Führende hiesige Sozialdemokraten fordern ein Ende der Debatte über eine mögliche Privatisierung – eine Debatte, die aber gar nicht geführt wird. Zugleich wenden sie sich gegen die "Defizit-Rhetorik" und postulieren: "Investieren und kooperieren statt kaputtsparen."
Von Tobias Zell
"Sollte die Debatte über eine mögliche Privatisierung der Ilmtalklinik weitergeführt werden, ist die SPD bereit, ein kreisweites Bürgerbegehren zu initiieren." Das teilte der Pfaffenhofener Kreisverband der Sozialdemokraten per Presse-Erklärung mit. "Die Unterschriften-Listen liegen bereit. Wir sind jederzeit bereit, aktiv zu werden", wird betont. Man sei bereit für einen Bürgerentscheid. "Die Klinik gehört uns allen – und wir werden alles tun, um sie in öffentlicher Hand zu halten." Bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang, dass jüngst im Kreistag zwar über das neuerliche Rekord-Defizit der Ilmtalklinik-GmbH mit ihren Krankenhäusern in Pfaffenhofen und Mainburg diskutiert wurde, aber nicht über eine Privatisierung. Und auch in der Vergangenheit war quer durch die Fraktionen immer wieder einhellig betont worden, man wolle die Klinik in kommunaler Hand behalten.
Josef Finkenzeller (FW) hatte in der jüngsten Kreistag-Sitzung daran erinnert, dass er vor zehn Jahren einmal angedeutet habe, dass man die Ilmtalklinik privatisieren könnte – und daraufhin gesteinigt worden sei. Darauf reagierte Landrat Albert Gürtner (FW) jetzt unmissverständlich: "Heute nimmt uns keiner mehr!" Von einer Privatisierung der in tiefrote Zahlen steckenden Klinik-GmbH ist jedenfalls in der Pfaffenhofener Kreispolitik keine Rede. Lesen Sie dazu: Ilmtalklinik, finanzieller Pflegefall: Zwischen fehlendem Mut und Durchhalte-Parolen
Andreas Aichele (CSU) hatte angesichts der Entwicklungen "schonungslose Aufklärung" verlangt. Er verwies auch auf das jüngste, kostspielige Gutachten, aus dem wenig umgesetzt worden sei. Und das zusätzliche Regional-Gutachten, das auf ein gemeinsames Vorgehen beziehungsweise eine Kooperation der kommunalen Krankenhäuser in der Gegend abzielt, "zerbröckelt" nach seiner Einschätzung. Zumindest werde sich "alles ewig verzögern". Er sah Gürtner, der auch Chef des Ilmtalklinik-Aufsichtsrats ist, in der Pflicht: "Übernehmen Sie endlich Führung und Verantwortung und sorgen Sie dafür, dass wir das in den Griff bekommen."
Käser hatte später in Richtung von Aichele gemeint, es sei "Theater-Donner", jetzt den Frust beim Landrat abzuladen. Als "Theater-Donner" ausgelegt werden könnte allerdings auch die Forderung der SPD nach dem Ende einer Debatte, die es praktisch nicht gibt. Jedenfalls sagt der SPD-Kreisverband jetzt zum wiederholten Male "Nein zur Privatisierung der Ilmtalklinik" und fordert, "die Diskussion um einen Verkauf zu beenden und stattdessen in die nachhaltige Stärkung der Klinik zu investieren".
"Unsere Klinik ist für die Gesundheit der Bürger da, nicht für Kapital-Renditen", so die SPD. "Diese unnötige Diskussion schadet der Klinik und dem Personal." Unterzeichnet ist die Presse-Mitteilung von Markus Käser (SPD-Kreisvorsitzender und Sprecher seiner Fraktion im Kreistag), Marianne Strobl (stellvertretende SPD-Kreisvorsitzende), Werner Hammerschmid (stellvertretender Sprecher der SPD-Fraktion im Kreistag und Mitglied des Aufsichtsrats der Ilmtalklinik-GmbH) und Christian Keck (Bürgermeister von Rohrbach, stellvertretender SPD-Kreisvorsitzender und Mitglied des Kreistags).
