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Eltern-Vertreter laufen Sturm gegen Pläne der Gemeinde Reichertshausen und wollen diese notfalls per Bürgerentscheid stoppen.

Von Alfred Raths

Anja Klimke und Christina Thanner haben als Vertreterinnen des Elternbeirats ein Bürgerbegehren unter dem Titel "Erhalt der Frischeküche im Bestands-Gebäude des Kindergartens Steinkirchen" gestartet. Das wurde jetzt gegenüber unserer Zeitung bestätigt. Als Begründung geben die beiden an, dass die Gemeinde Reichertshausen als Träger des Kindergartens beabsichtigte, die derzeitige Frischeküche durch eine reine Ausgabeküche zu ersetzen. Dieses Vorhaben wollen sie notfalls per Bürgerentscheid stoppen; die Unterschriften-Sammlung läuft bereits.

"Die heute bestehende Frischeküche zeichnet sich durch ihre Qualität, Vielseitigkeit und ihren Geschmack aus", heißt es von den Frontfrauen des Bürgerbegehrens. Die Lebensmittel würden regional und teils "bio" beschafft, Abfall durch "Fertigessen" in Umverpackungen werde vermieden. Dies sei in Bezug auf die Nachhaltigkeit optimal und fördere zudem den regionalen Wirtschaftsraum. Ferner biete die Stelle der Köchin einen Arbeitsplatz in Steinkirchen. Die Zubereitung vor Ort sowie im Umfeld der Buben und Mädchen sei zudem "pädagogisch äußerst wertvoll". So lauten die zentralen Argumente für den Erhalt der Frischeküche.

Mit ihrem Ansinnen stießen die Eltern-Vertreterinnen bekanntlich bei Bürgermeister Reinhard Heinrich (CSU) und beim Gemeinderat auf wenig Verständnis. Denn die Sache ist kompliziert. Wie von unserer Zeitung bereits ausführlich berichtet (Aufregung um Kindergarten-Essen in Steinkirchen), hatte sich im vergangenen Jahr nämlich herausgestellt, dass die besagte Küche im bereits vorhandenen Kindergarten baurechtlich nicht genehmigt war und dass nun nach mehr als 25 Betriebsjahren eine Sanierung erforderlich sei. Erhebliche Kosten wären damit verbunden, wie ein Planungsbüro festgestellt hatte.

Gespräche mit dem Träger seien "sehr schwierig", erklären Klimke und Thanner gegenüber unserer Redaktion. Ihr Fazit lautet: "Im Wesentlichen kann man sagen, dass er nicht erkannt hat, dass das bestehende Frischeküche-Konzept erhaltenswert und ein tolles Aushängeschild für die Einrichtung und die Gemeinde ist."

Für die Eltern sei es dagegen nach wie vor wichtig, das regionale und nachhaltige Konzept zu erhalten. "Gerade in Zeiten, in denen alle von Regionalität als wichtigem Baustein zum Klimaschutz sprechen, wäre es unverzeihbar, eine Einrichtung, die dieses Konzept bereits lebt, abzuwerten."

Zudem würde, so heißt es weiter, der Kindergarten in Steinkirchen durch den Erhalt der Frischeküche auch einen wertigen Arbeitsplatz bewahren – nämlich den der Köchin. Dieser ist nach Ansicht der Bürgerbegehren-Initiatorinnen ebenso wie die Beschaffung der Lebensmittel ein Teil des regionalen Wirtschafts-Kreislaufs.

"Uns ist bewusst, dass geliefertes Essen nicht zwangsläufig schlecht sein muss", räumen sie ein. "Aber frisch gekocht ist besser, weil Nährstoffe und Vitamine durch kurze Warmhalte-Zeiten und den Wegfall der Anlieferung besser erhalten bleiben." Und, so ergänzen sie: "Die Kinder erleben, wie frisches Essen zubereitet wird."

Die Bürger in der Gemeinde von Reichertshausen haben nun laut Klimke und Thanner mit dem Bürgerbegehren – sowie dann gegebenenfalls bei einem Bürgerentscheid – die Chance, "sich aktiv für Regionalität, Nachhaltigkeit und den Erhalt eines vorbildlichen Konzepts im Kindergarten Steinkirchen einzusetzen". 

Als Ziel haben sich die Eltern-Vertreterinnen nach eigenem Bekunden gesteckt, rund 500 Unterschriften zu sammeln. "Bisher wird das Thema von der Bevölkerung sehr gut aufgenommen und die Reaktionen sind positiv", berichten sie: "In den letzten zwei Wochen haben wir bereits über 190 Unterschriften sammeln können."

Bürgerbegehren und Bürgerentscheid

Ein Bürgerbegehren muss laut Gemeindeordnung in Kommunen mit einer Größe von bis zu 10 000 Einwohnern von mindestens zehn Prozent der Gemeindebürger unterschrieben werden (Einwohner ist dabei nicht gleich Gemeindebürger). Ist dies der Fall und sind alle formalen Kriterien erfüllt, dann kommt es in der Regel zu einem Bürgerentscheid. 

Ist die Zulässigkeit des Bürgerbegehrens festgestellt, darf bis zur Durchführung des Bürgerentscheids eine dem Begehren entgegen stehende Entscheidung der Gemeinde-Organe nicht mehr getroffen oder mit dem Vollzug einer derartigen Entscheidung nicht mehr begonnen werden – es sei denn, zu diesem Zeitpunkt haben rechtliche Verpflichtungen der Gemeinde hierzu bestanden.

Voraussetzung für ein formal gültiges Bürgerentscheid-Ergebnis ist eine nicht zu geringe "Wahlbeteiligung". Denn wie in der bayerischen Gemeindeordnung festgelegt ist, ist in Kommunen dieser Größe über einen Bürgerentscheid nur dann entschieden, wenn die Mehrheit der Stimmen – egal, ob dafür oder dagegen – mindestens 20 Prozent der Stimmberechtigten beträgt. 

Ein gültiger Bürgerentscheid hat den Stellenwert eines Gemeinderats-Beschlusses und ist praktisch für ein Jahr bindend. Denn, so heißt es in der Gemeindeordnung: "Der Bürgerentscheid kann innerhalb eines Jahres nur durch einen neuen Bürgerentscheid abgeändert werden, es sei denn, dass sich die dem Bürgerentscheid zugrunde liegende Sach- oder Rechtslage wesentlich geändert hat." 

Erstmeldung zum Thema:

Aufregung um Kindergarten-Essen in Steinkirchen: Es ist kompliziert


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