Landtagspräsidentin Barbara Stamm boykottiert das nächste Politiker-Derblecken in München: Stattdessen könnte sie zeitgleich im Kloster Scheyern feiern. Diese Idee kam heute auf – und die CSU-Politikerin ist nicht abgeneigt, sie will angeblich sogar Gulasch-Suppe kochen. Schlagzeilen sind schon mal sicher.
Von Tobias Zell
Gibt es im kommenden Jahr, während die bayerische Polit-Prominenz beim traditionellen Starkbier-Event am Münchner Nockherberg weilt, zeitgleich eine „Gegenveranstaltung“ im berühmten Kloster Scheyern mit Landtagspräsidentin Barbara Stamm (CSU) als Ehrengast? Danach sieht es schwer aus – zumindest, wenn man das zusammenfasst, was am heutigen Samstag in dem ehrwürdigen Kloster zu hören war. Und sollte es tatsächlich so kommen, wäre das ein Paukenschlag. „Das machen wir“, wird Stamm zitiert. Das dürfte für weitere Schlagzeilen sorgen. Und mittendrin: Der CSU-Kreisverband Pfaffenhofen.
Die einflussreiche CSU-Politikerin Stamm hat bekanntlich vorerst keine Lust mehr auf den Nockherberg und will nächstes Mal nicht mehr hin. Dazu später noch mehr. Bei den für den Kreis Pfaffenhofen zuständigen Abgeordneten in Sachen Bund und Land erntet sie mit ihrer Entscheidung volles Verständnis. Es sei „komplett daneben“ gewesen, wie da heuer mit Frauen umgegangen worden sei, sagte der Landtagsabgeordnete und Pfaffenhofener CSU-Kreisvorsitzende Karl Straub heute bei einer Veranstaltung in Scheyern, in deren Mittelpunkt eine Rede von Stamm stand. Er findet, es sei ein „tolles Signal“, dass die Landtagspräsidentin im kommenden Jahr dem Nockherberg fernbleiben wolle.
Auch der Bundestagsabgeordnete Erich Irlstorfer (CSU) aus Freising unterstützt Stamms Entscheidung. Er dankte ihr heute für ihre klare Haltung zum Thema Kunst, Kabarett und Nockherberg. Weil auch als Politiker(in) müsse man sich nicht alles gefallen lassen. Stamm habe „klare Kante“ gezeigt, lobte Irlstorfer.
Gern gesehen in Scheyern ist Barbara Stamm. Heute Nachmittag wurde sie unter anderem von MdL Karl Straub (von links), Ex-Staatssekretärin Erika Görlitz, Abt Markus, Bürgermeister Manfred Sterz und Pater Lukas begrüßt.
Und während die Landtagspräsidentin heute Nachmittag zum Thema „Die Würde des Menschen ist unantastbar“ sprach, kam Irlstorfer seinen Worten zufolge die spontane Idee: Man könnte doch nächstes Jahr ein Starkbierfest im Kloster Scheyern abhalten – und zwar just an dem Tag, da das Nockherberg-Event steigt. Und weil Barbara Stamm da ja nicht hingeht, hätte sie doch an diesem Abend Zeit und könnte kommen.
Irlstorfer hat, so berichtete er, noch vor Ort Abt Markus und Pater Lukas vom Kloster über seinen Geistesblitz in Kenntnis gesetzt – und von ihnen grünes Licht bekommen für das geplante Ereignis in den ehrwürdigen Gemäuern. Gulasch-Suppe könnte man machen – dieser kulinarische Vorschlag kam laut Straub sogar von Stamm selbst. Die sei übrigens eine „hervorragende Köchin“. Und eine Starkbier-Rede soll es freilich geben. Der Erich, verriet Straub im Gespräch mit unserer Zeitung, der Erich Irlstorfer, sei nämlich ein begnadeter Fastenprediger.
