Logo
Anzeige
Anzeige

Bürgermeister und Gemeinderat möchten für rund elf Millionen Euro ein neues Ortszentrum schaffen. Die Gegner wollen einen Rathaus-Neubau per Bürgerentscheid verhindern.

Von Alfred Raths

Pläne von Bürgermeister Manfred Sterz (FW) und Gemeinderat zur Schaffung eines neuen Ortszentrums, unter anderem durch einen Rathaus-Neubau, treffen auf Widerstand. Die Initiatoren des Bürgerbegehrens "Mehrwert für Scheyern" um Bürgermeister-Kandidat Wolfgang Inderwies (WGS) und STS-Chef Stefan Koller haben nach eigenem Bekunden genügend Unterschriften gesammelt. Mutmaßlich steht Scheyern damit vor einem Bürgerentscheid. Sterz lädt indes die Bevölkerung am heutigen Mittwochabend zu einer Info-Veranstaltung ein – um das vorzustellen, was Inderwies & Co. kippen wollen.

"Sind Sie dafür, den künftigen Flächenbedarf der Verwaltung darüber abzudecken, dass das bestehende Rathaus und der Anbau der Waldbauernschule saniert werden und kein Neubau eines Rathauses erfolgt?" So lautete die Fragegestellung des Bürgerbegehrens. Die Zahl der erforderlichen 390 Unterschriften auf dem Weg zum Bürgerentscheid habe man "deutlich" übertroffen, teilten Inderwies und Koller mit – sie reichten nach eigenen Angaben am Montag mehr als 460 Unterschriften ein. Gesammelt worden seien diese binnen nur neun Tagen.

Inderwies zeigt sich zufrieden: Nachdem kürzlich im Gemeinderat die Kosten für das Gesamtprojekt bekannt geworden seien, "war es ein Leichtes, die erforderlichen Unterschriften zusammenzubringen", sagt er. Eines der gesetzten Ziele, nämlich die finanziellen Daten auf den Tisch zu bekommen, sei damit bereits erreicht. Die stattliche Anzahl an gesammelten Unterschriften in der kurzen Zeit sei ferner "ein Beleg dafür, dass viele Bürger ein sichtbares Interesse daran haben, bei solchen Jahrhundert-Projekten mitzubestimmen".

Nach Abzug möglicher Förder-Gelder handelt es nach Meinung von Inderwies noch immer um eine nicht zu vertretende "Riesensumme" für so eine kleine Gemeinde wie Scheyern, die da investiert werden soll. Es gebe genügend Baustellen, für die dieses Geld anderweitig verwendet werden könnte. Inderwies verweist in diesem Zusammenhang zum Beispiel auf notwendige Straßenbau-Maßnahmen im Ortsteil Fernhag. "Das vornehmliche Ziel unseres Bürgerbegehrens war es, die Diskussion über Maßnahmen-Umfang und Kosten der neuen Ortsmitte öffentlich zu führen." Dieses Ziel werde mit einem Bürgerentscheid erreicht.

Das Gebäude der ehemaligen Waldbauernschule.

Inderwies und Koller halten es jedenfalls für sinnvoller, das bestehende Rathaus und den Gebäude-Komplex der ehemaligen Waldbauernschule für weitaus geringere Kosten – sie schätzen diese auf 3,5 Millionen Euro – zu sanieren. Auf diese Weise gespartes Geld könnte dann ihrer Ansicht nach vorrangig für andere Infrastruktur-Projekte sinnvoll eingesetzt werden. Die Initiatoren des Bürgerentscheids wenden sich gegen die vom Gemeinderat auf den Weg gebrachte Neugestaltung der Ortsmitte rund um die frühere Waldbauernschule inklusive Errichtung eines neuen Rathauses in diesem Bereich.

 

Veranschaulichung zum geplanten Umgang mit dem Waldbauernschul-Komplex (Quelle: Gemeinde)

Inderwies hatte im Vorfeld der jüngsten Gemeinderat-Sitzung kritisiert: "Es befremdet, dass die Bürger bisher in keiner Weise über die Kosten des Neubau-Vorhabens unterrichtet wurden, der Gemeinderat darüber aber beschließen soll." Dieses aus seiner Sicht "undemokratische Vorgehen" sei für ihn letztlich auch der Auslöser gewesen, das Bürgerbegehren zu initiieren.

Bürgermeister Manfred Sterz betonte dazu im Gespräch mit unserer Zeitung: "Öffentlich kommuniziert wird von der Gemeinde dann, wenn die fundierten Zahlen von den Fachleuten, Fachplanern genannt und die Rücksprachen mit den Verantwortlichen der Regierung von Oberbayern für die Fördermöglichkeiten gemacht worden sind." Deshalb seien die Zahlen erst in der vergangenen Woche veröffentlicht worden.

