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Bistum feiert seinen Heiligen: Gestern Pontifikalamt mit päpstlichem Sondergesandten im Augsburger Dom und Festakt im Goldenen Saal des Rathauses.

(ty/pba) Vor 1100 Jahren, am 28. Dezember 923, war der Heilige Ulrich zum Bischof von Augsburg geweiht worden. Das Pontifikalamt im Augsburger Dom läutete am gestrigen Donnerstag mit dem päpstlichen Sondergesandten, Kardinal Christoph Schönborn, einen Höhepunkt des Festjahres in der Diözese Augsburg – zu der auch Teile des Landkreises Pfaffenhofen gehören – ein. In seiner Predigt wies der Wiener Kardinal die zahlreichen Gläubigen darauf hin, dass es auch heute noch in unseren Reihen viele Heilige gebe und man den Blick darauf richten sollen. Mit einem großen Festakt im Goldenen Saal des Augsburger Rathauses erfuhr dann am gestrigen Abend das Ulrichs-Jubiläum 2023/24 einen weiteren Höhepunkt.

"Denkt an eure Vorsteher, die euch das Wort Gottes verkündet haben; schaut auf das Ende ihres Lebens und ahmt ihren Glauben nach!" – mit diesen Zitat aus dem Hebräerbrief begann Kardinal Schönborn seine Predigt. Er schaute dabei zum einen auf das Leben des Heiligen Ulrich und was er uns heute zu sagen hat, und bekräftigte gleichzeitig: "Wir brauchen auch lebende Vorbilder". Der Heilige Ulrich sei einer der bedeutendsten Vorsteher dieser Kirche, befand Schönborn und fragte, "wie wir damit umgehen sollen, seinen Glauben nachzuahmen?"

Er wies darauf hin, dass es in den Pfarrgemeinden immer Menschen gebe und auch immer geben werde, "vor denen man Ehrfurcht verspürt, Menschen mit einer tiefen Frömmigkeit, oder auch Menschen, die Vorbild sind, wie sie schwierige Situationen meistern". Weiter sagte er: "Sie gibt es, die Heiligkeit fehlt der Kirche nie!" Auf diese sollten die Gläubigen schauen, ihren Glauben sollten sie nachahmen, bekräftigte Schönborn. Mit Blick auf den Heiligen Ulrich und im Gedenken an ihn versuchte sich der Kardinal in dessen Zeit hineinzudenken.

Er ist der erste, der formell heiliggesprochen wurde. 500 Jahre nach Ulrichs Tod wurde in Augsburg über die Heiligen-Verehrung debattiert, so Schönborn. "Man wollte den Glauben an Jesus Christus wieder in die Mitte rücken." Auch wenn die Lebensverhältnisse, die gesellschaftliche Wirklichkeit und die auch das Verhältnis zwischen Kirche und Staat zu Ulrichs Zeiten ganz anders waren, so bleibe dennoch die Heiligkeit in ihrem Kern bis heute dieselbe, so Kardinal. Die Gläubigen damals "waren fromm und gleichzeitig sehr weltlich", führte er die Situation der Reichskirche vor Augen und fragte: "Wie geht das zusammen?" Er versicherte aber gleichzeitig: "Es wird immer Heilige geben, egal wie die Zeitverhältnisse sind. Auch im 20. und 21. Jahrhundert gibt es eine unerschöpfliche Heiligkeit."

Dazu ging Schönborn auf das Phänomen der Heiligkeit ein, das besagt, dass Heilige nicht produziert werden können, sondern "das Volk erkennt und erspürt sie, Menschen merken, dass da etwas ist, was Größer ist". Bedeutende heilige Bischöfe, wie auch der Heilige Ulrich oder der Heilige Wolfgang, seien vom Volk ernannt worden. Die Menschen hätten ihren Hirten als Helfer und Schutz erfahren – was durch den Tod oftmals verstärkt worden sei – und ihn heiliggesprochen.

Am Ende der Predigt ging der Kardinal noch auf folgende Redewendung ein: "Er – oder sie – ist gestorben im Geruch der Heiligkeit." Der Geruch der Heiligkeit nehme Bezug auf das "Freund sein mit Jesus". Der Heilige Augustinus meine damit "dasselbe wollen und dasselbe nicht wollen". Der Heilige Thomas sagt dazu: "mit Jesus gegenseitig inne sein." Das sei Heiligkeit", so Schönborn. Auch Jesus begründe das, wenn er sage: "Nicht ihr habt mich erwählt, sondern ich habe euch erwählt". Heiligkeit mache man nicht selber, sondern sei ein Geschenk und bringe Frucht.

