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Es geht um das ehemalige Zählerprüfamt an der Ingolstädter Straße: Das Landratsamt hätte großes Interesse an der Nutzung, doch im Rathaus ist man gar nicht begeistert – aus zwei Gründen

Von Tobias Zell 

Wird das ehemalige Betriebsgebäude der Amperwerke an der Ingolstädter Straße von Pfaffenhofen zu einer Gemeinschafts-Unterkunft für 200 Asylbewerber? Das würde Landrat Martin Wolf (CSU) gerne sehen. Und der Stadtverwaltung liegt auch bereits ein Antrag des Geschäftsmanns Michael Heinritzi auf einen entsprechenden Vorbescheid zur Nutzungsänderung vor. Mit dem wird sich der zuständige Planungs-, Bau- und Umweltausschuss in seiner Sitzung am Donnerstag (ab 16 Uhr im Rathaus-Festsaal) befassen, wie aus der Tagesordnung hervorgeht. Mit einer eindeutigen Entscheidung ist allerdings nach Informationen unserer Zeitung eher nicht zu rechnen. Und zwar aus zwei Gründen.

Vermutlich werden die Räte weder zustimmen noch abwinken – vielmehr will man offenbar erreichen, dass das Landratsamt als Genehmigungsbehörde die Entscheidung zurückstellt. Denn bevor die Tagesordnung unter Punkt 3.2 die Behandlung dieser gewünschten Nutzungsänderung vorsieht, geht es unter 2.4 um die Aufstellung eines städtischen Bebauungsplans Nummer 150d für ein „Gewerbegebiet westlich der Ingolstädter Straße“. Und das ist sicher kein Zufall.

Denn just in diesem Bereich liegt auch das besagte Gebäude, Hausnummer 69, besser bekannt als früheres Zählerprüfamt, ein riesiger Kobel. Mit einem Bebauungsplan für dieses Gebiet will die Stadtverwaltung grundsätzlich die Weichen stellen und festlegen, was hier geht und was nicht. Eigentlich ist das überfällig. Und der nun vorliegende Antrag mag durchaus ein Weckruf sein. Ein Signal, in die Puschen zukommen. Denn wo ein Antrag ist, da ist auch die Notwendigkeit, sich damit zu befassen.

Mit dem Antrag zu tun hat die Herausforderung des Landkreises, immer mehr Flüchtlinge unterbringen zu müssen. Landrat Wolf hatte erst kürzlich erklärt, dass aus der Not heraus die Nutzung von Turnhallen bevorstehe und dass man zudem auf eine gerechte Verteilung der Asylbewerber unter den 19 Gemeinden jetzt nicht mehr Rücksicht nehmen könne. Bislang war man davon ausgegangen, dass der Kreis etwa ein Prozent seiner Einwohnerzahl an Flüchtlingen aufzunehmen hat. Das wären rund 1200 Asylbewerber gewesen. Doch der Zustrom von Flüchtlingen reißt nicht ab, diese Zahl ist überholt. „Wir planen in Richtung zwei Prozent“, sagt Wolf im Gespräch mit unserer Zeitung.

Ins Visier genommen hat man deshalb auch das frühere Zählerprüfamt. „Großes Interesse“ habe man an der Nutzung dieses Gebäudes, betont Wolf, „das würde die Situation deutlich entspannen.“ Angeblich ging auch von ihm persönlich die Initiative aus. „Gemauerte Wände“, laute die Devise, sagt Wolf. Will sagen: Container und Zelte sollen als Flüchtlings-Quartiere vermieden werden, so lange es geht.

An der Ingolstädter Straße tut sich nun eine nicht alltägliche Chance für den Landkreis auf. Allerdings ist die Anmietung eines so großen Gebäudes auch nicht ganz billig. Deshalb braucht es eine Mindest-Anzahl an Bewohnern, damit sich das rechnet. „Wenn wir 200 Leute unterbringen, dann könnte sich daraus ein Mietpreis errechnen, den wir bezahlen können“, sagt Wolf. Bekanntlich sollen Verträge zu „ortsübliche Mieten“ abgeschlossen werden. Und darauf legt der Kreischef auch Wert. Andernfalls müsse man Diskussionen befürchten. Er betont aber auch, dass noch keine konkrete Raumplanung für das Gebäude vorliege. „Wir reden aktuell von Grobschätzungen.“ Es sei noch offen, ob das angesichts der nötigen Sanierung auch finanziell darstellbar sei. 

Für den Landkreis geht es um die Schaffung einer Unterkunft für 200 Flüchtlinge. Für die Stadt um die Frage, was werden soll aus diesem Gebiet, das nur einen Steinwurf entfernt liegt vom Freibad, vom Eisstadion und vom Fußballplatz. Denn hier droht ein Eigentor: Erlaubt man hier eine Wohnnutzung, dann gelten freilich die entsprechenden Lärmschutz-Regeln. Will sagen: Im Sportgelände auf der anderen Straßenseite könnte schnell Schluss mit Spiel und Spaß sein, wenn sich die Anwohner in ihrer Ruhe gestört fühlen. 

Um genau diese Gefahr schon von vornherein auszuschließen, will man auf städtischer Seite offenbar einen Bebauungsplan aufstellen, der eine Wohnnutzung in diesem Bereich der Ingolstädter Straße gar nicht erst vorsieht. Denn zum einen hat die Stadt ja erst mehrere Millionen in die Sanierung der Eishalle und die Umgestaltung des Sportgeländes gesteckt. Und zum anderen ist freilich niemand scharf auf Gerichtsprozesse um zu laut jubelnde Fans. Anders gesagt: Im Rathaus befürchtet man, mit der Zustimmung zu der Flüchtlings-Unterkunft in dem gefühlten Gewerbegebiet sozusagen einen Präzedenzfall zu schaffen, der einer Wohnnutzung in dem Gebiet Tür und Tor öffnet – und zum Bumerang werden könnte.

Landrat Wolf versucht zu beruhigen. Es gebe die Möglichkeit einer Sondernutzung, und unter die kann seinen Worten zufolge eine solche Flüchtlings-Unterkunft fallen. Er denke nicht, dass damit zwangsläufig ein Präzedenzfall für das ganze Gebiet geschaffen werde. Er verspricht, das in seiner Behörde noch einmal prüfen zu lassen. „Denn wir wollen keinesfalls die städtische Entwicklung behindern.“ Mit der städtischen Vorgabe, dass durch die Nutzung des alten Zählerprüfamts als Asyl-Unterkunft keine grundsätzliche Freigabe als Wohngebiet verbunden sein dürfte, könne er leben, betont Wolf gegenüber unserer Zeitung – und lässt durchblicken: Er und seine Behörde sind offenbar bereit, hier gemeinsam mit der Stadt den Rechtsrahmen auszuschöpfen, um beide Interessen zu vereinen.

Die Begeisterung über das Vorhaben, in dem Gebäude 200 Flüchtlinge einzuquartieren, hält sich im Pfaffenhofener Rathaus allerdings dennoch in Grenzen. Denn die Kreisstadt unter der Regie von Bürgermeister Thomas Herker (SPD) macht sich nicht nur für eine gleichmäßige Verteilung von Asylbewerbern in den 19 Landkreis-Gemeinden stark, sondern setzt sich auch für eine dezentrale Unterbringung der Flüchtlinge ein. „Lieber zehn Mal 20 als ein Mal 200“, fasst Stadtjurist Florian Erdle den Standpunkt der Stadt zusammen. So dürfte man auch gerne den Bürgermeisters zitieren.

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