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Nach den Morddrohungen gegen Pfaffenhofens Dritten Bürgermeister Roland Dörfler (Grüne) laufen die Ermittlungen. Bei der türkisch-islamischen Gemeinde, die am Samstag Moschee-Eröffnung feiert, geht man davon aus, dass trotz Demo, Gegen-Demo und der ganzen Aufregung alles friedlich bleibt

Update: Morddrohungen auch gegen Ersten Bürgermeister

(ty) Nach den Morddrohungen gegen den Dritten Bürgermeister von Pfaffenhofen, Roland Dörfler (Grüne), laufen die Ermittlungen der Polizei. Es liege eine Anzeige vor, bestätigte der hiesige Polizeichef Robert Brenner auf Anfrage. Demnach wird wegen Bedrohung und Beleidigung gegen die Absender der bei Dörfler eingegangenen E-Mails ermittelt. Nach Abschluss der Untersuchungen werde der Fall an die Staatsanwaltschaft Ingolstadt abgegeben, so Brenner. 

Nachdem unsere Zeitung gestern über die Morddrohungen berichtet hatte, schlug der Fall hohe Wellen. Inzwischen haben bundesweit Medien berichtet. Dörfler selbst hat seither zahlreiche Anfragen von Journalisten bekommen. Auch mehrere Solidaritätsbekundungen hätten ihn erreicht, sagt er und betont: „Ich lasse mich nicht einschüchtern und nicht mundtot machen.“

„Ich bin bestürzt, dass ein engagierter Bürger und Kommunalpolitiker in Bayern Morddrohungen erhält, weil er sich für die türkisch-islamische Gemeinde einsetzt“, sagte die Grünen-Bundestagsabgeordnete Beate Walter-Rosenheimer. Das Engagement von Dörfler sei vorbildlich und verdiene Respekt. „Als aufgeklärte und demokratische Gesellschaft dürfen wir nicht zulassen, dass rechte Hassprediger gegen muslimische Mitbürger hetzen. Dumpfe Parolen und islamfeindliche Stimmungsmache sind völlig inakzeptabel“, so Walter-Rosenheimer. „Fremdenfeindlichkeit und Hass können wir vor allem mit einer gelebten Kultur des Miteinander entschieden entgegentreten.“ Dörflers Engagement stehe genau dafür. „Meine volle Solidarität gilt allen, die sich gegen Fremdenfeindlichkeit und für eine bunte Gesellschaft des respektvollen Miteinanders stark machen.“

Dörfler hatte die Morddrohungen erhalten, nachdem er sich unmissverständlich gegen eine islam-kritische Kundgebung positioniert hatte, die am Samstag – zeitgleich zur Eröffnung der Moschee – stattfinden soll. Hinter der genehmigten und angemeldeten Protest-Veranstaltung steht die Kleinpartei „Die Freiheit“. Dessen Bundesvorsitzendem, Michael Stürzenberger aus München, hatte Dörfler in einem Zeitungsinterview attestiert: „Der Mann hat doch keinen IQ, sondern einen AQ – einen Arschquotienten.“

Die Moschee mit angeschlossenem Kulturzentrum der türkisch-islamischen Gemeinde an der Hohenwarter Straße in Pfaffenhofen wird am Samstag eröffnet.

Daraufhin waren rund 40 böse E-Mails in seinem städtischem Postfach eingegangen, sagte Dörfler. Der Inhalt reiche von übelsten Beschimpfungen und Beleidigungen („grüner Kinderficker“) bis hin zu Mord- und Hinrichtungs-Drohungen. „Wir wissen, wo du wohnst“, zitiert Dörfler. Oder: „Wir werden dir auflauern und dich ermorden.“ Bürgermeister Thomas Herker (SPD), den Dörfler momentan urlaubsbedingt vertritt, bestätigte die Morddrohungen gegen seinen Stellvertreter und rief zugleich zur Teilnahme an einer Gegen-Demo unter dem Motto „Pfaffenhofen ist bunt“ auf.

Denn in der Kreisstadt will man der Protest-Kundgebung von „Die Freiheit“ etwas entgegensetzen. Das Bündnis „Pfaffenhofen gegen Rechts – Bürger für Toleranz“ lädt deshalb – ebenfalls von 12 bis 16 Uhr – zu einer angemeldeten Demo ein. Unter dem Motto „Pfaffenhofen ist bunt“ soll auf dem Gehweg vor der Moschee eine Menschenkette gebildet werden, berichtet die ehemalige Dritte Bürgermeisterin Monika Schratt (Grüne). Entsprechende T-Shirts werden am Samstag ab 9.30 Uhr an einem Info-Stand auf dem Wochenmarkt verkauft.

