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Klare Ansagen von Stefan Skoruppa (42), dem neuen Vorsitzenden des ärztlichen Kreisverbands.

(zel) "Viele niedergelassene Kollegen finden keine Nachfolger für ihre Arzt-Praxen. Auch die Kliniken tun sich inzwischen schwer, ausreichend Personal zu akquirieren", sagt der Allgemeinarzt Stefan Skoruppa aus Jetzendorf. Der 42-Jährige wurde kürzlich zum neuen Vorsitzenden des ärztlichen Kreisverbands von Pfaffenhofen gewählt. Im Interview mit unserer Zeitung warnt er vor einer drohenden medizinischen Unterversorgung, schlägt verschiedene Maßnahmen vor und sieht auch den Landkreis gefordert. Außerdem sprachen wir mit ihm über die künftige Rolle des ärztlichen Kreisverbands, Erwartungen an den Kreistag und die Zukunft der defizitären Ilmtalklinik.

Herr Skoruppa, Sie haben vor einigen Wochen die Nachfolge von Michael Waller als Vorsitzender des ärztlichen Kreisverbands angetreten. Ist das für Sie nun eher eine große Ehre oder eine große Herausforderung?

Skoruppa: Für mich ist es, ehrlich gesagt, schon beides. Zum einen vertrete ich damit jetzt mehr als 350 Mediziner aus dem Landkreis Pfaffenhofen und natürlich macht es mich stolz, das Vertrauen ausgesprochen bekommen zu haben und die nächsten Jahre an der Spitze des ärztlichen Kreisverbands zu stehen. Andererseits ist das natürlich auch eine große Verpflichtung, dieser Aufgabe nun auch im Sinne meiner Kollegen gerecht zu werden. 

In den vergangenen Jahren ist der ärztliche Kreisverband ja eher in homöopathischen Dosen an die Öffentlichkeit getreten und hat sich nur zu brisanten Themen zu Wort gemeldet. Wollen Sie diese Marschroute beibehalten?

Skoruppa: Da wir, so verstehe ich es zumindest, auch ein politisches Gremium sind, gilt es meiner Ansicht nach, dass wir uns künftig bei regionalen gesundheitspolitischen Fragen und Debatten stärker einbringen. Ich erwarte mir von dem im März neu gewählten Kreistags-Gremium, dass wir zu solchen Themen zu Rate gezogen werden. Wir sind von unserer Seite sehr gerne bereit, unsere Fachkompetenz zum Wohle der Bürger einzubringen. Wir liefern den Kreispolitikern jederzeit alle Informationen und Hintergründe, die sie benötigen, um guten Gewissens ihre Entscheidungen treffen zu können.

Sie sitzen ja seit knapp sechs Jahren selbst im Kreistag, für die ÖDP. Wurde denn in dieser Zeit der ärztliche Kreisverband ausreichend gehört?

Skoruppa: Ich würde es mal so formulieren: Ich erwarte mir, dass der ärztliche Kreisverband künftig deutlich mehr und häufiger gehört wird – und nicht erst, wenn das Kind schon beinahe in den Brunnen gefallen ist. Ich denke da zum Beispiel an die Frage nach einer Kinderstation an der Pfaffenhofener Ilmtalklinik. Natürlich klang das damals zunächst gut, dass auch Kinder in unserem Krankenhaus versorgt werden können. Aber um eine wirklich gute und spezielle Kinderversorgung gewährleisten zu können, wären weder die geplante personelle, noch die technische Ausstattung ausreichend gewesen. Und dennoch hätte es ein großes Loch in den Kreishaushalt gerissen und das Defizit der Klinik vergrößert. Letztendlich hätte sich dadurch die medizische Versorgung der Kinder in der Region verschlechtert.

Wieso?

Skoruppa: Der Inhalt des insgesamt zur Verfügung stehenden Geldtopfes wäre ja nicht größer geworden. Man hätte der Kinderklinik in Neuburg an der Donau also Geld entzogen, aber das wäre unter dem Strich dann für Pfaffenhofen und für Neuburg nichts Halbes und nichts Ganzes gewesen. Für verschiedene Patienten-Gruppen, und dazu gehören eben auch Kinder, braucht man in der Region eine besondere, starke und spezielle Versorgung – die aber gerade deshalb nicht an jedem Krankenhaus vorhanden sein kann.

Wie sehen Sie die Rolle der Ilmtalklinik?

Skoruppa: Zunächst einmal muss man betonen, dass das Personal an der Ilmtalklinik eine hervorragende Arbeit auf dem Gebiet der Grund- und Regelversorgung leistet. Damit dies weiterhin möglich ist, muss der Landkreis Pfaffenhofen die Klinik auch zukünftig finanziell gut genug ausstatten. Mit der bevorstehenden Generalsanierung des Gebäude-Komplexes ist ein wichtiges Signal gesendet. Das muss man klar sehen und das ist auch ein Bekenntnis. 

