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Die Gemeinden im Kreis Pfaffenhofen haben zugesagt, für die Unterbringung von Asylbewerbern notfalls selbst als Bauherren aktiv zu werden – doch die Theorie stößt mitunter an praktische Grenzen

Von Tobias Zell

Bei der Unterbringung von Asylbewerbern beschreitet der Landkreis Pfaffenhofen zusammen mit seinen 19 Gemeinden Neuland. Wie berichtet, haben sich die Kommunen im Rahmen einer Art freiwilligen Selbstverpflichtung bereit erklärt, jeweils etwa zwei Prozent ihrer Einwohnerzahl an Flüchtlingen aufzunehmen und dafür bei Bedarf sogar selbst als Investoren beziehungsweise Bauherren tätig zu werden, um die nötigen Gebäude zu schaffen. So will man im Landkreis zum einen dem nicht abreißenden Zustrom von Flüchtlingen gerecht werden und zum anderen für eine gerechte Verteilung der Asylbewerber in den Gemeinden sorgen. So weit die Theorie. Ein Blick in die einzelnen Kommunen zeigt indes, dass das in der Praxis mitunter gar nicht so einfach wird. Wir haben die Situation in einigen Gemeinden zusammengestellt.

Baar-Ebenhausen: „Wir werden nicht bauen“

„Wir werden nicht bauen“, sagt Ludwig Wayand (CSU), der Bürgermeister von Baar-Ebenhausen. Und er sagt klipp und klar, obwohl seine Gemeinde nach der Zwei-Prozent-Regel noch Plätze für rund 60 Flüchtlinge schaffen müsste. „Wir versuchen, das über Gemeinschafts-Unterkünfte zu lösen“, sagt Wayand und gibt sich optimistisch: Das werde vielleicht schneller gelingen, als mancher glaube. Im Gespräch mit unserer Zeitung ließ er heute keinen Zweifel daran: Seine Gemeinde als Bauherr einer Asylbewerber-Unterkunft – das wird es vorerst nicht geben. „Erst einmal abwarten, was die Bundes- und Landesregierung – auch an Gesetzen – auf den Weg bringt“, lautet Wayands Devise. Und deshalb gilt für ihn: „Keine Schnellschüsse, bevor man in Berlin und München gehandelt hat.“ 

Vohburg: Massivhaus bis Mai

Ganz anders sieht es in Vohburg aus, wo Bürgermeister Martin Schmid (SPD) seinem Stadtrat am Dienstag bereits konkrete Pläne zur Errichtung eines Massivhauses am Rande von Vohburg vorlegen will, in dem 64 Flüchtlinge untergebracht werden könnten. Schmid geht davon aus, dass das Gremium dem Vorhaben positiv gegenübersteht. Er rechne dann mit einer Fertigstellung des Gebäudes im Mai – weiß aber auch, dass seine Stadt damit erst rund die Hälfte ihrer Aufnahme-Quote erfüllt hätte. „Das ist ein erster Schritt“, sagt er. 

Wichtig ist Schmid dabei die Errichtung eines Massivhauses. Denn mit dieser nachhaltigen Lösung schaffe man für die Zukunft auch „dringend benötigte“ Sozialwohnungen. Finanziert werden soll das Vorhaben aus einer der beiden städtischen Stiftungen. Der Rathauschef hofft nun zum einen auf Zustimmung im Stadtrat. Zum anderen aber auch darauf, dass die bürokratischen Hürden für das Projekt nicht zu hoch sind. Sinngemäß lässt er schon mal durchblicken: Sollte es an der Bürokratie scheitern, dann müssten sich diejenigen um die Schaffung von Wohnraum für Flüchtlinge kümmern, die eigentlich zuständig wären. Und das sind bekanntlich nicht die Gemeinden. 

