo außerhalb Japans. Daiichi-Sankyos Europazentrale befindet sich in München. Das Unternehmen besitzt Niederlassungen in zwölf europäischen Ländern sowie die globale Fertigungsstätte in Pfaffenhofen.

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