"Die SPD im Landkreis Pfaffenhofen bleibt kampfbereit", stellen sie in ihrer Erklärung klar: "Für eine gesunde Zukunft und eine starke Region – die Ilmtalklinik muss in öffentlicher Hand bleiben!" Kooperationen mit Kliniken in Ingolstadt, Eichstätt und Schrobenhausen seien der Schlüssel zur Zukunfts-Sicherung. Eine Regio-Klinik mit starken Partnern biete langfristige Stabilität sowie eine zeitgemäße medizinische Versorgung.
"Privatisierung ist ein absolutes No-Go", betont Hammerschmid. "Die Ilmtalklinik ist ein Garant für die medizinische Versorgung von Tausenden und darf nicht den Rendite-Interessen privater Investoren geopfert werden." Keck fügt hinzu: "Anders als bei Polizei oder Feuerwehr wird bei der Gesundheits-Versorgung immer über Defizite diskutiert. Das muss aufhören."
Klar ist aber: Die Finanzierung der Ilmtalklinik-GmbH, unter deren Dach die Krankenhäuser in Pfaffenhofen und Mainburg – getragen von den Kreisen Pfaffenhofen und Kelheim – firmieren, wird eine immer größere Herausforderung. Das vergangene Jahr wurde, wie berichtet, mit einem Fehlbetrag in Höhe von knapp 14 Millionen Euro abgeschlossen. Laut Wirtschaftsplan war sogar ein Defizit von 19,7 Millionen Euro erwartet worden.
Eine Entspannung der Lage ist nicht in Sicht. Zumal für heuer mit einen Minus in einer Größenordnung von 23 Millionen Euro gerechnet wird – der nächste Negativ-Rekord. "Wenn wir die bestehenden Strukturen so weiterfahren, wird es keine großen Veränderungen geben", sagt Ilmtalklinik-Geschäftsführer Christian Degen. Einen ausführlichen Bericht dazu lesen Sie hier: Ilmtalklinik-GmbH droht nächstes Rekord-Defizit: Zahlen, Fakten, Hintergründe
Die SPD setzt sich nach eigenem Bekunden für eine Reduzierung des Zuschuss-Bedarfs durch den Abbau von Doppel-Strukturen in der Region ein, lehnt jedoch die "Defizit-Rhetorik" ab. Der oft verwendete Begriff "Defizit" erweckt nach Dafürhalten der Sozialdemokraten fälschlicherweise den Eindruck, es handelt sich um ein Unternehmen, das keine Verluste haben darf. "Gesundheits-Versorgung ist eine öffentliche Aufgabe – Zuschüsse für die Klinik sind Investition in die Sicherheit und Versorgung, kein negatives Defizit", sagt Käser und appelliert: "Deshalb bitte Schluss mit dieser Defizit-Rhetorik." Die Stoßrichtung der SPD lautet: "Investieren und kooperieren statt kaputtsparen."
Käser kritisiert die Staatsregierung und nimmt den Landesvater in die Pflicht: "Während Ministerpräsident Söder von der Stärkung der Regionen spricht, werden Kliniken wie die Ilmtalklinik im Stich gelassen. Die CSU hat es über Jahre versäumt, eine zukunftsorientierte Krankenhaus-Politik zu betreiben, und das rächt sich jetzt – auf Kosten der Bürger."
Die bayerische Regierung vernachlässigt aus Sicht der Sozialdemokraten ihre gesetzliche Pflicht zur Investitions-Finanzierung der Kliniken. "Die Untätigkeit der Staatsregierung führt zu Klinik-Schließungen und setzt die Kommunen unter Druck", findet Strobl. "Wir fordern eine klare Krankenhaus-Planung und die vollständige Finanzierung der Sanierungs-Maßnahmen sowie keine Hängepartie, bis zugesagte Gelder überwiesen werden", ergänzt Hammerschmid.
Keck fordert den Landkreis zum Handeln auf und ergänzt: "Die SPD setzt sich nicht nur für die Sicherung der Klinik, sondern auch für innovative Projekte wie den Bau einer Klinik-Regionalküche in Pfaffenhofen ein, die die Patienten-Versorgung verbessert, Kitas und Schulen versorgt und durch mehr regionale Lebensmittel die lokale Landwirtschaft stärkt." Die Bundes-Ebene wird in der SPD-Mitteilung nicht erwähnt. Der Bundesgesundheitsminister ist ein Sozialdemokrat.
Zum Hintergrund:
Ilmtalklinik, finanzieller Pflegefall: Zwischen fehlendem Mut und Durchhalte-Parolen
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