Hettenshausen: „Es ist schwierig“

In der kleinen Gemeinde Hettenshausen ist die Lage kompliziert und guter Rat teuer. Aktuell sind hier sechs Asylbewerber untergebracht – allein die Ein-Prozent-Regelung sähe 20 Personen vor. Und um die zwei Prozent zu erreichen, wäre die Schaffung von 34 Plätzen nötig. „Die Situation ist sehr schwierig“, berichtet uns Bürgermeister Hans Wojta (UWG). „Wir haben ein großes Problem, solidarisch zu sein.“ Und das meint er ganz praktisch. Denn aus seiner Gemeinde lägen dem Landratsamt derzeit keine Angebote für anmietbaren Wohnraum vor. Andererseits habe die Gemeinde „kein geeignetes Grundstück“, um selbst als Bauherr aktiv zu werden. Selbst notfalls denkbare Flächen im Außenbereich wären wohl „kaum zu erschließen“. Abgesehen davon würde die Errichtung eines Gebäudes für eine so kleine Kommune „erhebliche Investitionen“ bedeuten und den Haushalt stark belasten. Wojta will nun die Situation erst einmal mit seinem Gemeinderat besprechen.

Hohenwart: Erst einmal Akquise

Der Hohenwarter Bürgermeister Manfred Russer (CSU) hat seinen Gemeinderat am Montag offiziell über die Situation in Kenntnis gesetzt: Um die Quote von zwei Prozent zu erfüllen, müssen noch rund 60 Plätze für Asylbewerber geschaffen werden. Grundsätzlich habe das Gremium die Bereitschaft signalisiert, für die Errichtung einer Asyl-Unterkunft auf Kosten und Grund der Gemeinde die Hand zu heben. Die Priorität soll aber laut Russer zunächst einmal noch in der Akquise liegen – seinen Worten zufolge gibt es einige Gebäude, die bewohnbar sind und derzeit leerstehen. 

Klar ist für aber Russer: „Wenn wir bauen, dann nachhaltig.“ Er gibt sich zuversichtlich, dass seine Gemeinde im Fall des Falles über geeignete Grundstücke verfügt. Mit diesem Thema werde man sich konsequenterweise beschäftigen müssen, sagt er, betont aber auch. Ein solcher Schritt wolle gut vorbereitet sein, so etwas gehe nicht von heute auf morgen.

Reichertshofen: „Mit Bauen zurückhalten.“

In der 8000-Einwohner-Gemeinde Reichertshofen denkt man derzeit nicht über die Errichtung von Gebäuden zur Unterbringung von Asylbewerbern nach. „Wir werden uns mit Bauen zurückhalten“, sagt Bürgermeister Michael Franken (JWU). Das sei keine Kernaufgabe der Kommune – und er sehe die Gemeinde auch eher nicht als Bauträger. Vor allem aber sieht es danach aus, als würde man in Reichertshofen die Quote von zwei Prozent (das wären rund 160 Personen) auch erfüllen können, ohne als Investor tätig werden zu müssen. 

Bekanntlich sollen demnächst in das ehemalige Pensions-Gasthaus „Däuber“ im Ortsteil Winden am Aign 67 Flüchtlinge einziehen – damit hätte die Gemeinde dann rund 140 Asylbewerber untergebracht. Außerdem berichtet Franken, dass Landrat Martin Wolf (CSU) derzeit an der Anmietung einer Halle im Industriegebiet arbeite. Dort könnten möglicherweise weitere 200 Personen einquartiert werden, so der Bürgermeister. Damit würde Reichertshofen sogar eine Quote von etwa 4,5 Prozent erreichen – und müsste sich über einen möglichen Bau tatsächlich keine Gedanken mehr machen. 

