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Laut einer Regional-Analyse fehlen hier aktuell bereits 1150 Wohnungen. Und an dem Bedarf ändere auch die Zahl der Leerstände nichts.

(ty) Fehlender Wohnraum ist fast überall in Deutschland ein großes Problem, auch in der hiesigen Region. Das nach eigenen Angaben als Forschungs-Einrichtung und Dienstleister für Kommunen, Unternehmen und Verbände agierende und ohne jegliche öffentliche institutionelle Fördermittel auskommende Pestel-Institut prognostiziert für den Landkreis Pfaffenhofen bis 2028 einen jährlichen Bedarf von jeweils rund 870 Neubau-Wohnungen. In einer aktuellen Regional-Analyse zum Wohnungsmarkt habe man diese Prognose für die nächsten vier Jahre erstellt. Das teilt die im niedersächsischen Sarstedt ansässige gemeinnützige GmbH in einer aktuellen Presse-Erklärung mit.

"Der Neubau ist notwendig, um das bestehende Defizit – immerhin fehlen im Landkreis Pfaffenhofen an der Ilm aktuell rund 1150 Wohnungen – abzubauen, aber auch, um abgewohnte Wohnungen in alten Häusern nach und nach zu ersetzen", sagt Matthias Günther, der Leiter des Pestel-Instituts. Bei Letzteren gehe es insbesondere um Nachkriegs-Bauten, bei denen sich eine Sanierung nicht mehr lohne. Der Wissenschaftler erwartet, dass das Baupensum allerdings zurückgeht. Günther spricht von einem "lahmenden Wohnungs-Neubau, dem mehr und mehr die Luft ausgeht".

So habe es in den ersten fünf Monaten dieses Jahres nach Erkenntnissen des Pestel-Instituts im ganzen Landkreis Pfaffenhofen lediglich für 302 neue Wohnungen eine Bau-Genehmigung gegeben. Zum Vergleich: Im Jahr davor seien im gleichen Zeitraum immerhin noch 351 Bau-Genehmigungen erteilt worden. "Damit ist die Bereitschaft, im Kreis Pfaffenhofen neuen Wohnraum zu schaffen, innerhalb von nur einem Jahr um 14 Prozent zurückgegangen", so Matthias Günther.

2500 ungenutzte Wohnungen

An dem Wohnungs-Bedarf im Kreis Pfaffenhofen ändere auch die Zahl leerstehender Wohnungen nichts. Der aktuelle Zensus registriere für den Landkreis immerhin rund 2500 Wohnungen, die nicht genutzt werden, so das Pestel-Institut. Das seien 4,2 Prozent vom gesamten Wohnungs-Bestand im Kreis. Ein Großteil davon, nämlich rund 1600 Wohnungen, stehe jedoch schon seit einem Jahr oder länger leer. "Das sind immerhin rund 64 Prozent vom Leerstand. Dabei geht es allerdings oft um Wohnungen, die auch keiner mehr bewohnen kann. Sie müssten vorher komplett – also aufwändig und damit teuer – saniert werden", so Günther.

Grundsätzlich sei ein gewisser Wohnungs-Leerstand aber immer auch notwendig. "Rund drei Prozent aller Wohnungen, in die sofort jemand einziehen kann, sollten frei sein. Schon allein, um einen Puffer zu haben, damit Umzüge reibungslos laufen können. Und natürlich, um Sanierungen überhaupt machen zu können", so der Wissenschaftler. Aber es werde nur selten gelingen, Wohnungen, die lange leer stehen, wieder zu aktivieren und an den Markt zu bringen.

Denn viele Hauseigentümer halten sich nach Beobachtungen des Pestel-Instituts mit einer Sanierung zurück: "In ihren Augen ist eine Sanierung oft auch ein Wagnis. Sie sind verunsichert. Sie wissen nicht, welche Vorschriften – zum Beispiel bei Klimaschutz-Auflagen – wann kommen", erläutert der Leiter des Pestel-Instituts. Und er kritisiert: "Es fehlt einfach die politische Verlässlichkeit. Ein Hin und Her wie beim Heizungs-Gesetz darf es nicht mehr geben." Außerdem hapere es bei vielen auch am nötigen Geld für eine Sanierung.

Günther nennt weitere Gründe, warum leerstehende Wohnungen nicht vermietet werden: "Immer wieder kommt bei Erb-Streitigkeiten kein Mietvertrag zustande. Und oft scheuen sich Hauseigentümer auch, sich einen Mieter ins eigene Haus zu holen, mit dem sie sich am Ende vielleicht nicht verstehen." Für Günther steht deshalb fest: "Am Neubau von Wohnungen führt daher auch im Kreis Pfaffenhofen kein Weg vorbei."

