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Erneute Wendung im Untreue-Verfahren gegen den früheren Wolnzacher Bürgermeister und Ex-Landrat: Nach der Einigung vor dem Landgericht hat er die Geldauflage nicht bezahlt. Denn der Anschein, er habe sich freigekauft, widerstrebe ihm. Das Strafverfahren gegen Schäch läuft damit weiter – und bringt ihn möglicherweise erneut auf die Anklagebank.

Von Tobias Zell

Erneut gibt es eine Aufsehen erregende Wendung im Untreue-Verfahren gegen den früheren Pfaffenhofener Landrat und Wolnzacher Ex-Bürgermeister Josef Schäch. Nachdem man sich im vergangenen September vor dem Münchner Landgericht darauf verständigt hatte, dass das Strafverfahren gegen eine Geldauflage von 100 000 Euro eingestellt wird, wurde heute bekannt, dass der Fall doch noch nicht zu den Akten gelegt wird. Denn Schäch hat die Frist zur Zahlung der noch ausstehenden 40 000 Euro verstreichen lassen, wie Ken Heidenreich, Pressesprecher der Staatsanwaltschaft München II, heute auf Anfrage bestätigte. Damit sei auch das Strafverfahren nicht beendet. Schäch muss also möglicherweise erneut auf der Anklagebank Platz nehmen.

Mit der erfolgten Zahlung der Geldauflage wäre laut Heidenreich das nach der Verständigung vor Gericht vorläufig eingestellte Verfahren endgültig beendet gewesen. Doch da die Frist nun verstrichen sei, nehme das Strafverfahren seinen Fortgang und sei eben nicht beendet. Das Gericht müsste nun einen neuen Termin für die Hauptverhandlung ansetzen und dann werde der Prozess fortgesetzt, erklärt Heidenreich. Fakt ist jedenfalls: Der Fall Schäch ist juristisch nicht beendet.

Auch Josef Schäch bestätigte heute auf Anfrage unserer Zeitung, dass er den noch fälligen Betrag nicht bezahlt hat. Er habe „sehr, sehr lange überlegt“, sagt er. „Aber ich kann mit diesem Freispruch zweiter Klasse nicht leben.“ Es sei der „Makel des Freikaufens“, der ihm anhafte. Schäch geht es nach eigenen Worten nicht darum, dass er die Geldauflage zugunsten eines guten Zwecks nicht bezahlen wolle. „Und mir wäre auch eine Einigung lieber – aber nicht eine, die aussieht, als hätte ich mich freigekauft.“

Dem Vernehmen nach soll es demnächst Gespräche zwischen Staatsanwaltschaft, Richter und Schächs Seite geben. Am Verfahrensstand ändert das objektiv nichts. Das Strafverfahren nimmt angesichts der nicht erfolgten Zahlung seinen Fortgang. Und es ist gilt damit als wahrscheinlich, dass Josef Schäch wieder vor das Landgericht muss. Das nimmt er offenkundig in Kauf. „Lieber aufrecht erschossen, als ein Leben lang wie ein Hund kriechen“, sagte er heute im Gespräch mit unserer Zeitung.

Zum Hintergrund

Eigentlich schien der neu aufgerollte Untreue-Prozess gegen Schäch Mitte September vergangenen Jahres – am zweiten von sechs anberaumten Verhandlungstagen vor dem Münchner Landgericht – praktisch beendet. Das Verfahren wurde vorläufig eingestellt – gegen Zahlung von 100 000 Euro. Und mit Leistung dieser Zahlung wäre das Verfahren dann endgültig eingestellt gewesen. Darauf hatten sich damals alle Seiten in einem Rechtsgespräch und nach gut einstündiger Sitzungsunterbrechung verständigt. Schäch wäre als nicht vorbestraft aus der Wolnzacher Finanzaffäre herausgegangen. Die 60 000 Euro Geldstrafe, die er nach dem ersten Urteil aus dem Jahr 2010 bezahlen musste, wurden auf die Geldauflage angerechnet. Somit wären noch die genannten 40 000 Euro zu entrichten gewesen.

Schäch zeigte sich damals in einer ersten Reaktion gegenüber unserer Zeitung erleichtert. „Nach diesen sechs Jahren muss man zufrieden sein“, erklärte er. „Meine Familie ist glücklich, ich bin glücklich.“ Das Wichtigste sei, dass nun Ruhe einkehre, sagte er nicht nur mit Blick auf sein Privatleben und seine Familie, sondern auch auf die Gemeinde. Der Stillstand in Wolnzach müsse ein Ende haben.

