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Neue Verträge zwischen den vier Kiesabbau-Unternehmen und dem Pfaffenhofener Landratsamt räumen mit Unklarheiten auf und sollen den Weg bereiten zur Weiterentwicklung der 300 Hektar umfassenden Seen-Landschaft – Freizeit-Angebote rücken in greifbare Nähe

Von Tobias Zell

Jetzt soll alles gut werden im Feilenmoos. Für die Eigentümer der Kiesweiher, die Abbau-Unternehmer, das Pfaffenhofener Landratsamt, für die Stadt Geisenfeld, die Wasserratten und Wassersportler sowie für die Natur. Für Pflanzen und Tiere, für die umliegenden Gebiete, aber vor allem für die Zukunft. Irrungen und Wirrungen sollen der Vergangenheit angehören, Pläne zur Entwicklung der 250 Hektar umfassenden Wasserflächen sollen weiter reifen und wahr werden, Ideen gibt es genug, denkbar sind auch ein Zweckverband und sogar ein Seen-Manager.

Nach Jahren oder gar Jahrzehnten der Unklarheit werden nun Fakten geschaffen. Dem Landratsamt, allen voran Landrat Martin Wolf (CSU),  ist es gelungen, eine Übereinkunft mit den vier Kiesabbau-Unternehmen, von denen noch zwei aktiv sind, zu erzielen. Das heißt: Es wird öffentlich-rechtliche Verträge mit ihnen geben, in denen die so genannte Nachsorge geregelt ist. Kontrakte, die also festschreiben, was nach dem Kiesabbau zu tun ist mit den Weihern sowie mit den Bereichen um sie herum und dazwischen.

Auf dem Weg in die Zukunft des Feilenmoos: Die Weiherbesitzer haben sich unter anderem zum Bau von Dämmen verpflichtet.

Auf eigene Rechnung haben die vier Unternehmen bereits bauliche Maßnahmen umgesetzt, Dämme verstärkt und Teichmönche errichtet. „Das geht voll zu Lasten der Unternehmer“, betonte Wolf gestern bei einem Pressetermin. Die Eigentümer übernehmen seinen Worten zufolge sämtliche Kosten – und in den Verträgen stehe genau drin, was sie künftig dauerhaft sicherzustellen und noch umzusetzen haben. Auch den Unterhalt  müssen sie übernehmen. Die konkreten Maßnahmen müssen binnen sieben Jahren realisiert werden, erläuterte Wolf – er geht aber davon aus, dass keiner der Unternehmer diese Frist ausschöpfen wird.

Warum aber nehmen Unternehmer scheinbar freiwillig viel Geld in die Hand und unterschreiben auch noch Verträge, in denen sie sich zudem für die Zukunft verpflichten? Erstens, weil sie angesichts der Auflagen ohnehin etwas hätten machen müssen. Zweitens, weil es wohl sonst für weitere Genehmigungen zum Kiesabbau schlecht ausgesehen hätte. Und drittens, weil es wohl letztlich ein guter Deal für beide Seiten ist – für die Geschäftsleute ebenso wie für den Landkreis.

 

Beim Ortstermin wurde ein Teichmönch in Augenschein genommen.

Freilich hätte das Landratsamt auch ohne diese neuen Verträge Möglichkeiten gehabt, bestimmte Maßnahmen beziehungsweise die Erfüllung gewisser Auflagen behördlich durchzusetzen. Doch ohne die nun erfolgte Einigung hätten möglicherweise auch langwierige Rechtsstreitigkeiten gedroht. Mit den Verträgen aber, auf die man sich nun verständigt hat, ist die Gefahr jahrelanger Prozesse praktisch vom Tisch. Denn diese Vereinbarungen schaffen eine neue Basis: Was in der Vergangenheit war, ist damit ebenso passé wie das Dickicht von Auflagen und Vorschriften, das sich angesammelt hatte. Und der Landkreis kann das Feilenmoos nun mit einem Gesamtkonzept attraktiv im Sinne von Natur, Erholung und Freizeit weiterentwickeln sowie im Idealfall dafür auch noch Zuschüsse über das EU-Förderprogramm „Leader“ einstreichen, in das man ja jüngst aufgenommen wurde.

