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Landtagspräsidentin Barbara Stamm (CSU) sprach im Kloster Scheyern über die Würde des Menschen, die laut Grundgesetz unantastbar ist 

(zel) „Eine ganz besondere Frau Bayerns“ habe man zu Gast. „Das Gewissen der CSU.“ Sie verkörpere „Stil, Anstand und Niveau“. Dass im bayerischen Landtag ein so gutes Klima herrsche, dafür sorge sie. Mit diesen Worten kündigte Karl Straub, selbst Abgeordneter und zudem Vorsitzender der CSU im Kreis Pfaffenhofen, seine Parteifreundin gestern in Scheyern an. Die Rede ist von Landtagspräsidentin Barbara Stamm, die auf Einladung der Senioren-Union im altehrwürdigen Kloster referierte. Ihr Thema: „Die Würde des Menschen ist unantastbar.“ Bekanntlich lautet so einer der zentralen Sätze des Grundgesetzes.

Begrüßen durfte Straub neben Abt Markus und Pater Lukas vom Kloster unter anderem den hiesigen Bürgermeister Manfred Sterz (FW), den Pfaffenhofener Altbürgermeister Hans Prechter (CSU) und die frühere Staatssekretärin Erika Görlitz (CSU). Manfred Russer (CSU), der Rathauschef von Hohenwart und Sprecher aller 19 Bürgermeister im Landkreis, war ebenso gekommen wie Emilie Bergmeister als Chefin der hiesigen Frauen-Union. Und natürlich Fabian Flössler sowie Christian Moser – beide engagierte JU-Politiker und zugleich CSU-Kreisgeschäftsführer.

Demografischer Wandel und "soziale Verarmung" 

Viele Menschen teilen das Schicksal, dass sie zu spät kommen – aber bei manchen falle es eben mehr auf, sagte Abt Markus in seinem Grußwort mit Blick auf die rund 30-minütige Verspätung von Stamm. Sie absolvierte gestern mehrere Termine und tourte dafür quer durch den Freistaat. Die Unantastbarkeit der Menschenwürde sei eben nicht selbstverständlich, betonte der Abt zum Thema von Stamms Vortrag. Bürgermeister Sterz erinnerte daran, dass Scheyern einst die Wiege der Wittelsbacher war, heute rund 5000 Einwohner zählt und seit Februar 50 Flüchtlinge aufgenommen hat. Die Asylbewerber hätten sich „gut eingelebt“, auch darauf sei man stolz. 

Hans-Joachim Lojewski, der Kreis- und Bezirksvorsitzende der Senioren-Union, auf dessen Betreiben hin die gestrige Veranstaltung zustande gekommen war, führte zum Thema hin, indem er den Brief verlas, mit dem er um den Besuch von Barbara Stamm gebeten hatte. Er beleuchtete kritisch die aktuelle Situation sowie die Herausforderungen im gesellschaftlichen, wirtschaftlichen, sozialen und politischen Bereich, unterstrich den demografischen Wandel und warnte vor einer „sozialen Verarmung“. 

Barbara Stamm wurde unter anderem von MdL Karl Straub (von links), Ex-Staatssekretärin Erika Görlitz, Abt Markus, Bürgermeister Manfred Sterz und Pater Lukas begrüßt.

Stamm betonte gleich eingangs, wie wichtig es sei, den Dialog zu führen in diesen Zeiten, da die Welt aus den Fugen geraten sei – auch wegen der neuen Medien. Notleidende Menschen wüssten dadurch heute, dass es auf der Welt auch andere Regionen gibt, in denen es den Leuten besser geht, sagte sie sinngemäß. Dass die Würde des Menschen unantastbar sei, habe auch ein christliches Fundament, betonte Stamm. Wäre es vor einigen Jahren noch möglich gewesen, am Karsamstag ein Fußball-Länderspiel auszutragen, fragte sie – und ließ durchblicken, dass sie sich gegen die Ansetzung durchaus Widerstand erhofft hätte.

Die Menschen bräuchten „aufrichtige Zuwendung“, sagte Stamm mehrfach in ihrem Vortrag. Es gelte, füreinander da zu sein und sich auszutauschen – aber nicht anderen nach dem Mund zu reden. Der Mensch müsse im Mittelpunkt stehen, so ihr Credo. Dass das Vertrauen vieler in die Gesellschaft schwinde, liege nicht nur an der Flüchtlings-Thematik, sondern sei ein „schleichender Prozess“, den man nur lange nicht wahrhaben wollte. Die Parteien hätten sich immer nur für ihre eigenen Wahlergebnisse interessiert  und dabei nicht gesehen, dass der Anteil der Nicht-Wähler immer größer geworden sei. 

Gegen Ideologie und für Betreuungsgeld 

Kritische Töne schlug Barbara Stamm, deren Tochter Claudia für die Grünen im bayerischen Landtag sitzt, auch zum Freihandelsabkommen an. „Warum machen die das so geheim, wenn wir das unbedingt brauchen?“ Für die CSU-Politikerin ist das eine sehr  berechtigte Frage, die sie mit der grundsätzlichen Forderung nach Transparenz verbindet. In der Politik sage man immer so schön: „Wir müssen die Menschen mitnehmen.“ Aber das sei in der Praxis eben anstrengend – denn dann müsse man sich natürlich auch mit ihnen auseinandersetzen.