Für ihn sei entscheidend, dass er keine Schuld habe, betonte Schäch damals. „Ich habe einen Fehler gemacht, aber ich habe niemandem geschadet.“ Die Geldauflage zahle er gerne. Ihm sei wichtig, dass nun endgültig Ruhe einkehre und dass der Fall endlich abgeschlossen sei. Der Hintergrund dieser Äußerungen war damals klar: Vielleicht hätte Schäch auch einen Freispruch erster Klasse erreichen können. Doch das hätte weitere Nerven zehrende Verhandlungstage bedeutet – mit ungewissem Ausgang –, zudem hätten am Ende beide Seiten ja wieder Rechtsmittel einlegen können – und es wäre dann möglicherweise weitergegangen. Jetzt sieht es danach aus, als geht es weiter.

Worum geht es?

Im „Fall Schäch“ geht es um Vorgänge aus den Jahren 2007 und 2008 in der Gemeinde Wolnzach. Damals soll Schäch als Bürgermeister illegale Kassenkredite aufgenommen haben – am Gemeinderat vorbei. Durch diese Kassenkredite, so wurde ihm vorgehalten, seien der Kommune Zinsbelastungen in Höhe von mehr als 180 000 Euro entstanden. Als im Sommer 2010 das Urteil des Landgerichts – zwei Jahre Haft auf Bewährung – gesprochen wurde, war Schäch bereits Landrat, aber wegen der im Raum stehenden Vorwürfe auch bereits vorläufig suspendiert.

Schäch gab indes nicht auf, stellte beim Bundesgerichtshof (BGH) Antrag auf Revision – und blitzte ab: Im Mai 2011 wurde sein Antrag zurückgewiesen. Er hatte damit seinen Landratsposten verloren, wurde amtsenthoben, und das Ganze hatte zudem gravierenden Folgen für seine Pensionsansprüche, die ihm daraufhin gestrichen wurden. Schäch schien ganz unten angelangt: "Es gab Zeiten, da habe ich überlegt, welchen Strick und welchen Baum ich nehmen soll“, sagte er einmal der Süddeutschen Zeitung über diese Tage.

Von Schäch wollte nun keiner mehr etwas wissen. Er selbst mied die Öffentlichkeit, auch seinen Posten als Kreisvorsitzender der Freien Wähler hatte er längst aufgegeben. Politisch schien es das gewesen zu sein für den einstigen Macher. Doch dann, wie aus dem Nichts, meldete sich Schäch im November 2012 zurück: Das Bundesverfassungsgericht gab seiner Beschwerde statt. Denn die obersten Wächter über das deutsche Grundgesetz sahen Schächs Verurteilung wegen Untreue nicht ausreichend begründet – sie hoben das Urteil auf und verwiesen den Fall zurück ans Münchner Landgericht. Wo es daraufhin im vergangenen Herbst zur Neuauflage des Prozesses kam. 

Damit ging es vor dem Landgericht erneut um die grundsätzliche Frage, ob durch das Verhalten des damaligen Bürgermeisters Schäch der Gemeinde Wolnzach ein finanzieller Schaden entstanden ist. Denn ist ein Schaden nicht klar nachzuweisen, ist es auch keine Untreue. „Die neue Hauptverhandlung wird ergeben, dass durch die Aufnahme der Kassenkredite und deren konkreter Verwendung Wolnzach nicht nur kein Schaden entstanden ist, sondern diese zum Wohle der Gemeinde eingesetzt worden sind“, sagte Schächs Anwalt Hans-Dieter Gross damals vor der neuerlichen Verhandlung.

Schäch selbst hatte für sich stets reklamiert, damals nach bestem Wissen und Gewissen für den Markt Wolnzach gehandelt zu haben. Er habe nichts in die eigene Tasche gesteckt und der Gemeinde sei kein Schaden entstanden, befand er. Im Gegenteil, das Geld sei für Bauprojekte verwendet worden, die der Kommune genutzt hätten und die der Gemeinderat auch beschlossen habe. "Ich habe verwaltungsrechtlich einen Fehler gemacht", so Schäch, "aber ich bin kein Verbrecher."

Bisherige Beiträge zum Thema:

Verfahren gegen Josef Schäch eingestellt

"Ich werde um mein Recht kämpfen" 


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