Gewerkschaft NGG warnt und ruft die hiesigen Firmen dazu auf, "sich zur Sozialpartnerschaft und zur Mitbestimmung zu bekennen".
(ty) Schlechtere Bezahlung, längere Arbeitszeiten, weniger Urlaub? "Beschäftigte, die im Landkreis Pfaffenhofen in einem Unternehmen arbeiten, in dem kein Tarifvertrag gilt, sind im Job klar benachteiligt." Darauf weist die Gewerkschaft "Nahrung, Genuss, Gaststätten" (NGG) in einer aktuellen Pressemitteilung hin. Nach Einschätzung der NGG halten sich mittlerweile viele der rund 3200 Betriebe im Kreis nicht mehr an Tarifverträge. Das habe auch Folgen für die Unternehmen selbst, warnt Gewerkschafter Rainer Reißfelder: "Tariflose Firmen haben in puncto Motivation und Produktivität der Mitarbeiter meist schlechtere Karten."
Auch die Suche nach Fachkräften fällt ihnen schwerer", so der Geschäftsführer der zuständigen NGG-Oberpfalz mit Blick auf aktuelle Studien der Hans-Böckler-Stiftung. Reißfelder ruft jedenfalls die Firmen in der Region dazu auf, "sich zur Sozialpartnerschaft und zur Mitbestimmung zu bekennen". Gerade beim digitalen Wandel der Arbeitsplätze muss man seinen Worten zufolge die Belegschaften mitnehmen. "Gewerkschaften und Betriebsräte sichern nicht nur Jobs", wirbt er in eigener Sache: "Sie helfen auch dabei, die Zukunft zu gestalten – von neuen Arbeitszeit-Modellen bis hin zur Weiterbildung der Mitarbeiter."
Wie die NGG mit Verweis auf Angaben des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) berichtet, arbeiteten zuletzt 56 Prozent der Beschäftigten in Bayern in einem Betrieb mit Tarifvertrag. In ganz Westdeutschland liege die Quote bei 57 Prozent – im Jahr 2000 waren es noch 70 Prozent. Nach Beobachtung der NGG "greift die Tarif-Flucht auch im Kreis Pfaffenhofen um sich". Reißfelder: "Immer mehr Betriebe versuchen, sich um Tarifverträge zu drücken. Damit setzen sie bewährte Standards aufs Spiel und bieten ein Einfallstor für Dumping- Konkurrenz."
Besonders niedrig sei die Tarifbindung nach Angaben des IAB dabei in kleinen Firmen: Nur 17 Prozent der bayerischen Betriebe mit weniger als zehn Mitarbeitern halten sich aktuell an einen Tarifvertrag, proklamiert die NGG. In Unternehmen mit mehr als 200 Beschäftigten liege die Quote hingegen bei 77 Prozent. Um diesen Trend zu stoppen, macht sich die NGG insbesondere für Flächentarifverträge stark. Solche habe man etwa in Brauereien, in der Getränke-Abfüllung und in der Nährmittel- und Süßwaren-Industrie durchgesetzt. Zugleich sei die Politik gefordert.
Landes- und Bundesregierung sollten sich nach Ansicht der NGG für eine höhere Tarifbindung einsetzen: "Wer sich um die Zukunft der sozialen Marktwirtschaft sorgt, muss sich darum kümmern, dass die Tarifpartner gestärkt werden", sagt Reißfelder. Unternehmen, die im Arbeitgeber-Verband seien, müssten dazu verpflichtet werden, sich an Tarifabschlüsse zu halten. Außerdem müsse es einfacher werden, Tarifverträge für ganze Branchen verpflichtend zu machen. Davon profitiere am Ende auch der Staat – durch höhere Einnahmen etwa bei der Renten-, Kranken- und Sozialversicherung. Allerdings sei die Zahl der Tarifverträge, die für alle Betriebe einer Branche per Gesetz gelten, zuletzt stark gesunken.