Um diesen Feilenmoos-Deal zwischen den Kiesabbauern und der Kreisbehörde aber zu verstehen, muss man zurückblicken. Über Jahrzehnte sei nicht klar gewesen, was die Unternehmen nach dem Kiesabbau mit den Ufer- und Wasserflächen machen müssen, sagt Wolf. Es habe da keine einheitliche Linie der Behörden gegeben. Der Landrat berichtet von unterschiedlichen und immer wieder geänderten Auflagen, mit denen sich schon seine Vorgänger herumschlagen mussten. Es habe einfach „kein durchgängiges, schlüssiges Konzept“ gegeben. Diese Unklarheiten mögen auch die pragmatische Erklärung dafür sein, dass sich so mancher Kiesabbau-Unternehmer mit Nachsorge-Maßnahmen lieber vornehm zurückhielt. Wo es keine klaren Ansagen und Regelungen gibt, passiert halt oft nichts. Oder anders gesagt: Wer nimmt schon Geld in die Hand, wenn er nicht muss.

 

Natur pur im Feilenmoos.

Ein bisschen drängt sich obendrein der Verdacht auf, als hätte man im Landratsamt über die Jahrzehnte etwas den Überblick verloren. Und indirekt räumt man das auch ein. „Bedingt durch den wirtschaftlichen Aufschwung ist insbesondere in den 1960er-Jahren eine große Seenlandschaft entstanden, die zum Teil nicht mehr überschaubar und nur schwer kontrollierbar war“, heißt es aus der Kreisbehörde.

Doch diese Entwicklung hatte Vor- und Nachteile: Einerseits konnte die Bauwirtschaft mit wertvollem Kies versorgt werden und die entstandenen Weiher erfreuten sich bei Wassersportlern sowie als Erholungsgebiet großer Beliebtheit. Andererseits wurden durch die massiven Eingriffe in die Landschaft, die der Kiesabbau mit sich brachte (es geht um insgesamt rund 300 Hektar) die Ökosysteme beeinträchtigt – umliegende Flächen „vernässten“, die Landwirtschaft war ebenso betroffen wie die Nachbargemeinde Ernsgaden.

 

Der Kiesabbau wird noch weiter gehen.

Und über die Jahrzehnte habe sich auch immer wieder die rechtliche Situation geändert. Es habe eine Vielzahl von Genehmigungen mit zahlreichen Auflagen gegeben; die Baggerweiher sollten rekultiviert und renaturiert werden. Weitere Auflagen waren, Dämme zu belassen oder zu errichten. Eine große, zusammenhängende Wasserfläche galt es zu vermeiden – wegen der Gefahr für den Flugverkehr durch angelockte Wasservogel-Massen. Ganz in der Nähe liegt ja der Flughafen Manching.  Wie verflixt die Lage war, offenbart zum Beispiel folgendes aktuelle Statement aus dem Landratsamt: „Eine wasserwirtschaftliche stabile Situation war immer wieder in der Diskussion, aber durch die Erfüllung der Auflagen der Genehmigungsbescheide nicht mehr herzustellen.“

Teilweise habe in früheren Bescheiden auch gestanden, dass die Weiher wieder zu verfüllen sind. Doch diese Vorgabe wurde wiederum inzwischen durch eine neue Richtlinie des bayerischen Umweltministeriums hinfällig. Also wurden die Bescheide im Landkreis Pfaffenhofen angepasst und es gibt – wie jetzt erklärt wurde – im Feilenmoos inzwischen keine einzige Anordnung mehr auf Wiederverfüllung. Das Landratsamt schreibe allenfalls Teilverfüllungen vor, wenn dies durch öffentliches Interesse geboten sei. Was aber praktisch nicht der Fall sei.

Jedenfalls gab und gibt es bezüglich der Seen-Landschaft eine Vielzahl von Interessen – die reichen vom Kiesabbau, der Land- und Forstwirtschaft über Jagd und Fischerei, Natur- und Vogelschutz bis hin zu Wassersport, Freizeit und Erholung. Zudem wurde der dringende Bedarf gesehen, die wasserwirtschaftliche Situation in der Weiher-Landschaft zu stabilisieren. Denn die Vernässung wurde offenbar zunehmend zum Problem. Deshalb hat die Kreisbehörde in den vergangenen Jahren „in zum Teil langwierigen und tiefgehenden Verhandlungen“ versucht, Soll-Ist-Vergleiche durchzuführen. Die Ergebnisse seien nun in die Verträge eingeflossen. Es seien mitunter „sehr harte Gespräche“ mit den Kiesabbau-Unternehmern gewesen, räumt Wolf ein; denn es sei ja auch um wirtschaftliche Interessen gegangen. Doch am Ende konnte man sich einigen – was dem Vernehmen nach nicht zuletzt dem Verhandlungsgeschick des Landrats zu verdanken ist. „Er hat den gordischen Knoten zerschlagen“, lautet ein Kommentar.

