Im Getränkemarkt-Mordprozess deutet vieles darauf hin – Heute sagte der Sachbearbeiter der Kripo aus
(ty) Der Versuch, mit nicht gedeckten EC-Karten seinen Einkauf im Pfaffenhofener Getränkemarkt Fristo zu bezahlen, hatte die Polizei im vergangenen Jahr auf die Spur von Stefan S. geführt, der derzeit wegen Mordes vor den Schranken des Schwurgerichtes in Ingolstadt steht. Am 13. Juli 2013 soll er den 61-jährigen Inhaber des Getränkemarktes in Pfaffenhofen aus Habgier ermordet zu haben. „Mord in Tateinheit mit Raub mit Todesfolge, “ so lautet die Anklage.
Heute schilderte der Sachbearbeiter der Kriminalpolizei die Ermittlungen, die die Polizei relativ schnell auf die Spur von Stefan S. geführt hatten. Nachdem die beiden Abbuchungsversuche über 96 Euro mit seinen EC-Karten fehlgeschlagen waren, hatte die Polizei leichtes Spiel, bei der Spardabank und der Targobank den Inhaber dieser Karten zu ermitteln.
Und weil der 39-Jährige damit zum Hauptverdächtigen avanciert war, beantrage die Kripo die Überwachung seiner Telefone, um die Gespräche mithören zu und ein Bewegungsprofil erstellen zu können.
Am Freitag nach dem Mord an dem 61-Jährigen hatten die Beamten dann erstmals direkten Kontakt mit den Beschuldigten. Im Klinikum Großhadern, wo er sich wegen seiner Verletzung an der Hand stationär behandeln ließ. Schon bei diesen Verhören deutete sich offenbar an, was der Angeklagte dann auch am ersten Verhandlungstag geäußert hatte: Er könne sich nicht mehr genau erinnern. Schon damals begannen seine Antworten gerne mal mit „ich glaube“. Und dieses „ich glaube“ oder „in meiner Erinnerung“ bestimmten ja denn auch die Aussagen von Stefan S. vor Gericht, die in dem Zitat gipfelten: „Irgendjemand muss es ja gewesen sein.“
Immerhin hat Stefan S. der Kriminalpolizei gegenüber damals schon geäußert, er sei an jenem 13. Juli 2013 nach Pfaffenhofen gefahren, um zu sehen, ob er im Getränkemarkt Geld stehlen könne. Aber auch das Motiv, er sei hingefahren, um dort seine Getränke zu kaufen, weil er vermutet habe, dass in diesem Getränkemarkt nach wie vor nicht online überprüft werde, ob die EC-Karte auch gedeckt sei. Das jedenfalls war so, als er selbst noch in diesem Getränkemarkt gearbeitet hatte.
Geld zu stehlen war indes eines der Motive, dass die Anklage der Habgier und somit die des Mordes aus niederen Beweggründen untermauern könnte. Ebenso die Tatsache, dass die Polizei in seiner Münchner Wohnung Messer gefunden hatte, die zumindest vom Typ und der Größe her der Tatwaffe ähneln. Die ist ja nach wie vor verschwunden. Denn die „rote Tonne“, in der er das Messer nach dem Mord auf dem Rückweg nach München geworfen haben will, wurde nie gefunden. Den Schilderungen des Angeklagten nach war es aber der Getötete gewesen, der das Messer in jener tragischen Auseinandersetzung ist Spiel gebracht haben soll. Und in das Stefan S. beim Abwehrversuch dann gefasst haben will und sich dabei schwer an der Hand verletzt hatte.
Polizeibeamte auf der Suche nach der Tatwaffe in der Umgebung des Tatortes in Pfaffenhofen.
Andererseits: Der Betreiber des Getränkemarktes – das hatte dessen Frau ausgeschlossen – habe so ein Messer auf keinen Fall dabei oder im Getränkemarkt gehabt. Er sei zudem jemand gewesen, der jedem Konflikt aus dem Weg gegangen sei und auch auf keinen Fall Gegenwehr geleistet hätte. Auch in diesem Punkt also sprechen die Indizien eher gegen den Angeklagten, der die Tat ja nicht einmal bestreitet, aber unter Berufung auf seine Gedächtnislücken der ihm von der Anklage vorgehaltenen Heimtücke entgehen will. Die würde sich im Strafmaß signifikant auswirken. Denn Mord aus Heimtücke oder niederen Beweggründen zieht eine andere Strafe nach sich als Totschlag im Affekt.
Wie die Spur des Messers ist auch die der verschwundenen Tageseinnahmen aus dem Getränkemarkt nur schwer nachvollziehbar. 2686 Euro und eventuell noch etwas Wechselgeld waren am Tag der Tat verschwunden. Und der Angeklagte Stefan S. hat in den Tagen nach dem Mord über nahezu exakt 4357 Euro verfügt. Als Bargeld, Einzahlungen auf seinem Konto und an beglichenen Rechnungen. Mehr als die Beute ausgemacht hätte. Aber er war in dieser Zeit eben auch in einer Spielothek im Münchner Westen und soll dort zwischen 2000 und 4000 Euro gewonnen haben. Was vom Inhaber der Spielhalle bestätigt wird. Einen Teil davon habe er aber – wie er selbst ausgesagt hatte – wieder verspielt.
Es scheint schwer, in diesem finanziellen Durcheinander belegen zu können, dass Stefan S. die Tageseinnahmen zwingend mitgenommen haben muss. Wahrscheinlich immerhin ist es, weil er, bevor den großen Gewinn gemacht hat, mit rund 700 Euro im Minus lag in jener Spielothek. Und die muss er vorher bereits gehabt haben, obschon er nachweislich pleite war. Woher also stammte der Spieleinsatz? Aus dem Getränkemarkt aus Pfaffenhofen? Vermutlich, wiewohl sicher nachzuweisen ist das bislang nicht.
Der Gerichtsmediziner Wolfgang Keil schilderte, wie der 61-Jährige laut Obduktionsergebnis genau ums Leben kam. Demnach bekam das Opfer drei Stiche in die Brust und einen in den Bauch. Und die seien absolut tödlich gewesen. Sowohl die Lunge, als auch Herz und Schlagader wurden durch die Stiche verletzt. Das alles habe sich innerhalb weniger Sekunden abgespielt. Zudem seien die Stiche mit sehr viel Gewalt ausgeführt worden. Das habe kein Mensch überleben können.
Der getötete Marktleiter ist vermutlich bereits nach dem ersten Stich zu Boden gegangen. Zuvor allerdings muss der 61-Jährige mit massiven Faustschlägen ins Gesicht traktiert worden sein, wie auch das Foto zeigte, das gestern im Gerichtssaal per Beamer gezeigt worden war. Zudem könnte auch noch eine Schlagwaffe benutzt worden sein. Die allerdings wurde wie auch das Tatmesser nie gefunden. Es war ein regelrechtes Blutbad, das der mutmaßliche Täter Stefan S. da angerichtet hat.
Seine eigenen Verletzungen an der Hand müssen übrigens nicht von einer Abwehrhandlung stammen. Es könnte bei der Gewalt der Stiche durchaus sein, dass er mit der Hand abgerutscht und dadurch selbst in die Klinge gefasst hat und von ihr verletzt worden ist. Wolfgang Keil hält das für die wahrscheinlichste Erklärung.
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