In und an der Moschee sowie im angeschlossenen Kulturzentrum der türkisch-islamischen Gemeinde an der Hohenwarter Straße laufen derweil die Arbeiten für den anstehenden Festtag weiter auf Hochtouren. Denn am Samstag wird die offizielle Eröffnung gefeiert. Mit zahlreichen Ehrengästen, Moscheeführungen, gemeinsamem Gebet und einem Fest. Heute allerdings war Recep Bal, der Vorsitzende der türkisch-islamischen Gemeinde, vor allem mit der Beantwortung von Medien-Anfragen befasst.

Recep Bal, der Vorsitzende der türkisch-islamischen Gemeinde von Pfaffenhofen, in der neuen Moschee – für ihn "die schönste in Bayern". 

Zeitgleich zu der Moschee-Eröffnung am Samstag  – nach eigenen Angaben von 12 bis 16 Uhr – ruft „Die Freiheit“ zu einer Protest-Veranstaltung auf. Eigentlich wollte die Kleinpartei einen Standort direkt gegenüber der Moschee beziehen. Das wurde aber laut Dörfler abgelehnt, weil man dadurch die Eröffnungsfeier beeinträchtigt sah. Versammeln dürfen sich die Teilnehmer der Protest-Kundgebung nun in etwa 150 Metern Entfernung. In Absprache mit den Antragstellern sowie Vertretern von Stadtverwaltung, Landratsamt und Polizei sei genehmigt worden, dass dort ein Info-Tisch und ein Pavillon aufgestellt werden dürften. Weitere Auflagen: Es darf zu keiner „Dauerbeschallung“ kommen; zwischen den Reden muss es Pausen geben; es darf kein Megafon, aber Lautsprecher-Technik zum Einsatz kommen und die Lautstärke darf einen bestimmten Wert nicht überschreiten. „Sonst wird der Saft abgedreht“, so Dörfler.

Bei der islamisch-türkischen Gemeinde will man sich durch die Demo von „Die Freiheit“ nicht beeindrucken lassen. „Diese Leute kommen nicht aus Pfaffenhofen, sondern von außen“, sagt Recep Bal im Gespräch mit unserer Zeitung. „Von den Pfaffenhofenern haben wir nichts gegen uns gesehen oder gehört. Wichtig ist, dass wir hier in Pfaffenhofen ein gemeinsames und friedliches Leben führen. Dafür danke ich der Bevölkerung.“

Im Rahmen der Demokratie hat Recep Bal nichts gegen die Protest-Kundgebung der Islamkritiker. Dass die Aktion aber ausgerechnet zeitgleich zur Eröffnungsfeier der Moschee stattfindet, bedauere er sehr und empfinde das auch als Provokation, die man vermeiden sollte. „Die sollen von mir aus drei Mal eine Demo machen, aber nicht in dieser Zeit.“

Die Gegen-Demo zu der Protest-Kundgebung von „Die Freiheit“, die das Bündnis „Pfaffenhofen gegen Rechts – Bürger für Toleranz“ angekündigt hat, begrüßt Recep Ball als „gutes Zeichen“. Die türkisch-islamische Gemeinde sei auch selbst in dem Bündnis vertreten. Denn Pfaffenhofen stehe für Toleranz, Zusammenhalt und friedliches Zusammenleben. Bal geht davon aus, dass am Samstag trotz der ganzen Aufregung, die nun entstanden ist, alles friedlich bleibt. Die Polizei wird jedenfalls am Samstag präsent sein, wie Inspektionsleiter Brenner bestätigt.

Blick nach oben in der neuen Moschee.

Zu dem Festakt am Samstag werden neben lokalen und regionalen Vertretern aus Kirchen und Politik unter anderem auch der türkische Konsul, der Religionsattaché des Konsulats sowie Vertreter des Ditib-Dachverbands aus Köln erwartet. Außerdem sind die Leiter von Schulen und Kindergärten geladen, berichtet Bal. Insgesamt seien 150 Leute geladen; willkommen sei aber ausdrücklich die gesamte Bevölkerung, betont er.

Das Fest beginnt um 11 Uhr. Um 13.30 Uhr finde die offizielle Eröffnung mit Ehrengästen und Ansprachen statt, bei der dann auch symbolisch ein Band durchgeschnitten werden soll. Außerdem werden Leute geehrt, die sich moralisch und finanziell um den Bau der Moschee und des Kulturzentrums verdient gemacht haben. Anschließend stehen Moscheeführungen mit Möglichkeit zum gemeinsamen Gebet auf dem Programm. Bal rechnet über den Tag verteilt mit rund 500 Besuchern.

Die türkisch-islamische Gemeinde, der Recep Bal vorsteht, zählt seinen Worten zufolge rund 200 Familien, darunter allein 850 türkische Mitbürger. 350 von ihnen seien auch bereits eingebürgert.

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