"Milchmädchen-Rechnung"

Das Pestel-Institut hat die Regional-Analyse zum Wohnungsmarkt nach eigenem Bekunden im Auftrag des "Bundes-Verbandes Deutscher Baustoff-Fachhandel" (BDB) durchgeführt. Für dessen Präsidentin macht die Untersuchung eines deutlich: "Es ist eine Milchmädchen-Rechnung, die leerstehenden Wohnungen gegen den aktuellen Bedarf an Wohnungen gegenzurechnen. Das funktioniert so nicht", sagt Katharina Metzger. Und weiter: "Politiker, die das gerade versuchen, betreiben Augenwischerei."

Metzger erteilt damit der Aufforderung von Klara Geywitz (SPD) eine klare Absage. Die Bundesbauministerin hatte zuletzt den Menschen, die eine Wohnung suchen, geraten, aufs Land zu ziehen. Für die Chefin des Baustoff-Fachhandel-Verbandes steht fest: "Der Wohnungsbau ist auch im Kreis Pfaffenhofen das Bohren dicker Bretter." Um voranzukommen, fordert Metzger, die Baustandards zu senken: "Einfacher bauen – und damit günstiger bauen. Das geht, ohne dass der Wohn-Komfort darunter leidet. Andernfalls baut bald keiner mehr."

Es müsse ein "starkes Abspecken" bei Normen und Auflagen geben – im Bund, bei den Ländern und Kommunen. Katharina Metzger warnt: "Am Ende stoppen überzogene Förder-Kriterien, Normen und Auflagen den Neubau von Wohnungen – von hoch geschraubten Klimaschutz-Maßnahmen, ohne die es keine Förderung gibt, bis zu Stellplätzen, ohne die erst gar nicht gebaut werden darf." Scharfe Kritik richtet Metzger an den Bund: "Es passiert zu wenig. Und was jetzt passiert, kommt zu spät."

Wer 400 000 Neubau-Wohnungen – darunter 100 000 neu gebaute Sozial-Wohnungen – im Wahlkampf verspreche und im Koalitions-Vertrag festschreibe, der dürfe nicht erst ein Jahr vor der nächsten Bundestagswahl wach werden. Ohne eine deutlich stärkere staatliche Unterstützung würden weder der notwendige Neubau noch die Sanierungen von Wohnungen im erforderlichen Umfang gelingen. Außerdem kritisiert Metzger gemeinsam mit den Wissenschaftlern vom Pestel-Institut den geplanten Bundeshaushalt für nächstes Jahr: Darin fehlten dringend notwendige Fördermittel für den Wohnungs-Neubau – allen voran für den sozialen Wohnungsbau.

"Begreifen, wie ernst die Lage ist"

Der benötigt nach Berechnungen des Pestel-Instituts mindestens zwölf Milliarden Euro pro Jahr von Bund und Ländern. Der Bund stelle für nächstes Jahr jedoch lediglich 3,5 Milliarden Euro bereit. Auch die Perspektive sei schlecht: Bis 2028 wolle die Bundesregierung Sozialwohnungen mit weniger als 22 Milliarden fördern. "Das reicht hinten und vorne nicht. Und es ist ein willkürlich gegriffener Zeitraum, um eine vermeintlich hohe Milliardensumme in den Raum zu stellen", sagt Metzger. Doch die Wahrheit dahinter sei, moniert sie: Der soziale Wohnungsbau werde bei dieser Bundesregierung auch weiter auf der Strecke bleiben.

"Das müssen die Menschen den heimischen Bundestags-Abgeordneten im Landkreis Pfaffenhofen an der Ilm jetzt klarmachen", so die BDB-Präsidentin. "Nur wenn es massiven Druck vor Ort gibt, werden diese und die kommende Bundesregierung begreifen, wie ernst die Lage ist." Aktuell erlebe die Wohnungsbau-Branche "einen regelrechten Absturz". Viele Unternehmen hätten bereits Kapazitäten abbauen müssen. "Die Neubau-Zahlen gehen in den Keller. Mauerstein-Hersteller zum Beispiel schließen Werke", berichtet Metzger.

Nach ihren Angaben rollt die Entlassungswelle: Der Bau verliere Beschäftigte – darunter gute Fachkräfte. Dabei sei das "das Letzte, was sich Deutschland jetzt erlauben darf". Metzger warnt gemeinsam mit dem Pestel-Institut vor einer "Absturz-Spirale beim Wohnungs-Neubau". Die Situation sei fatal: "Wohnungsnot trifft auf Nicht-Wohnungsbau. Diese toxische Entwicklung muss dringend gestoppt werden", so die Verbands-Präsidentin. Denn Wohnungs-Mangel schaffe soziale Spannungen. "Wenn sich Menschen wochen- und monatelang um eine neue Wohnung kümmern müssen, dann braut sich da etwas zusammen. Das ist Gift für das soziale Miteinander in der Gesellschaft", so ihre Einschätzung. 


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