Zumal der Kreis Pfaffenhofen zu 85 Prozent und der Kreis Kelheim zu 15 Prozent ohnehin das alljährliche Defizit aus dem laufenden Betrieb der Ilmtalklinik-GmbH mit ihren beiden Krankenhäusern in Pfaffenhofen und Mainburg tragen.

Skoruppa: Ein dauerhaftes Defizit aus dem laufenden Geschäfts-Betrieb der Ilmtalklinik-GmbH von nicht mehr als fünf Millionen Euro pro Jahr ist meines Erachtens tolerierbar. Das soll kein finanzieller Freibrief sein und die Bemühungen zur Reduzierung des jährlichen Defizits laufen ja auch seit Jahren. Aber man muss schon auch sehen, dass wir hier nicht von einem klassischen Unternehmen sprechen, das hier Jahr für Jahr ein Minus macht. Freilich, wenn man es knallhart wirtschaftlich betrachtet, dann ist die Ilmtalklinik-GmbH nicht rentabel. Aber darum kann es nicht gehen. Wir reden hier doch von etwas ganz anderem: Es geht um die wohnortnahe Gesundheits-Versorgung der Menschen in der Region. 

Könnte die auch ein privater Träger übernehmen?

Skoruppa: Darüber könnte man abendfüllend sprechen und diskutieren. Ich möchte nur zwei entscheidende Punkte zu bedenken geben. Reden wir über den konkreten Fall, reden wir über das Pfaffenhofener Krankenhaus. Erstens hätte dann der Landkreis keinerlei Einfluss mehr – zum Beispiel bei der Gestaltung des medizinischen Versorgungs-Angebots. Zweitens müsste man davon ausgehen, dass ein Konzern, der die Klinik übernimmt, den wirtschaftlichen Erfolg in den Vordergrund stellt und nicht zwingend die Qualität der geforderten Grundversorgung. Für die Menschen in der Region hat damit ein Krankenhaus in kommunaler Hand klare Vorteile.

Was sind Ihre Pläne als Vorsitzender des ärztlichen Kreisverbands?

Skoruppa: Ich bin für fünf Jahre gewählt. In meiner Amtszeit wird es mir ein großes Anliegen sein, die Zusammenarbeit zwischen Haus- und Fachärzten sowie zwischen niedergelassenen und in der Klinik tätigen Ärzten zu verbessern. Die Ärzteschaft steht durch die aktuelle Gesundheitspolitik vor großen Herausforderungen. Gesundheitsminister Jens Spahn möchte aus meiner Sicht die regionalen Ärzte-Vertretungen – kassenärztliche Vereinigungen und Landesärztekammern – entmachten und die Kontrolle in Berlin zentralisieren. Ich halte dies für eine wenig sinnvolle und nicht zielführende Entwicklung.

Warum sind Sie dieser Ansicht?

Skoruppa: Die Voraussetzungen vor Ort sind nun einmal sehr unterschiedlich. Bayern lässt sich nicht mit Berlin oder einem Bundesland wie Mecklenburg-Vorpommern vergleichen. Nur wir kennen die örtlichen Gegebenheiten und Besonderheiten und sind in der Lage, schnell und flexibel zu reagieren. Eine Zentralisierung wird nur zu einer Verschlechterung der kommunalen Versorgung führen. Aus Berliner Sicht gibt es deutschlandweit zu viele Klinik-Betten. Durch rigide Gesundheitspolitik soll es deshalb zur Schließung vieler kleinerer Kliniken kommen. Auch wenn mein Einfluss diesbezüglich nur sehr gering ist: Es ist mir eine Herzensangelegenheit, die basisnahe und hochqualitative Versorgung der Menschen in unserer Region durch die Ilmtalklinik in Pfaffenhofen und durch die niedergelassenen Ärzte zu unterstützen und zu erhalten.

Was betrachten Sie als größte Herausforderung bezüglich der kommunalen Gesundheits-Versorgung im Landkreis Pfaffenhofen?

Skoruppa: Auch wenn wir in der Boom-Region zwischen München und Ingolstadt liegen, wird es zunehmend schwieriger, Ärzte aufs Land zu locken. Viele niedergelassene Kollegen finden keine Nachfolger für ihre Arzt-Praxen. Auch die Kliniken tun sich inzwischen schwer, ausreichend Personal zu akquirieren – das gilt übrigens auch fürs Pflegepersonal. Derzeit beträgt das Durchschnittsalter der niedergelassenen Ärzte im Landkreis Pfaffenhofen 54,9 Jahre. Gerne würde ich die Kommunalpolitik dabei unterstützen, unseren Landkreis attraktiver für junge Ärztinnen und Ärzte und auch für die pflegenden Berufe zu machen. Denn sonst droht in den nächsten zehn Jahren eine medizinische Unterversorgung im Landkreis beziehungsweise der Landkreisbürger.

