Die Klage eines Gasts, der bei dem Vorfall in einer Wirtschaft einen doppelten Sprunggelenk-Bruch erlitt, wurde abgewiesen. Der Wirt konnte nichts dafür, so das Urteil: Es handelte sich um einen schicksalshaften Unfallverlauf, den niemand voraussehen konnte.
(ty) Es war ein ungewöhnlicher Fall, mit dem es das Ingolstädter Landgericht da im Rahmen eines Zivilverfahrens zu tun hatte. Im Fasching bracht seinerzeit in einem Wirtshaus der Stuhl zusammen, mit bösen Folgen für den Gast – und jetzt ging es um ein mögliches Schmerzensgeld. Der Zwischenfall, um den sich das Verfahren drehte, ereignete sich während einer Faschings-Veranstaltung am 11. November 2015 in Wolnzach. In einem typischen Landgasthof mit Massivholz-Bestuhlung, wie es heißt.
Laut Landgericht war Folgendes passiert. Kurz nach Eintreffen des Klägers um etwa 19 Uhr gab es Essen: Schnitzel. Der beklagte Wirt stand deswegen in der Küche. Die Schnitzel sollen übrigens nach Angaben der Beteiligten sehr schmackhaft gewesen sein. Als der Kläger jedenfalls gerade den zweiten Bissen zu sich nehmen wollte, klappte der Stuhl ohne vorherige Anzeichen unter ihm weg, weil die Verleimung der Leiste, in der wiederum die Stuhlbeine befestigt sind, mit der Sitzfläche nachgab.
Bereits beim ersten Gerichtstermin im April hatte der Kläger versichert, dass weder er noch der Stuhl vorher gewackelt hätten. Durch den Sturz erlitt er jedenfalls eine zweifache Fraktur des linken Sprunggelenks und war daraufhin mehrere Monate arbeitsunfähig. Dafür machte er den Wirt verantwortlich: Er forderte von ihm rund 1600 Euro Schadensersatz – insbesondere ging es um Lohnausfall und Physiotherapie-Kosten – sowie obendrein mindestens 10 000 Euro Schmerzensgeld.
Die Klage wurde gestern abgewiesen, da es sich nach Überzeugung des Gerichts um einen schicksalshaften Unfallverlauf gehandelt habe, den niemand voraussehen konnte. Jeder Wirt müsse zwar grundsätzlich für die Sicherheit seine Gäste sorgen – aber eben nur in zumutbarem Maße. Besonders bitter für den Kläger: Nicht nur seine Klage wurde abgewiesen, er trägt auch die Kosten des Verfahrens.
Das Landgericht hat in seinem Urteil bekräftigt, dass stabile hölzerne bayerische Wirtshausstühle – auch wenn sie, wie im vorliegenden Fall, bereits 15 Jahre alt waren – keiner regelmäßigen „Rüttelprobe“ unterzogen werden müssen. Bei solchen Stühlen handle es sich nicht „um allgemein als gefahrtragend anzusehende Einrichtungen“. Eine allgemeine Sichtkontrolle bei den üblichen Wisch- und Reinigungsarbeiten in der Wirtsstube reiche daher aus, befand das Gericht. Und eine solche allgemeine Kontrolle habe der Wirt durch das regelmäßige Hochstellen der Stühle beim Wischen auch ausreichend durchgeführt.
Und der Stuhl habe ja – wie der Kläger selbst bestätigt habe – bis zu seinem unvermittelten Zusammenbruch nach einigen Minuten des Sitzens auch nicht gewackelt oder sonstige Auffälligkeiten gezeigt. Damit hätte auch der vom Kläger darüber hinaus geforderte Belastungstest durch vorheriges „Probesitzen“ des Gastwirts nichts genützt. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.
Erstmeldung zum Thema:
Ungewöhnlicher Fall aus Wolnzach beschäftigt das Landgericht