Olga Atmatzidou hat so ihre Erfahrungen gemacht, wenn es darum geht, in Ingolstadt eine Wohnung zu suchen und mit zwei Kindern für 500 Euro auf 15 Quadratmeter leben zu müssen
Von Michael Schmatloch
Mit einem Hund eine Wohnung zu finden, das scheint in Ingolstadt leichter zu sein als mit Kindern. Diese Erfahrung jedenfalls hat Olga Atmatzidou gemacht, als sie vor zwei Jahren aus dem griechischen Thessaloniki nach Ingolstadt kam. Und wenn man eben keine Wohnung findet, dann bleibt oft nur der Weg in eine Pension. Die alleinerziehende Mutter zweier Kinder hat da so ihre Erfahrungen machen müssen. 15 Quadratmeter für 500 Euro im Monat. Aber „Leben heißt kämpfen“, meint die russischstämmige Griechin.
Kämpfen, um aus dem Teufelskreis auszubrechen, in den man zwangsläufig kommt, wenn man die Sprache nicht beherrscht, deswegen keine Arbeit findet und in der Folge beinahe logischer Weise keine Wohnung. Seit ein paar Monaten ist Olga eine von vielen Frauen, die sich der SPD-Aktion „Freundin finden“ angeschlossen hat. Seit ein paar Monaten ist das Glück auf ihrer Seite. Sie hat endliche doch noch eine Wohnung bekommen für sich und ihre beiden Kinder, hat einen Sprachkurs absolviert und hofft nun auf einen Job, um sich und ihre Kinder durchzubringen.
An der Qualifikation mangelt es Olga Atmatzidou nicht. Die 39-jährige Wirtschaftswissenschaftlerin hat an der Aristoteles Universität in Thessaloniki ihre Diplom gemacht und träumt jetzt davon, in Ingolstadt ein Masterstudium draufsetzen zu können. Vorrang aber hat für sie jetzt erst mal die Arbeit. Die Voraussetzungen bringt sie mit. Sie spricht nach einem Kurs an der Kolpingakademie leidlich Deutsch, hat endlich eine adäquate Wohnung und nun auch viele Freundinnen gefunden dank der Aktion, die sich vor allem um Frauen mit Migrationshintergrund kümmert.
„Sie interessieren sich wirklich für uns und unsere Probleme“, erzählt Olga. Seit 13 Jahren träumt sie davon, in Deutschland ein neues Leben anzufangen, Karriere zu machen und ihren Kindern eine Zukunft bieten zu können. Dabei war es weniger die Griechenland-Krise, die ihren Wunsch beflügelt hat, in Deutschland zu Leben. „2001 habe ich meine Hochzeitsreise nach Deutschland gemacht und mich spontan in dieses Land verliebt“, erzählt die rothaarige Mutter. Diese Liebe zu Deutschland hat die Zeit bis heute überdauert, ihre Ehe nicht.
Nach der Scheidung hat sie nach 23 Jahren in Griechenland endlich ihren großen Plan verwirklicht und ist mit den Kindern nach Ingolstadt gezogen, wo einer ihrer Brüder seit 14 Jahren lebt. Bei ihm hat sie zuerst auch ein paar Monate gewohnt, bevor sie nach einer schier aussichtslosen Suche nach einer Wohnung in jener Pension gelandet ist. Zunächst auf 15 Quadratmetern für 500 Euro, später auf 20 Quadratmeter für 750 Euro. Nicht gerade geschenkt. „Die Leute wissen um unsere Probleme, eine Wohnung zu finden, und profitieren davon“, weiß sie. Diese Zeit war alles andere als einfach. Tagsüber deutsch lernen an der Akademie, dann schnell die Kinder versorgen, dann ein paar Stunden putzen gehen, um Geld zu verdienen, während die Kinder in der Pension alleine blieben.
Doch sie hatte Glück, wie sie sagt. Nach vielen Wohnungen, die sie sich angesehen aber nicht bekommen hat, ist sie nun mehr als zufrieden auf 70 Quadratmetern der Gemeinnützigen Wohnungsbaugesellschaft. Alle Hebel hatte sie in Bewegung gesetzt. Sogar im Rathaus hatte sie vorgesprochen. „Ich weiß nicht, was geholfen hat“, sagt Olga, „aber jetzt hat jeder von uns einen eigenen Schreibtisch. Die Kinder können endlich vernünftig lernen. Ich bin sehr dankbar.“
Dankbar ist auch das Wort, das ihr einfällt, wenn sie von ihren Erfahrungen mit der Aktion „Freundin finden“ spricht. „Die Frauen her interessieren sich wirklich für uns und unsere Probleme“, ist ihre Erfahrung. Nach einem vom Beruflichen Fortbildungszentrum der Bayerischen Wirtschaft (bfz) vermittelten Praktikum in einer Firma im GFZ hofft sie nun auf einen Ganztagesjob. Bei Gebrüder Peters habe sie zu Probe schon mal gearbeitet. „Mal sehen“, meint sie, „aber auch wenn ich unbedingt meinen Master machen will, geht die Arbeit erst einmal vor.“ Im Idealfall klappt beides. Denn Natascha Kohnen, die Generalsekretärin der BayernSPD, die die Aktion mit aus der taufe gehoben hatte, habe ihr von der Möglichkeit für Alleinerziehende erzählt, an Abenden und Wochenenden nebenbei ein Studium zu absolvieren. Sicher nicht der leichteste Weg. Aber „Leben heißt kämpfen“, betont Olga Atmatzidou abermals.
Und sie kämpft nicht mehr ganz alleine. Denn in dem Zirkel „Freundin finden“ fühlt sie sich bestens aufgehoben. „Ich bin sehr dankbar dafür“, sagt Olga, „ich spüre, wie sich die Initiatoren um uns kümmern, wie sie helfen wollen und auch tatsächlich helfen.“ Sie freut sich schon auf das nächste Treffen im Ratschhaus. Und diesem Kreis, der sich da immer wieder trifft, wird sie auch treu bleiben, wenn sie ihr Leben in geregelten Bahnen weiß. Denn es geht nicht nur darum, selbst Hilfe zu bekommen, sondern auch selbst zu helfen und die eine oder andere Freundin zu finden, wie es der Name der Aktion treffend umschreibt.