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Warum die gestrigen Bürgerentscheide nicht zwingend zur Folge haben, dass in der Gemeinde überhaupt kein Windrad errichtet werden darf

(ty/zel) Nach dem gestrigen Bürgerentscheid in Ilmmünster ist die Freude der Windkraft-Gegner vermutlich groß: Die Mehrheit der 1168 Einwohner, die ihr Kreuzchen gemacht hatten, sprach sich gegen Windräder in ihrer Kommune aus. Dieses Votum hat den Stellenwert eines Gemeinderat-Beschlusses. Damit ist klar: Der geplante Windpark im Wittelsbacher Forst, der drei Anlagen umfasst hätte, wird nicht realisiert. Die Gemeinde wird den entsprechenden Bebauungsplan nicht aufstellen, das Vorhaben landet damit im Papierkorb. Und jetzt kommt das große Aber. 

Denn so unmissverständlich die beiden gestrigen Ergebnisse ausgefallen sind und so groß der Jubel bei den Windkraft-Gegnern auch sein mag – das Ergebnis der beiden Bürgerentscheide bedeutet nicht unbedingt, dass in der Gemeinde Ilmmünster überhaupt keine Windräder gebaut werden können. Nein, das bedeutet nur, dass die Kommune – entsprechend dem Bürger-Votum – nichts dafür tun wird, dass welche errichtet werden. Doch für die Errichtung von Windrädern braucht es nicht zwingend einen vom Gemeinderat aufgestellten Bebauungsplan.

 

Die 19 Kommunen im Landkreis Pfaffenhofen haben bekanntlich gemeinsam eine so genannte Positiv-Planung für Windräder ausgearbeitet. Das heißt: Es wurden all jene Flächen im Landkreis-Gebiet exakt festgelegt, auf denen Windräder möglich sind. „Die im sachlichen Teilflächennutzungsplan Windkraft festgelegten Konzentrationsflächen für die Windkraft-Nutzung bewirken, dass Windkraft-Anlagen im Außenbereich auf diesen Flächen verwirklicht werden müssen“, verdeutliche eine Sprecherin des Landratsamts. 

Eine dieser Konzentrationsflächen ist der Wittelsbacher Forst bei Ilmmünster. Die Gemeinde wollte – auf Antrag des Regensburger Projekt-Entwicklers „Primus“ – einen Bebauungsplan aufstellen, um den Weg für einen Windpark in dem Waldgebiet zu bereiten. Zunächst waren vier Anlagen geplant, zuletzt ging es um drei. Die Ergebnisse der gestrigen Bürgerentscheide haben nun aber zur Folge, dass der Gemeinderat diesen Bebauungsplan nicht aufstellen wird. Denn die Mehrheit der Ilmmünsterer will keine Windräder haben. Hier können Sie die Ergebnisse der Bürgerentscheide nachlesen.

Zwar ist ein Bürgerentscheid nur für ein Jahr bindend – doch es ist wohl eher nicht davon auszugehen, dass der Gemeinderat von sich aus nach Ablauf dieser Frist in absehbarer Zeit einen weiteren Anlauf starten wird. „Wir haben dieses klare Ergebnis als Demokraten zu akzeptieren“, hatte Bürgermeister Anton Steinberger (CSU) gestern bereits erklärt. Sprich: Das Thema Bebauungsplan für Windräder in Ilmmünster ist kein Thema mehr. 

Aber man braucht eben nicht zwingend einen Bebauungsplan. Denn da ist ja noch die 10H-Regelung. Die legt bekanntlich fest, dass der Abstand von Windkraft-Anlagen zu Wohngebieten mindestens das Zehnfache der jeweiligen Windrad-Höhe betragen muss. Ist das erfüllt, geht es mitunter auch ohne Bebauungsplan.

Auf Anfrage unserer Zeitung heißt es dazu aus dem Landratsamt. „Windkraft-Anlagen, die einen Abstand von 10H zur maßgeblichen Bebauung einhalten, sind auch ohne Erlass eines gesonderten Bebauungsplanes durch die Gemeinde als so genannte privilegierte Vorhaben (§ 35 Abs. 1 Baugesetzbuch – BauGB) im Außenbereich zulässig, sofern sie sich in einer Konzentrationsfläche für die Windkraft befinden.“ 

Doch damit nicht genug: Denn 10H gilt zwar für Wohngebiete, aber nicht für jedes einzelne Wohnanwesen. Dazu wird von Seiten des Landratsamts erklärt: „Der Abstand von 10H muss im Hinblick auf einzelne Wohngebäude (Einzelgehöfte, Weiler), die planungsrechtlich als Außenbereich einzustufen sind, nicht eingehalten werden.“ Ungeachtet von 10H gelten aber die üblichen immissionsschutz-rechtlichen Vorgaben.

