Erfolgsprojekt Bürgerbus: Wie eine Gemeinde das "überhaupt nicht ausreichende ÖPNV-Angebot" in Eigenregie ausbaut
(ty) Die Gemeinde Reichertshausen kümmert sich um die Mobilität ihrer Bürger. Bereits im Jahr 2010 hatte der Rat beschlossen, das nach den Worten von Bürgermeister Reinhard Heinrich (CSU) „überhaupt nicht ausreichende ÖPNV-Angebot“ in Eigenregie auszubauen. Ziel war es, nicht nur die Ortschaften entlang der Hauptverkehrsachse zu bedienen, sondern alle größeren Dörfer in der Kommune einzubinden – damit möglichst viele Bürger nicht nur zu den Bahnhöfen in Reichertshausen und Oberpaindorf, sondern auch in den Hauptort sowie darüber hinaus nach Pfaffenhofen zur Ilmtalklinik, zum Hauptplatz oder zum Gebewerbegebiet gelangen können.
So entstand damals der Bürgerbus. In einem ersten Schritt war – sozusagen zur Probe – ein Fahrzeug angemietet worden; doch nun zündet die Kommune sozusagen Stufe zwei: Nicht zuletzt durch die Zuschüsse von zwei Sponsoren konnte jetzt ein neuer Bus angeschafft werden. Und der wurde gestern offiziell gesegnet. Gekommen waren dazu die evangelische Pfarrerin Doris Arlt und die katholische Gemeindereferentin Christiane März. Herrmann Hönning, der Chef der elf ehrenamtlichen Fahrer, bekam schließlich vom Bürgermeister symbolisch den Schlüssel überreicht. Nun heißt es: Allzeit gute Fahrt!
Der Bus, der nach Angaben der Gemeinde rund 45 000 Euro gekostet hat, ist künftig aber nicht nur auf der Bürgerbus-Linie unterwegs, sondern kann – so haben es die Kommunalpolitiker beschlossen – zum Selbstkostenpreis auch für Vereins- oder Jugendfahrten ausgeliehen werden. Fahrer-Chef Hönning dankte der Gemeinde für die Anschaffung des Busses. Man habe ihn so bekommen, wie man ihn gewollt habe, sagte er unter anderem mit Blick auf die ausfahrbare Treppe, die den Senioren das Aus- und Einsteigen erleichtert. Der Bürgerbus werde inzwischen so gut angenommen, dass man die Tour am Dienstag oft schon zwei Mal fahren müsse, freute er sich und dankte auch seinen Fahrer-Kollegen.
Herrmann Hönning (rechts), der Chef der ehrenamtlichen Fahrer, bekam vom Bürgermeister symbolisch den Schlüssel überreicht.
Bürgermeister Heinrich blickte auf die „Erfolgsgeschichte“ des Reichertshausener Bürgerbusses zurück. Bei Vorüberlegungen habe man sich damals – anders als viele Gemeinden – bewusst gegen ein Rufbus-Konzept entschieden. Man wollte keine Beförderung nach telefonischer Anmeldung, sondern feste Linien mit festem Fahrplan und festen Haltepunkten. Das habe sich aus heutiger Sicht auch als richtig erwiesen, so der Rathauschef.
Allerdings habe man damals nicht gewusst, ob das Angebot genutzt wird. Deshalb habe man beschlossen, erst einmal probeweise ein Fahrzeug anzumieten – das war bis vor Kurzem im Einsatz. Um die Bürgerbus-Fahrten kostengünstig anbieten zu können, waren freilich Fahrer nötig. Heinrich lobte deshalb besonders das unentgeltliche Engagement des Chauffeur-Teams, das inzwischen elf Leute umfasst.
Als Organisationsform für den Bürgerbus wurde ein eigener Verein ins Leben gerufen, dem Hönning vorsteht. Damit das Ganze auch optisch was hermacht, wurde ein Bürgerbus-Logo entwickelt und die Fahrer wurden mit entsprechender Kleidung ausgestattet. Nachdem der Gemeinderat den Beschluss gefasst hatte, dass die Kommune das Defizit des Bürgerbusses komplett trägt, konnte der Betrieb aufgenommen werden. Und nun, so Heinrich, habe sich schnell gezeigt: Das Angebot kommt an. Eine Einzelfahrt im Gemeindebereich kostet gerade mal einen Euro, nach Pfaffenhofen macht es 1,50 Euro. Inzwischen ist der Bus jeden Montag, Dienstag und Donnerstag zwischen Steinkirchen, Reichertshausen und Pfaffenhofen auf Tour.
Ohne sie geht gar nichts: Die ehrenamtlichen Fahrer vor dem neuen Bus.
Den Fahrgast-Zahlen habe man entnehmen können, dass der Bürgerbus zunehmend gefragt ist, berichtete Heinrich. Deshalb sei man schließlich übereingekommen, das Konzept weiter zu optimieren. Vor allem wurde beschlossen, einen eigenen Bus zu kaufen, der zum Beispiel über einen großen Kofferraum verfügt – um nicht nur Kinderwagen und Rollatoren mitnehmen zu können, sondern auch Platz für größere Einkäufe zu haben.
Ein solcher Bus kostet um die 45 000 Euro. Hierfür machten die beiden genannten Banken die Schatulle auf – unterm Strich hat die Gemeinde unter Berücksichtigung der ÖPNV-Förderung laut Heinrich letztlich nur 50 Prozent der Kosten für den Erwerb des Fahrzeugs zu tragen. Sein Dank galt deshalb Sparkassen-Vorstandschef Norbert Lienhardt und Rainer Müller, dem Regionalleiter der Volksbank-Raiffeisenbank Bayern-Mitte, für das „bürgernahe“ Engagement ihrer Häuser.