Ersgaden prüft bereits mögliche Baugrundstücke

Ganz anders sieht es in Ernsgaden aus, wo man laut Bürgermeister Karl Huber (CSU) bereits die Errichtung einer Unterkunft für Asylbewerber und Flüchtlinge prüft. „Der Gemeinderat hat sich am Dienstag mit dem Thema in der nicht-öffentlichen Sitzung befasst“, sagt er. Es gehe nun in erster Linie um die Frage des Grundstücks – deshalb erfolgte die Beratung auch unter Ausschluss der Öffentlichkeit. Denn Grundstücks-Angelegenheiten werden nach der Geschäftsordnung nicht-öffentlich behandelt. „Es wäre der Gemeinde lieber, wenn man genügend private Wohnungen und Häuser finden würde“, so der Bürgermeister. „Aufgrund des Engpasses am Immobilienmarkt ist das jedoch derzeit nicht möglich.“ In Ernsgaden leben aktuell acht Flüchtlinge – zwei Prozent der Einwohnerzahl würden 32 Personen bedeuten.

Der Gemeinderat nach den Worten von Huber in der Sitzung zwar festgestellt, dass eigentlich nicht die Kommunen, sondern der Freistaat Bayern für die Unterbringung der Asylbewerber und Flüchtlinge zuständig ist. Man wolle jedoch „einen angemessenen Beitrag zur Lösung der Krise“ erbringen – auch wenn Ernsgaden die kleinste Landkreis-Gemeinde sei und nur einen bescheidenen Beitrag leisten kann.

„Schön wäre es, wenn man vom Bund oder vom Freistaat für die Erfüllung dieser staatlichen Aufgabe Investitionszuschüsse bekommen würde“, sagt Huber. „Ein solches Programm müsste, damit es wirksam ist, schnell und unbürokratisch aufgelegt werden. Es wäre in diesem Fall auch ein „Konjunkturprogramm für die Bauwirtschaft.“ Insbesondere sei es wichtig, die Investitionen so zu gestalten, dass die anderen Projekte der Gemeinde nicht darunter leiden.

In der besagten Sitzung ging es laut Huber um sechs konkrete Standorte, die nun auf ihre Bebaubarkeit hin untersucht werden sollen. Diese lägen alle im Gewerbegebiet oder in dessen Umfeld, so dass eine genaue Prüfung durch das Landratsamt erforderlich sei – insbesondere im Hinblick auf die rechtliche Situation des Grundstücks (Außenbereich) und auf Lärm-Emissionen. Wenn diese Ergebnisse vorliegen, könne man sich mit den weiteren Fragen beschäftigen, insbesondere der Bauweise – wobei es hier verschiedene Varianten gebe. 

Ilmmünster: „Auf die Schnelle kein Grundstück“ 

Wie in praktisch allen Gemeinden sucht man auch in Ilmmünster händeringend nach anmietbaren Wohnungen, um die Asylbewerber unterzubringen. Und wie praktisch in allen Gemeinden ist das „nicht so leicht“, sagt Bürgermeister Anton Steinberger (CSU). Derzeit leben 13 Flüchtlinge in der 2100-Seelen-Kommune – es fehlen also jetzt schon acht Plätze. Um die Quote von zwei Prozent zu erfüllen, müssten insgesamt 42 Asylbewerber aufgenommen werden. „Wir sind bemüht, das zu erfüllen“, versichert Steinberger. Doch allzuviel dürfte der Wohnungsmarkt in Ilmmünster nicht mehr hergeben. Möglicherweise wird sich also auch hier der Gemeinderat notgedrungen mit der Errichtung einer Asyl-Unterkunft befassen müssen. 

„Konkret geplant haben wir derzeit aber noch nichts“, sagt Steinberger. Das würde auch gar nicht so rasch gehen, betont er mit Blick auf den laufenden Haushalt und die potenziellen Kosten von mehreren hunderttausend Euro. „Auf die Schnelle haben wir außerdem kein Grundstück, dass sich eignen würde und wo wir morgen mit dem Bau beginnen könnten.“ Will sagen: Die Gemeinde müsste entweder erst irgendwo Baurecht schaffen oder eine geeignete Fläche kaufen. All diese Überlegungen werde man in die Beratungen für den Haushalt 2016 einbeziehen müssen, sagt Steinberger.

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