Für den heutigen Abend, 17. Juli, lädt die Gemeinde alle Bürger zu einer Informations-Veranstaltung "zur Vorstellung der neuen Ortsmitte" ein. Beginn ist um 19 Uhr im Wittelsbacher-Saal des Klosters. Dabei sollen die einzelnen Bausteine des Vorhaben detailliert vorgestellt sowie erläutert werden. 

Sterz unterstreicht gegenüber unserer Zeitung, dass ja insgesamt drei Maßnahmen anstünden, die der Gemeinderat in einem Projekt vereinen wolle: "Die Sanierung des denkmalgeschützten Gebäudes aus dem Jahre 1568, die Erstellung einer lebendigen Ortsmitte mit dem Platz und die Schaffung eines zukunfts-orientierten Rathauses mit einer Bücherei – bei bestmöglicher Fördermöglichkeit."

Die Gemeinde wolle kein Stückwerk produzieren, so Sterz. Will sagen: Mann wolle etwa nicht ein Rathaus aus den 1960er Jahren sanieren, das unter anderem nicht mehr den Anforderungen an Barrierefreiheit, Bürgerfreundlichkeit und Diskretion entspreche.

Das jetzige Rathaus müsste außerdem brandschutz-technisch und energetisch "unverzüglich nachgerüstet" werden, heißt es in einer kommunalen Veröffentlichung zum Thema. Es sei ferner zu klein, biete keine Erweiterungs-Möglichkeiten und obendrein nicht ausreichend Parkplätze. Laut einem mit der Thematik beauftragten Ingenieur-Büro sei das derzeitige Rathaus "nicht wirtschaftlich zu sanieren".

Das ist nach derzeitiger Beschlusslage geplant. Die Grafik wurde von der Gemeinde veröffentlicht.

Laut einer von der Gemeinde veröffentlichten Übersicht rechnet man für den Rathaus-Neubau mit Kosten in Höhe von rund 5,3 Millionen Euro: Davon werden 75 Prozent der kommunalen Nutzung (Verwaltung, Bürgerbüro, Reserve-Büros) und 25 Prozent einer öffentlichen Nutzung (Bibliothek, Foyer, interkommunale Büros, Haustechnik Ortsmitte) zugeschrieben. 

Für die Schaffung eines Dorfplatzes werden Kosten in Höhe von 630 000 Euro genannt, für Stellplätze etwa 300 000 Euro. In das Gebäude der ehemaligen Waldbauernschule, deren nicht-historische Anbauten abgerissen werden sollen, würden gut 3,8 Millionen Euro gesteckt. Als Nutzung wird hier stichpunktartig genannt: Tagescafé/Bistro, Volkshochschule/Multifunktion, Bürgersaal und Foyer. Hinzu kommen allgemeine Kosten für das Gesamt-Vorhaben von geschätzten 660 000 Euro.

 

Insgesamt stehen also Kosten in Höhe von knapp elf Millionen Euro im Raum. Finanziert werden soll das Großprojekt nach Gemeinde-Angaben zu jeweils einem Drittel durch Eigenmittel, Kredit-Aufnahme und Förder-Gelder. Wobei Sterz sinngemäß betont wissen will, dass man hier nicht nur von Ausgaben oder Kosten sprechen dürfe, sondern dass es sich um Investitionen in die Zukunft Scheyerns handle.

Der Prozess sei seit dem Jahr 2015 durch ein damals erstelltes Nutzungs- und Gestaltungs-Konzept öffentlich bekannt, betont der Rathauschef. "Die Gemeinde hat die Waldbauernschule vom Freistaat gekauft, weil sie uns preisgünstig angeboten wurde mit der Auflage, eine Gemeinbedarf-Nutzung dort unterzubringen." Und genau das habe die Kommune vor, "denn wir wollen für die Zukunft eine lebendige Ortsmitte". 

Von Seiten der Gemeinde wird darauf hingewiesen, dass man "Vertragsbruch" begehe, wenn das Areal der ehemaligen Waldbauernschule jetzt nicht entwickelt werde. Der Freistaat könne demnach das Areal zum damaligen Kaufpreis von 260 000 Euro zurückkaufen – oder die Kommune müsste die Differenz zum heutigen Verkehrswert des Geländes nachzahlen. Zudem, so heißt es, wären die Ausgaben für den Wettbewerb und für die bisherige Planung umsonst gewesen. "Die einmalige Chance zur Gestaltung einer attraktiven, echten Ortsmitte wäre vertan."

Im Übrigen, so ergänzt Sterz, sei der Abriss des nicht sanierungs-würdigen und nicht unter Denkmalschutz stehenden Anbaus der ehemaligen Waldbauernschule bereits in der Auslobung des Architekten-Wettbewerbs 2017 vom Gemeinderat in einer öffentlichen Diskussion entschieden worden. Der Sieger-Entwurf sowie die der anderen beteiligten Architektur-Büros seinen auch öffentlich ausgestellt gewesen.


Anzeige
RSS feed