Er wisse nicht, wie es mit der Kirche weitergehe, so der Kardinal, aber er sei sich sicher: "Es wird Heilige geben und sie werden Freunde Jesu sein. Sie werden leben und sie werden Frucht bringen. Denkt an eure Vorsteher und ahmt ihren Glauben nach. Zu finden sind diese in unseren Nächsten." Er schloss seine Predigt mit dem Gebet an den Heiligen Ulrich: "Heiliger Ulrich, du guter Hirte, bitte für uns."

Das Pontifikalamt haben neben des apostolischen Nuntius in Deutschland, Erzbischof Nikola Eterović, auch die Weihbischöfe sowie zahlreiche Priester des Bistums mitgefeiert. In ökumenischer Verbundenheit hieß der Augsburger Bischof Bertram Meier den Regionalbischof Axel Piper willkommen, der auch eine Fürbitte vortrug, ebenso Vertreter der griechisch-katholischen Kirche. Zudem begrüßte Meier neben der Oberbürgermeisterin der Stadt Augsburg, Eva Weber, auch Manfred Beißwenger, Staatsminister für Europa-Angelegenheiten, und Theo Waigel, ehemaliger Bundesminister für Finanzen, sowie den Europa-Abgeordneten Manfred Weber, Partei- und Fraktions-Vorsitzender der EVP. Dem Wiener Kardinal waren vom Vatikan zwei Delegaten zur Seite gestellt worden: Die Pfarrer von "St. Ulrich und Afra" und des Doms, Christoph Hänsler und Domkapitular Armin Zürn, waren zu offiziellen Begleitern des päpstlichen Sondergesandten ernannt worden.

Das Ulrichs-Jubiläum 2023/24, das noch bis Juli kommenden Jahres läuft, erinnert unter dem Leitwort "Mit dem Ohr des Herzens" an den Bistums-Heiligen (geboren im Jahr 890), der am 28. Dezember 923 zum Bischof geweiht worden war und 50 Jahre später starb. Bereits heuer im Juli war das Jubiläumsjahr eingeläutet worden. Bischof Meier freut sich über "viele Feste, viele Begegnungen, viele geistliche Initiativen – überall in der Diözese habe ich eine intensive Beschäftigung mit unserem Bistums-Heiligen wahrgenommen, der uns auch heute noch viel zu sagen hat". Er wünsche sich, dass nicht nur der Weihetag festlich begangen werde, sondern "dass der Heilige Ulrich unsere Weggemeinschaft im Glauben stärken möge".

Mit einem großen Festakt im Goldenen Saal des Augsburger Rathauses erfuhr am gestrigen Abend das Ulrichs-Jubiläum 2023/24 einen weiteren Höhepunkt. Im Beisein des päpstlichen Sondergesandten und des apostolischen Nuntius für Deutschland stand die europäische Dimension des Heiligen Ulrich im Mittelpunkt. Oberbürgermeisterin Weber stellte zu Beginn des Festakts heraus, dass 1100 Jahre Bischof Ulrich "nicht nur ein klerikales Jubiläum" darstelle: "Für die Stadt Augsburg ist der Heilige Ulrich von großer Bedeutung wie nur wenige andere. Er ist unser Schutzpatron. Seine Hingabe an die Armen ist Leitmotiv und unsichtbare Richtschnur für vieles, was bis heute unsichtbarer Kitt für das Gefüge in unserer Stadt ist."

Mit seiner Vorliebe für die Armen, stimmte Bischof Meier in seinem Grußwort zu, würde der Heilige Ulrich die Menschen von heute sicher beeindrucken: "In seiner Lebensbeschreibung lesen wir, dass er sich nicht zu Tisch setzen wollte, ohne seine Kleriker anzuweisen, die Armen im Ort mit einer Mahlzeit zu stärken. Dabei versammelte der Heilige Ulrich ausdrücklich die Verstümmelten und Gebrechlichen, die auf Ruhebetten und Tragbahren lagen, um seinen eigenen Tisch. Ein Verhalten, das auch in unserer aufgeklärten und inklusiv denkenden Welt ein Alleinstellungs-Merkmal wäre."

Meier formulierte daraus einen Appell "an unseren alten Kontinent Europa, damit er lebendig bleibt; einen Impuls für unsere Stadt Augsburg, die ein internationales, multireligiöses und ökumenisches Gesicht hat: Europa soll keine Festung sein, sondern ein offenes Haus. Im Hinblick auf Menschen, die nach Europa kommen, gilt es, Blauäugigkeit ebenso zu vermeiden wie die Wagenburg-Mentalität einer geschlossenen Gesellschaft, die sich abschottet und Mauern baut". 

