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Der Kreis und interessierte Gemeinden könnten einen Zweckverband bilden. Die Vorteile scheinen massiv, doch es gibt noch viel zu klären. Kreistag sendet Signal mit Grundsatz-Beschluss.

(ty) Der Landkreis Pfaffenhofen möchte den kommunalen Wohnungsbau aktiv anschieben. Landrat Albert Gürtner (Freie Wähler) schlägt dafür die Gründung eines entsprechenden Zweckverbands zur Errichtung und Bewirtschaftung von staatlichen geförderten Wohnungen vor, in dem sich der Landkreis mit den interessierten Gemeinden zusammenschließen könnten. Durch eine kommunale Zusammenarbeit auf diese Gebiet könnte man Synergie-Effekte nutzen und die Gemeinden, insbesondere deren Bauverwaltungen, entlasten. Der Kreistag hat in seiner jüngsten Sitzung zwar durchaus kontrovers diskutiert, aber dann doch mit großer Mehrheit einen Grundsatz-Beschluss gefasst. Zu klären gibt es aber noch viel.

Der Hintergrund des Landkreis-Vorstoßes ist keinesfalls neu: Seit Jahren ist die Lage am hiesigen Immobilienmarkt angespannt. Bekanntlich sind in den vergangenen Jahren nicht nur die Grundstückspreise in die Höhe geschossen, sondern auch die Mietpreise kräftig gestiegen. Der Grund dafür ist sowohl die große Nachfrage aus dem Landkreis Pfaffenhofen selbst, vor allen von jungen Menschen und Familien, als auch der unverminderte Zuzug von Leuten, die eben gerne im wirtschaftsstarken und verkehrsgünstig gelegenen Kreis Pfaffenhofen leben möchten.

Experten gehen davon aus, dass aufgrund des Preisdrucks in der Landeshauptstadt München gerade in den umliegenden Landkreisen, zu denen der Kreis Pfaffenhofen durchaus gezählt werden kann, auch künftig ein starker Zuzugs-Druck herrscht. Nach einer Prognose wird der Landkreis Pfaffenhofen bis zum Jahre 2040 weiter wachsen und dann 144 000 Einwohner zählen – zurzeit sind es rund 130 000.

Die Problematik könnte sich auch wegen der durch die Inflation getriebenen, stark steigenden Preise in den nächsten Jahren sogar noch zuspitzen. Darunter leiden vor allem Familien mit Kindern, alleinerziehende Mütter und Väter, junge Menschen, Senioren, Personen mit Handicap und Gering-Verdiener. Sie können auf dem überwiegend marktwirtschaftlich orientierten Wohnungsmarkt oft keinen geeigneten bezahlbaren Wohnraum finden.

Einzelne, größere Kommunen haben bereits eigene Wohnbau-Gesellschaften, mit denen sie versuchen, zusätzliche Angebote, vor allem beim sozialen Wohnungsbau, zu schaffen. Die überwiegende Mehrheit der Gemeinden im Landkreis Pfaffenhofen, vor allem die kleineren Kommunen, sind bisher auf diesem Gebiet nicht aktiv. Gemeinsam, so die Ansicht von Landrat Gürtner, könnte man einen Beitrag zur Behebung des Wohnungs-Mangels im Kreis Pfaffenhofen leisten.

Der Landkreis-Chef, der die Verbesserung der Wohnraum-Situation – wie auch andere politische Kräfte – in seinem Programm zur Kommunalwahl 2020 angekündigt hatte, setzte das Thema auf die Tagesordnung der jüngsten Kreistag-Sitzung. Sein Büro-Leiter Christian Degen, hier in seiner Funktion als Beteiligungs-Manager des Landkreises, präsentierte den Räten in der Sitzung ein umfassendes Konzept, das er zusammen mit Vize-Landrat Karl Huber (Bürgerliste) ausgearbeitet hatte.

Mit der vorgeschlagenen Wohnungsbau-Strategie könnten – so der Plan – der Landkreis und die Gemeinden zielgerichtet und organisatorisch kompakt die wichtige Aufgabe des kommunalen Wohnungsbaus wahrnehmen. Rechtlich sei man mit einem gemeinnützigen Zweckverband auf der sicheren Seite, so Degen. Zum einen dürfte der Landkreis beim Wohnungsbau im Prinzip gar nicht alleine unterwegs sein. Der Landkreis selbst könnte nur für seine eigenen Bediensteten Wohnraum schaffen, nicht aber für die gesamte Bevölkerung. Dies sei ihm rechtlich verweigert. Außerdem könnten gerade die Gemeinden bei einer Beteiligung an der neuen Organisation auf den bis jetzt noch gut gefüllten Fördertopf des Freistaats Bayerns zugreifen.