Stamm sprach sich generell für eine größere gegenseitige Wertschätzung aus und warb für die Anerkennung von Leistungen. Den Politikern attestierte sie in diesem Zusammenhang eine Vorbild-Funktion. „Wo Ideologie um sich greift, sehen wir nicht mehr den Menschen im Mittelpunkt“, mahnte sie. Sie selbst habe zum Beispiel dem Betreuungsgeld zunächst neutral gegenübergestanden, inzwischen sei sie begeistert davon. Sie verwahrte sich gegen die Bezeichnung „Herdprämie“ – für sie ein abwertender, ja ideologischer Begriff. 

 

Zahlreiche Zuhörer waren gekommen, um Stamms Vortrag zu hören. Hier führt Hans-Joachim Lojewski, der Vorsitzende der Senioren-Union, auf dessen Initiative hin der Termin zustande kam, gerade zum Thema hin.

Selbstkritisch zeigte sich Stamm im Namen der CSU beim Thema Schulreform(en). Ein paar weniger hätte man vielleicht machen sollen – oder etwas durchdachter vorgehen, räumte sie ein. Bildung sei eine staatliche Aufgabe, aber Stamm sieht auch die Eltern in der Verantwortung. „Fördern und fordern, aber nicht überfordern“, das gilt ihrer Meinung nach in Sachen Bildung privat wie schulisch.

Ihr sei es wichtig, nicht immer nur abstrakt über die Würde des Menschen zu sprechen, betonte Stamm und stellte die Bedeutung der Familie heraus. „Wer meint, dass Familie out ist, der ist völlig auf dem Holzweg“, sagte sie. Die Gesellschaft und die Arbeitswelt müssten aber lernen, dass junge Eltern mehr Zeit für ihre Kinder wollen. Wer glaube, man könne alles durch Betreuung regeln, der arbeite an den Familien vorbei. „Wir müssen in gesunde Strukturen investieren“, forderte die CSU-Politikerin und betonte auch die „Würde des Ehrenamts“.

Gegen Erbschaftssteuer und für die Würde des Unternehmers 

Politik könne nur die Rahmenbedingungen setzen, sagte Stamm. Die Erbschaftssteuer verurteilte sie unter anderem mit der Argumentation, es gebe auch die „Würde des Unternehmers“. Zur Würde des Menschen gehört für Stamm ferner die Frage, wie man mit der älteren Generation umgeht. Man könne doch nicht sagen, in der Nachkriegsgeneration sei nichts geleistet worden, monierte sie mit Blick auf die geringen Renten dieser Menschen. Zugleich verwies sie auf den Generationenvertrag. Auch die Leistung der jüngeren Leute müsse sich lohnen. Das sei die „Würde der Leistung“. 

In Zusammenhang mit der „Würde des Menschen in der Pflege“ lobte Stamm die jüngsten Entscheidungen zur Palliativ-Versorgung und zum umstrittenen Thema Hospiz als „Sternstunde“ des deutschen Bundestags. „Nicht durch die Hand eines Menschen sterben, sondern an der Hand“, lautet ihre ebenso bildhafte wie unmissverständliche Sichtweise. Denn es gebe auch eine „Würde am Ende des Lebens“.

Nicht nur eine Einladung zum Starkbierfest bekam Barbara Stamm gestern, sondern auch Geschenke: MdL Karl Straub (von links) und Hans-Joachim Lojewski, der Vorsitzende der hiesigen Senioren-Union, hatten Präsente parat. Im Hintergrund der Bundestagsabgeordnete Erich Irlstorfer.

Religionsfreiheit bezeichnet die CSU-Politikerin als großes Geschenk. In den vom „Islamischen Staat“ (IS) beherrschten Gebieten sei sie zum Beispiel nicht gewährleistet. Im bayerischen Landtag hänge ein Kreuz und das werde dort bleiben, auch bei externen Veranstaltungen, betonte Stamm – wem das nicht passe, der solle seine Veranstaltung woanders abhalten. 

Zur Flüchtlings-Problematik mahnte die Landtagspräsidentin an: Europa müsse aufwachen und diese Frage lösen. Dem bayerischen Ministerpräsidentin Horst Seehofer (CSU) dürfe man deshalb auch seinen Besuch bei Putin nicht vorwerfen – denn ohne Russland komme man hier nicht weiter. „Ohne Putin kann ich Syrien nicht lösen“, sagte Stamm wörtlich und forderte später auch die Würde der Politiker ein, die oft in schwierigen Entscheidungsfindungen stünden. Zum Abschluss fasste sie zusammen: Es gelte, den Menschen in den Mittelpunkt zu nehmen und die Demokratie zu verteidigen.

Irlstorfer: Mit dem Begriff "menschenunwürdig" nicht übertreiben 

Erich Irlstorfer, der als Freisinger Bundestagsabgeordneter auch für den Landkreis Pfaffenhofen zuständig ist, bezeichnete Stamms Ausführungen als „wohltuend“. Er dankte ihr dafür, dass bei ihrem Vortrag auch die „Würde des Menschen im Beruf“ klar herausgekommen sei.

Außerdem wandte sich der CSU-Abgeordnete gegen die inflationäre Anwendung des Begriffs „menschenunwürdig“. Mit diesem Wort sei man zum Beispiel oft zur Stelle, wenn es um Lärmschutz oder um die Unterbringung von Flüchtlingen gehe. Wenn eine Holzheizung aber menschenunwürdig sei, sagte Irlstorfer über Quartiere für Asylbewerber, dann habe er selbst viele Jahre menschenunwürdig gelebt. „Wir dürfen hier nicht übertreiben“, forderte er. 

Weiterer Beitrag zum Thema:

Prominenter Anti-Nockherberg mit Barbara Stamm in Scheyern?


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