Außenbereich, Konzentrationsfläche, 10H 

Bei der Frage, was als Außenbereich gilt, dreht man den Spieß am besten um. Ein Außenbereich im genannten Sinne liegt laut Kreisbehörde nicht vor, wenn die  Bebauung im Geltungsbereich eines Bebauungsplans (§30 BauGB), im bauplanungsrechtlichen Innenbereich (§ 34 BauGB) oder im Geltungsbereich einer so genannten Außenbereichssatzung (§ 35 Abs. 6 BauGB) liegt. „Bei Windkraft-Anlagen, die die 10H-Abstandsregelungen zu den genannten Wohngebäuden nicht einhalten, ist in der Regel ein gemeindlicher Bebauungsplan erforderlich, um deren Zulässigkeit zu ermöglichen“, heißt es zur Verdeutlichung.

Doch noch Windräder möglich? 

Fasst man all das zusammen, so scheint es durchaus möglich, dass im Wittelsbacher Forst dennoch Windräder errichtet werden können. Das wäre wohl dann der Fall, wenn die Standorte der Anlagen in der Positiv-Fläche liegen und wenn die 10H-Regelung eingehalten wird. Die Einhaltung der 10H-Regelung könnte man zum Beispiel in der Praxis auch dadurch befördern, dass man die Windräder entsprechend günstig in der Konzentrationsfläche platziert und/oder die Höhe der Anlagen entsprechend wählt. Ob das wirtschaftlich ist, ist ein anderes Thema – das ein Investor für sich zu klären hätte.

Möglicherweise können Windräder aber doch noch einmal zum Thema in Ilmmünster werden. Und möglicherweise können die Windkraft-Gegner sie dann nicht mehr verhindern. 

Für die BEG ist Ilmmünster kein Thema mehr

Kein Engagement  mehr zu erwarten ist allerdings in Sachen Windkraft in Ilmmünster von der hiesigen Bürgerenergie-Genossenschaft (BEG). Die war von der Gemeinde ja hinzugezogen worden, um die finanzielle Bürgerbeteiligung für den geplanten Windpark im Wittelsbacher Forst zu organisieren. Außerdem hatte die BEG signalisiert, dass sie im Falle einer Realisierung des Vorhabens die Anlagen auch gerne übernehmen und dann selbst betreiben würde. Das ist nun alles vom Tisch, der Bürger-Windpark kommt nicht. 

„Für unsere Genossenschaft sind keine Unkosten oder Verluste entstanden“, stellte die BEG heute klar. Die Vorleistungen und Planungskosten müssen demnach komplett vom Antragsteller „Primus“ getragen werden. Für die BEG habe sich mit dem gestrigen Bürger-Votum „lediglich der Auftrag zur Organisation der finanziellen Bürgerbeteiligung, zu welchem uns die Gemeinde Ilmmünster angefragt hat, erledigt“.

Und erledigt hat sich für die BEG eben auch ein mögliches künftiges Windkraft-Engagement in der Gemeinde. „Selbst wenn ein fremder Investor in Ilmmünster irgendwann andere Pläne einreicht, sehen wir uns dann an das Bürgervotum gebunden“, stellte die Genossenschaft heute klar. Sie schließt aus den Ergebnissen des Bürgerentscheids, dass die Mehrheit der Ilmmünsterer der Meinung ist: „Keine Bürgerbeteiligung – keine lokale Wertschöpfung.“

Nächstes Bürgerentscheid in Pfaffenhofen 

Bei der BEG bereitet man sich indes auf den Bürgerentscheid in Pfaffenhofen vor, der voraussichtlich am 9. Oktober stattfindet. Bekanntlich will die Genossenschaft im Förnbacher Forst drei Windkraft-Anlagen errichten – hier tritt sie selbst als Bauherr auf. Und gibt sich optimistisch. „Wir sind davon überzeugt, dass sich die Bürgerinnen und Bürger der Kreisstadt mehrheitlich für unsere Projekt entscheiden werden.“

Bisherige Beiträge zum Thema:

Bürgerentscheid: Ilmmünster sagt Nein zu Windrädern

Windpark Ilmmünster? Jetzt ist Bürgerentscheid

„Hinterfotziger Drecksack“

Ilmmünsterer Windpark-Befürworter formieren sich

Wohl nur drei statt vier Windräder für Ilmmünster

Das große Winden 

Auf dem Weg zum "Windpark Ilmmünster"


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