Der Staat gewähre den aktiven kommunalen Bauherren einen Zuschuss in Höhe von 30 Prozent auf die Baukosten, gerechnet auf die gesamten Bauausgaben einschließlich Grundstück, und ein großzügiges zinsgünstiges Darlehen über 60 Prozent. Der kommunale Eigenanteil bei diesem deshalb sehr interessant erscheinenden Modell betrage demnach lediglich zehn Prozent. Auch dieser könnte angeblich fremdfinanziert werden. Der Landkreis, so die Vorstellung, würde sich an dem anvisierten Zweckverband mit zehn Prozent beteiligen und eine Bündelungs- sowie Koordinierungs-Funktion übernehmen.

Auch auf die Frage, warum gerade ein am Gemeinwohl orientierter Zweckverband die Lösung für die Wohnungs-Probleme sein könnte, hat Degen eine Antwort: Damit seien schlanke Strukturen möglich. Die Zweckverband-Geschäftsstelle könnte am Landratsamt angesiedelt werden und dessen Infrastruktur nutzen. Es sei das Ziel, den Personal- und Sachaufwand sowie die Kosten so gering wie möglich zu halten und Reibungs-Verluste zu vermeiden. Die Bau-, Planungs- und sonstigen Dienstleistungen sollten weitgehend an externe Büros und Dienstleister vergeben werden. Man habe das Modell bereits bei einer Bürgermeister-Besprechung und im Kreis der interessierten Gemeinde-Chefs vorgestellt sowie diskutiert. Etwa die Hälfte der Landkreis-Kommunen möchte nach den bisherigen Erkenntnissen in die weitere Diskussion aktiv eingebunden sein.

Als Mehrwert für die Beteiligten nennt Degen den Aufbau von neuem und hochwertigem Wohnungs-Bestand auf in den beteiligten Gemeinden, das Belegungsrecht durch die Kommunen sowie die Finanzierung des Wohnungsbaus außerhalb des gemeindlichen Haushalts. Außerdem werde die örtliche kommunale Bauverwaltung nicht belastet und man könne von Seiten der Gemeinden auch Vorbild im Hinblick auf wirtschaftliche, ökologische und energie-effiziente Bauweise sein.

Für die vorgeschlagene Vorgehensweise im Rahmen der kommunalen Zusammenarbeit gebe es bayernweit wenig Erfahrungen. Man beträte also von Seiten des Landkreises durchaus Neuland, wenn mit dieser Konstruktion die Probleme auf dem Wohnungsmarkt angegangen werden sollten. Als Blaupause könnte in diesem Zusammenhang, so Degen, aber der Landkreis Traunstein dienen, der derzeit mit diversen Projekten die Errichtung von mehr als 100 kommunalen Wohnungen vorantreibe. Eine Delegation aus dem Kreis Pfaffenhofen war Degens Worten zufolge bereits vor Ort und hat sich im Austausch mit dem dortigen Landrat und den verantwortlichen Mitarbeitern von der Umsetzbarkeit dieser Strategie überzeugt.

Im Pfaffenhofener Kreistag fanden die Vorschläge von Landrat Gürtner und der Landkreis-Verwaltung nicht uneingeschränkt Zustimmung. Diskutiert wurde etwa die Frage, ob man denn gleich einen Grundsatz-Beschluss braucht oder ob nicht eine Absichts-Erklärung ausreichend wäre – zumal ja nicht der Landkreis in erster Linie gefordert sei, sondern eben die Gemeinden. Das Vorgehen schien einigen Räten zu forsch, das Tempo zu hoch. Zumal ja noch gar nicht klar sei, ob die für den öffentlichen Wohnungsbau eigentlich zuständigen Kommunen überhaupt mitmachen – und wenn ja, welche. Zudem sei noch offen, wie die Gemeinde-Gremien darüber denken. Auf jeden Fall müsste auf der unteren kommunalen Ebene noch ausführlich diskutiert werden.

Die AfD-Fraktion hätte die Abstimmung zu diesem Thema ab liebsten verschoben; sie musste sich im Laufe der Diskussion von Landrat Gürtner den Vorwurf der "Dipfescheißerei" gefallen lassen. Es wurde kontrovers im Gremium diskutiert, zeitweise ging es einigermaßen durcheinander. Auch ein Antrag auf Ende der Debatte stand im Raum. Gürtner hatte einige Mühe, die Fäden in der Hand zu behalten. Es sei "beschämend für das Gremium, ein so wichtiges Thema zu zerreden", proklamierte er.

Am Ende wurde der von ihm erwünschte Grundsatz-Beschluss aber doch mit großer Mehrheit gefasst; es gab sechs Gegenstimmen. Der Beschluss-Vorschlag lautete: "Der Kreistag stimmt dem Beitritt des Landkreises Pfaffenhofen zu einem Zweckverband Kommunaler Wohnungsbau im Grundsatz zu. Eine endgültige Beschlussfassung erfolgt nach Vorla- ge eines finalen Finanzierungs-Modells und der entsprechenden Zweckverbands-Satzung."

Weiterer Bericht zu der Kreistag-Sitzung:

Landkreis Pfaffenhofen will eigene Berufsfachschule für Kinderpflege


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