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Die Bürgerversammlung in Zuchering zum Thema Asyl geriet zur Lehrstunde einer funktionierenden Flüchtlingspolitik 

Von Michael Schmatloch 

Probleme mit Asylbewerbern? Nicht in Zuchering. Das war der Eindruck, den die heutige Bürgerversammlung im dicht besetzten Sportheim vermittelte. Waren im Mai bei der ersten Bürgerversammlung zum Thema Asyl die Emotionen noch gewaltig hochgekocht, so geriet die heutige zweite Ausgabe eher zu einem Informationsabend voll guter Nachrichten. Selbst in der Fragerunde der Bürger ging es eher um die Probleme der Asylbewerber mit den Einheimischen als umgekehrt.

Ein Zeichen, dass man sich in Ingolstadt offenbar schnell und wohlwollend an das Zusammenleben mit den Flüchtligen gewöhnt hat. Und das die Stadt ihre Hausaufgaben gemacht hat. Denn die meisten Anregungen und Verbesserungsvorschläge, die in der ersten Versammlung im Mai an die Stadt herangetragen worden waren, sind in der Tat im Sinn der Zucheringer erledigt worden.

Ob es nun um Kleinigkeiten ging wie englischsprachige Fahrscheinautomaten, eine Anbindung der Immelmannkaserne an die Buslinie 11 oder die gerechtere Verteilung der Asylbewerber auf das gesamte Stadtgebiet. In diesen Punkten gab Oberbürgermeister Christian Lösel heute ebenso „Entwarnung“ wie bei einem Thema, das im Mai noch für viel Aufregung gesorgt hatte. Denn ob des Alkoholverbotes innerhalb der Kaserne kamen viele Klagen von Bürgern über Flüchtlinge, die sich in den Supermärkten am „Asylanten-Highway“ mit Alkohol eindecken und den dann auch in den Straßen oder auf Spielplätzen konsumierten. Dieses Alkoholverbot in der Kaserne – so Lösel – sei inzwischen aufgehoben. Und mehr noch. Es wird ab Oktober oder November innerhalb des Kasernengeländes einen Kiosk geben, an dem neben den Dingen des täglichen Bedarfs auch Bier verkauft wird.

Die 20 Polizisten, die die Inspektion in Ingolstadt wegen der vielen Flüchtlinge verstärken sollen, sind zu Teilen bereits im Dienst. Die restlichen kommen bis spätestens 31. März nächsten Jahres. Und eine wichtige Botschaft für Zuchering, wenn auch nicht mehr ganz neu: Die geplante Justizvollzugsanstalt kommt nicht, die Stadt kauft sogar bis Ende des Jahres das dafür vorgesehene Gelände vom Freistaat zurück.

Christian Lösel hatte heute Abend in der Tat beinahe nur gute Nachrichten im Gepäck. „Ich glaube, dass wir das ganz gut abgearbeitet haben“, meinte er nicht ohne Stolz. Und da musste man ihm durchaus Recht geben.

Der anschließende Vortrag des Vizepräsidenten der Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge, Michael Griesbeck, über den Asylbewerber an sich und den Kosovo-Albaner im Besonderen war indes ebenso wenig erhellend wie die leidlich redundanten Ausführungen der Regierungsvizepräsidentin Maria Els. Denn so kamen die Bürger erst nach weit über einer Stunde erstmals zu Wort. Einige hatten ihre Getränke längst bezahlt oder das Sportheim bereits wieder verlassen.

Das aber war sicher nicht der Grund dafür, dass die anschließende Fragerunde ohne Emotionen, ohne anklagende Worte, ja eigentlich ohne echte Probleme daherkam. Dass dunkelhäutige Menschen in dunkler Kleidung auf unbeleuchteten Fahrrädern des Nachts eine Sicherheitsrisiko sind, war da schon der Gipfel der „Beschwerden“. Doch selbst dafür hatte Lösel eine Antwort parat: Der Bau des so dringend geforderten Radweges beginnt am 2. November. „Kaum wartest du 15 Jahre, schon wird er gebaut“, war der zynische Kommentar eines Zucheringers.

Eine andere Frage: „Was erwartet uns noch?“ Gemeint war natürlich, wie sich die Zahl der Flüchtlinge entwickeln wird. Und da meinte der OB ganz offen: „Ehrlich gesagt, ich weiß es nicht.“ Und er ist nicht der einzige, der das nicht weiß. Denn diese Frage dürfte im Augenblick wohl niemand beantworten können.

Die restlichen Wortmeldungen des Abends drehten sich dann eher um etwaige Fehler bei den Integrationsbemühungen, um die Fehlinformation der Flüchtlinge, die mit völlig falschen Vorstellungen nach Deutschland kämen, um die Situation für schulpflichtige Flüchtlinge oder die wünschenswerte Familienzusammenführung versprengt lebender Asylbewerber.

Und eine Frage war beinahe symptomatisch für den heutigen Abend und für das Verhältnis von Einheimischen und Asylbewerbern: „Wo muss ich mich hinwenden, wenn ich bei mir Flüchtlinge aufnehmen will?“ Zeigt sie doch, wie sich die Einstellung zu den Flüchtlingen und das Mitgefühl für deren Leid gewandelt haben. Auf solche Fragen kann die Stadt wirklich stolz sein.

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