Barbara Stamm selbst zeigte sich jedenfalls – nicht nur wegen der Gulasch-Suppen-Idee – alles andere als abgeneigt. „Karl, das machen wir“, sei ihre Reaktion gewesen, berichtet uns Straub. Der geht davon aus, dass seine Parteifreundin („Sie ist das Gewissen der CSU“) es durchaus ernst gemeint hat, und rechnet damit, dass das auch klappt. „Wir haken am Montag gleich nochmal nach und schicken ihr ein offizielles Anschreiben“, sagte Straub.
Nicht nur eine Einladung bekam Barbara Stamm heute, sondern auch Geschenke: MdL Karl Straub (von links) und Hans-Joachim Lojewski, der Vorsitzende der hiesigen Senioren-Union, hatten Präsente parat. Im Hintergrund der Bundestagsabgeordnete Erich Irlstorfer.
Die ganze Idee hat mehr als bloßen Gaudi-Charakter und ist – das wurde klar – nicht nur ein Gedankenspiel. Das signalisierte Stamm nach ihrer Rede in Scheyern dann auch auf Anfrage unserer Zeitung. Sie selbst wolle aber „leise“ mit dem Thema umgehen, erklärte sie. Wohl angesichts der Aufregung um den jüngsten Nockherberg und wegen ihrer Aufsehen erregenden Absage fürs nächste Jahr. „Das Thema ist für sie durch“, weiß Straub: „Jetzt kommt sie halt zum Starkbierfest zu uns nach Scheyern.“ Nicht minder zuversichtlich gibt sich der Bundestagsabgeordnete Irlstorfer: „Wir machen das auf jeden Fall.“
Zum Hintergrund
Barbara Stamm will bekanntlich im kommenden Jahr das Politiker-Derblecken auf dem Nockherberg boykottieren. Die CSU-Politikerin war nicht damit einverstanden, wie Kabarettistin Luise Kinseher alias Mama Bavaria heuer in ihrer Fastenpredigt mit einigen Frauen in der bayerischen Politik umgesprungen ist. Wirtschaftsministerin Ilse Aigner (CSU) wurde heftig abgewatscht, unter anderem als „Kellerprimel“ tituliert. Sozialministerin Emilia Müller (CSU) hörte sich als „blindes Huhn“ abgekanzelt und Umweltministerin Ulrike Scharf (CSU) musste sich angesichts des Bayern-Ei-Skandals als „Hendl“ bezeichnen lassen.
Stamm ließ noch in der TV-Sendung am 24. Februar nach der Fastenpredigt wissen, dass sie die Art und Weise, wie hier mit Politikerinnen umgegangen worden war, überhaupt nicht goutiert und auch nicht mehr lustig findet. Der Geschäftsführer der Paulaner-Brauerei, die das Starkbier-Spektakel am Nockherberg veranstaltet, erklärte daraufhin in einem Interview mit der Abendzeitung: „Die ärgern sich noch bis übermorgen – und nächstes Jahr wollen sie dann doch alle wieder eine Einladung.“
Das trifft offensichtlich nicht für Barbara Stamm zu. Für sie ist Schluss mit lustig. Wie die „Süddeutsche Zeitung“ bereits Mitte März berichtete, hat sie sich schriftlich an den Geschäftsführer der Paulaner-Brauerei gewandt. „Sehr freundlich und sehr bestimmt habe ich ihm mitgeteilt, dass ich kein Interesse mehr an der Veranstaltung habe. Er möge mich bitte von der Einladungsliste streichen", wurde sie zitiert. Der Alternativ-Termin wäre in Scheyern. Mit Gulasch-Suppe plus Predigt vom Erich. Und vielleicht ja sogar in Begleitung von Ministerin Emilia Müller – denn die hat laut einem Bericht der Abendzeitung auch schon ihre Teilnahme am Nockherberg 2017 abgesagt.
Einen ausführlichen Bericht zum Vortrag von Barbara Stamm im Kloster Scheyern lesen Sie hier:Von Wertschätzung, Ankerkennung und Transparenz