Werner Eidelsburger vom Wasserwirtschaftsamt erläutert die wasserwirtschaftlichen Damm- und Regulierungsmaßnahmen.

Und die in Verträge gegossenen Ergebnisse sollen nun nicht nur dem Landratsamt das Leben leichter machen, sondern auch den Kiesunternehmern, „die ein Stück mehr Planungs- und Verfügungssicherheit über ihr Eigentum bekommen“, wie man es im Landratsamt formuliert. Diese neuen Vereinbarung beinhalten die Umsetzung von Maßnahmen auf Grundlage eines Gutachtens aus dem Jahr 2011 zur Steuerung der Wasserführung in dem Seen-System, insbesondere Dammschüttungen und geregelte Überläufe durch Teichmönche, sowie eine Konkretisierung der Auflagen aus dem Sammelsurium von Altbescheiden. 

Vor allem aber soll die angesichts der schwer vollziehbaren Altscheide „unsichere Rechtslage“ aufgelöst werden. Man habe nun eine „saubere rechtliche Grundlage für die Zukunft“, sagt Landrat Wolf. Will sagen: Mit Unterschrift der Verträge können die Kiesunternehmer sicher sein, dass ihnen keine möglichen Verfehlungen oder Auflagen aus der Vergangenheit mehr vorgehalten werden oder zum Nachteil geraten können. Es gilt dann nur noch das, was in diesen neuen Vereinbarungen steht. Und das ist wohl auch der zentrale Grund für die Unternehmer, diese Verträge zu unterzeichnen. Außerdem fällt für sie damit auch die Notwendigkeit von schwergewichtigen Bankbürgschaften weg. 

Vor diesem Gesamthintergrund ist der „Deal“ zu sehen – und das auf den ersten Blick so freiwillig wirkende Engagement der Kiesunternehmer auch zu verstehen. Den Geschäftsleuten drohen nun keine Zwangsmaßnahmen durch das Landratsamt mehr, sie sparen sich mögliche Rechtsstreitigkeiten und Ärger mit den Behörden. Und die beiden Unternehmen, die aktuell noch Kies abbauen, können sich nun auch wieder berechtigte Hoffnungen auf weitere Genehmigungen machen – auch wenn offiziell das eine mit dem anderen nichts zu tun hat. Der Kiesabbau wird jedenfalls weitergehen im Feilenmoos. Das Unternehmen Braun signalisierte, dass es noch fünf bis sechs Hektar im Visier hat, im Hause Reisinger kann man sich bis zu 18 Hektar vorstellen.

Insgesamt 250 Hektar Wasserfläche umfassen die Kiesweiher im Feilenmoos.

Landrat Wolf zeigt sich jedenfalls „froh“ über die nun ausgehandelten Verträge, nicht zuletzt, „weil wir das ohne Gerichtsverfahren und ohne Zwang durchgesetzt haben“. Das Landratsamt verstehe sich nun als „Wächter“ der neuen öffentlich-rechtlichen Verträge. Bleibt zu hoffen, dass diesmal alle den Überblick behalten.

Für Otto-Normal-Bürger könnte das alles durchaus ansprechende Auswirkungen haben. Denn der Anteil der gesamten Wasserfläche, der künftig für die Freizeit-Nutzung zur Verfügung stehen wird, erhöht sich vermutlich. Pläne zur Weiterentwicklung der Seen-Landschaft gibt es zu Hauf; sie reichen von Wander- und Lehrpfaden über einen Seehafen, Surfmöglichkeiten, bis hin zu E-Tankstellen und Plätzen für die Jugend. Und mit einer angedachten Trennung von Bereichen für Freizeit und Naturschutz sollen Mensch und Schöpfung zu ihrem Recht kommen. 

Die konkrete Weiterentwicklung des Feilenmoos-Areals will Landrat Wolf auch mit Fördergeldern im Rahmen des „Leader“-Programms vorantreiben. Konkret schwebt ihm ein „Seen-Manager“ vor, angestellt vom Landkreis und bezahlt zum Teil mit Fördergeldern. Dieser Manager könnte sich dann um die Gründung eines Zweckverbands kümmern. Denn in nicht allzu ferner Zukunft sollen auch Einnahmen generiert werden. Zum Beispiel aus Parkgebühren. Oder durch die Verpachtung von Flächen, auf denen neue Wassersport- und Freizeitangebote für die Bürger entstehen. Man wolle aus dem Rohdiamant Feilenmoos ein Juwel machen, sagt der Geisenfelder Bürgermeister Christian Staudter.


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