Gerade in diesen unruhigen Zeiten des Krieges in der Ukraine und des Krieges im Heiligen Land lerne man den Frieden wieder als etwas nicht Selbstverständliches, sondern als etwas besonders Schützenwertes zu schätzen, so der Bischof. Der Heilige Ulrich erinnere daran, dass es allein darauf ankomme, den guten Willen durch die Tat zu bezeugen. "Schön Reden ist keine Alternative zum Handeln. Worte sind wichtig, doch was zählt, ist die Tat", so Meier.

Der bayerische Staatsminister für Europa-Angelegenheiten und Internationales, Eric Beißwenger, nannte Ulrich einen frühen Europäer: "Ihm ging es um Frieden zwischen den Völkern, damit ist Ulrich für mich ein Vordenker und Wegbereiter Europas. Wie gut, dass er in uns weiterlebt." Diejenigen, die heute in politischer und geistlicher Verantwortung stünden, sollten sich das der Ulrichs-Vita entnommene Jubiläums-Motto "Mit dem Ohr des Herzens" zu eigen machen. Beißwenger: "Europa ist das größte und erfolgreichste Friedens-Projekt der Menschheits-Geschichte. Die Europawahl wird über das Schicksal des Kontinents entscheiden. Mit dem Herzen hören, dass muss auch heute für die Politik gelten."

"Ein Europa für die Menschen" – das war der Titel der Festansprache des Abends, die der Europa-Abgeordnete Manfred Weber hielt. Mit einem Augenzwinkern entschuldigte er sich eingangs, dass er im vorgehenden Gottesdienst das Ulrichs-Lied noch nicht gut mitsingen habe können – schließlich stamme er aus dem Bistum Regensburg. Über die Ungarn-Schlacht von 955 allerdings habe er schon in der Schule erfahren und darüber auch den Heiligen Ulrich als "Retter Europas" kennengelernt. "Ein Bischof hatte früher eine ganz andere Rolle. Aber wie er sein Amt ausführte, dass kann eben auch heute für uns noch beispielgebend sein. Denn Europa steht auch heute wieder auf der Kippe", so der CSU-Politiker aus dem Landkreis Kelheim. Ulrich könne in dieser Zeit ein Lehrmeister sein.

So sei für ihn nicht Machtgewinn entscheidend gewesen, sondern das, was man daraus mache: "Für Ulrich war nicht entscheidend, Bischof zu werden, sondern Bischof zu sein. Die Qualität von Verantwortungsträgern sieht man in ganz alltäglichen Entscheidungen – wie sie mit Menschen umgehen zum Beispiel." Und hier sei der Heilige Ulrich ein Vorbild gewesen. Außerdem: Nicht Ruhm sei für ihn entscheidend gewesen, sondern Verantwortung. "Es ging ihm nicht um Denkmäler, sondern er machte immer weiter", so Weber. Das gelte auch heute: Europa sei ein Erfolgs-Modell in den letzten 70 Jahren gewesen, aber diese Stabilität sei heute in Gefahr.

"Nicht mein Ich, sondern das Gemeinsame zählt" – diese Haltung hob der Europa-Politiker besonders hervor. "Sankt Ulrich hat nicht nur an sich und sein Bistum gedacht, sondern darüber hinaus geschaut. Europa heute ist mehr als die Summe nationaler Interessen. Nur wenn Europa zusammenhält und das große Ganze im Blickt hält, dient es seinen Menschen." Die Menschen müssten lernen, Europa als Schicksals-Gemeinschaft zu sehen – so, wie es der Heilige Ulrich getan habe. Weber: "Wir werden lernen müssen, in dieser Gemeinschaft zu denken."

Weber erzählte, wie er oft kreuz und quer durch Europa fliege und dann feststelle: Egal, in welchem Land, fast überall stehe eine Kirche: "Europa ist Vielfalt, aber eben auch Gemeinschaft. Wir werden ein christliches Europa nur erhalten, wenn wir Menschen haben, die sich bekennen. Das christliche Europa ist die Grundprägung unseres Kontinents und wir sollten dieses Fundament erhalten – das wäre das, was Ulrich sich für heute wünschen würde."

Am Ende des Festaktes, der von den Augsburger Domsingknaben und dem Bläser-Ensemble der Dommusik unter Leitung von Domkapellmeister Stefan Steinemann gestaltet wurde, erklang vor der Europa-Hymne auch hier das Ulrichs-Lied – und Manfred Weber wirkte nun schon sehr viel textsicherer. Detaillierte Informationen über das Lebens und Wirken des Heiligen Ulrich gibt es unter https://ulrichsjubilaeum.de/hl-ulrich/


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