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Pater Anselm Grün versuchte den Audianern klar zu machen, was Wertschätzung in einem Unternehmen bedeutet – Und die durften im „World Café“ dann sagen, wie es mit dieser Wertschätzung bei Audi aussieht 

(ty) Was macht ein Mönch bei Audi? Klare Sache: er liest den Audianer in biblischem Sinn die Leviten. Könnte man meinen. Aber Pater Anselm Grün, Autor, Coach und Unternehmensberater hatte einen anderen Auftrag, als er gestern bei dem Ingolstädter Autobauer standesgemäß in langer Benediktinerkutte aufschlug. Er kam auf Einladung des Betriebsrates und als Impulsgeber für eine ganz besondere Veranstaltungsreihe. „World Café“ heißt die, ging gestern bereits zum dritten Mal über die Bühne und soll mithelfen, verkrustete Prozesse und Strukturen bewusst zu machen. Oder aber betriebsinterne Probleme wie beispielsweise die mangelnde Wertschätzung in einem Unternehmen.

120 per Zufallsgenerator ausgewählte Mitarbeiter aus allen Unternehmensbereichen vom Management bis zur Produktion hatten sich in der Kantine eingefunden, nicht nur, um dem berühmten Mönch zu lauschen, sondern um sich im Anschluss in Arbeitsgruppen zusammenzusetzen und die Situation bei Audi zu analysieren und Missstände zu benennen. Ob es die in Sachen Wertschätzung gibt? Da lässt sich von Seiten der Presse nur mit einem beherzten „Ja“ spekulieren. Und spekulieren deshalb, weil zu diesem Teil der Veranstaltung die Öffentlichkeit selbstredend keinen Zutritt hatte.

Zu Anselm Grüns Vortrag schon. Und der versuchte den Audianern erst einmal klar zu machen, auf welchen Werten Wertschätzung beruht. Und bemühte dazu die griechische Philosophie ebenso wie christliche Normen. Von Plato bis Thomas von Aquin spannt er den Bogen, philosophierte über Gerechtigkeit, Tapferkeit, Maß und Klugheit, über Mut, Hoffnung und das richtige Maß. „Wenn eine Firma diese Werte lebt, ist sie auf Dauer erfolgreicher“, ist sich Anselm Grün sicher. Und sparte nicht mit Beispielen aus der Praxis, um diese These zu untermauern.

Rund 40 Prozent der Energie könne man in einem Unternehmen verschwenden, wenn die Mitarbeiter nicht wertgeschätzt würden. Und diese Wertschätzung beginne bereits bei der Sprache, mit der man einen Menschen auch entwerten könne. Diese Wertschätzung gelte es in einem Unternehmen neu zu entdecken, „Wir führen dann richtig, wenn die Mitarbeiter aufrecht nach Hause gehen“, meinte Grün.

Wie viele das wohl bei Audi tun? Der Konzern müht sich um das Image als beliebtester Arbeitgeber, ist in entsprechenden Rankings auch immer vorne dabei wenn nicht sogar ganz vorne. Diese Rankings indes beruhen meist auf den Aussagen von jungen Menschen, die noch nicht bei Audi sind, da aber gerne hin möchten. Über das wirkliche Klima im Konzern sagen solche Rankings meist wenig aus. Über die Wertschätzung aber können nur die gültig urteilen, die bei Audi arbeiten. Und wie diese Wertschätzung jenseits der offiziellen Statements in der Praxis aussieht, darüber lässt sich nur spekulieren. Oder eine These aufstellen, die da lautet: Stünde es mit der Wertschätzung bei Audi zum Besten, wäre ein World Café zu diesem Thema wohl kaum von Nöten. 

Jörg Schlagbauer, Vertrauenskörperleiter der IG Metall bei Audi, formuliert das so: „Wir müssen Menschen, die Wertschätzung vernachlässigen, die Augen öffnen. Wer andere nicht wertschätzt, wird selbst auch nicht geschätzt. Das ist ein sozialer Teufelskreis, und den müssen wir gemeinsam durchbrechen.“ Das werden doch besonders die älteren Audi-Mitarbeiter gerne hören. 


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