Was kann die Kreispolitik gegen dieses drohende Szenario tun?

Skoruppa: Die famose Lösung beziehungsweise die eine zielführende Maßnahme wird es nicht geben können. Hier müssen verschiedene Ansätze verfolgt werden und alle Beteiligten müssen an einem Strang ziehen. Zum einen gilt es, den Landkreis Pfaffenhofen als attraktiven Ort für junge Mediziner zu präsentieren. Zum anderen müssen die nötigen Verbindungen hergestellt werden. Und ich denke, der Landkreis Pfaffenhofen wird auch nicht drumherum kommen, selbst aktiv zu werden.

Können Sie das konkretisieren?

Skoruppa: Man sollte gezielt an die medizinischen Universitäten herantreten und dort bereits bei den Studenten werben. Gut könnte ich mir zudem Gesundheitstage an der Ilmtalklinik vorstellen, wobei sich die Klinik und auch niedergelassene Ärzte bei angehenden Medizinern vorstellen. In kommunalen Gebäuden könnten Praxen eingerichtet und zu erschwinglichen Preisen zweckgebunden vermietet werden. Die Arztsitze von Ärzten, die keinen Nachfolger für ihre Praxen finden, könnten von der Ilmtalklinik-GmbH übernommen und in ein medizinisches Versorgungs-Zentrum eingebracht werden. Dabei gilt es freilich zu beachten, dass die Klinik niemals in Konkurrenz zu den niedergelassenen Ärzten treten darf. Zu allererst sollte immer versucht werden, einen freiberuflich tätigen Arzt für die Nachfolge eines Kollegen zu finden. Sollte dies aber partout nicht gelingen, dann kann das drohende Wegfallen von ganzen Facharzt-Bereichen so zumindest verhindert werden. Lieber der Landkreis als Träger der gesundheitlichen Versorgung als private Kapitalgesellschaften.

Welche Rolle könnte dabei der ärztliche Kreisverband spielen?

Skoruppa: Der könnte nicht nur, sondern wird sich – wie eingangs bereits betont – dabei aktiv einbringen. Von der für den Landkreis Pfaffenhofen geplanten so genannten Gesundheitsregion-Plus erwarte ich mir jedenfalls nur wenig konkrete Verbesserungen – sowohl für das System an sich als auch für die Menschen hier.

Warum diese Skepsis?

Skoruppa: Im Rahmen der Gesundheitsregion-Plus würde, gefördert vom Freistaat Bayern mit jährlich maximal 50 000 Euro, eine Personalstelle am Landratsamt geschaffen – und zwar für höchstens fünf Jahre. Aus meiner Sicht bräuchte es hier einen erfahrenen Gesundheits-Ökonomen, um überhaupt etwas voranbringen zu können. Ein solcher Experte ist aber wohl nicht für dieses Geld zu bekommen und wäre zudem mutmaßlich als Einzelkämpfer auch in seinen Möglichkeiten limitiert. Ich persönlich bezweifle jedenfalls sehr, dass eine einzige am Landratsamt zusätzlich angesiedelte Person, zumal praktisch ohne Budget, die Gesundheits-Versorgung im Kreis Pfaffenhofen für die Zukunft entscheidend verbessern kann. 

Zur Person

Stefan Skoruppa ist 42 Jahre alt und seit 2012 in Jetzendorf als Allgemeinarzt zusammen mit seinem Bruder Thomas sowie seinem Vater Walter tätig. Er ist politisch für die ÖDP engagiert, sitzt für die Partei im Pfaffenhofener Kreistag und im Jetzendorfer Gemeinderat. Er ist Mitglied im Aufsichtsrat der Ilmtalklinik-GmbH. Seit dem vergangenem Monat ist er Vorsitzender des ärztlichen Kreisverbands Pfaffenhofen.

Zum Hintergrund  

Der ärztliche Kreisverband ist Teil der Berufsvertretung der Ärzte. Er hat unter anderem die Aufgabe, innerhalb seines Bereichs im Rahmen der Gesetze die beruflichen Belange der Ärzte wahrzunehmen, die ärztliche Fortbildung zu fördern und bei der Überwachung der Erfüllung der ärztlichen Berufspflichten und in der öffentlichen Gesundheitspflege mitzuwirken. Er fungiert als Ansprechpartner, bietet eine Plattform für regionale, berufspolitische Diskussionen und Themen und fungiert mitunter als Vermittler.


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