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Der 48-Jährige spricht über "Software-Roboter" und künstliche Intelligenz, kritisiert überbordende Regulatorik, Bürokratismus und ein "Vorschriften-Monster", erklärt die Dimensionen von Nachhaltigkeit und die Rolle des "Bitcoin".

Von Tobias Zell

Seit einigen Wochen ist Andreas Streb der oberste Manager der Volksbank-Raiffeisenbank Bayern-Mitte. Der in Pfaffenhofen wohnende 48-Jährige, der bislang als stellvertretender Vorstands-Chef fungierte, steht dem Führungs-Gremium seit Anfang des Jahres vor. Er trat die Nachfolge von Richard L. Riedmaier an, der in den Ruhestand ging. Im Gespräch mit unserer Zeitung erläutert Streb die seiner Ansicht nach größten Herausforderungen. Er erklärt, was er sich von "Software-Robotern" und künstlicher Intelligenz verspricht, und kritisiert die überbordende Regulatorik sowie das neueste "Vorschriften-Monster". Außerdem erläutert er, dass Nachhaltigkeit für sein Geldinstitut weit über Energie-Effizienz hinausgeht und auch den Kredit-Bereich betrifft. Streb unterstreicht die Bedeutung des "Bitcoins" und räumt ein: "Wir werden nicht jede kleine Filiale erhalten können."

Digitalisierung bleibt eine der großen und andauernden Herausforderungen. Wenngleich man hier schon "viel erreicht" habe, sagt Streb – auch, weil man frühzeitig einstiegen sei. Man habe ein "Robotik-Team" mit Programmierern aufgebaut, um Prozesse zu automatisieren, sowie "Software-Roboter" entwickelt, die sozusagen die stupide Eingabe von Daten übernehmen. Die Erfassung von Kunden-Daten könne zum Beispiel unkompliziert anhand eines Ausweises und mit Hilfe eines Scanners erfolgen – damit falle auch die manuelle Kontrolle weg.

Für Streb ist diesbezüglich die Stoßrichtung klar: Bei der Daten-Erfassung müsse man noch digitaler werden. "Das hebt die Effizienz und wir haben mehr Zeit für unsere Kundinnen und Kunden." Auf dem Weg zur weiteren Digitalisierung sehe er "großes Potenzial", so der neue Vorstands-Vorsitzende. Dazu gehöre auch künstliche Intelligenz (KI). Deshalb habe man bereits eine eigene Stabsstelle geschaffen, um die Integration von KI-Lösungen zu befördern. "Wir haben das Know-How im Haus", betont Streb.

"Man setzt uns immer noch eins drauf"

Wenig erfreut ist er dagegen über manche Rahmenbedingungen in der Bundesrepublik: "Die Regulatorik und der Bürokratismus in Deutschland sind so übergreifend, dass das oft nur noch behindert und kaum mehr einen Nutzen oder Mehrwert bringt", moniert er. Früher seien die meisten Vorgaben und Regelungen noch nachvollziehbar gewesen. Doch mittlerweile könne man mitunter nicht mehr erklären, was das einer Bank noch bringen solle. 

"Es wird immer mehr und immer komplexer, das bedeutet immer mehr Aufwand", lautet Strebs Fazit zur Regulatorik. Das sei beileibe kein neues Problem, "aber man setzt uns immer noch eins drauf". Vieles komme ihm "wie von Angst getrieben" vor. Der "Digital Operational Resilience Act", kurz Dora, "schafft nicht mehr Sicherheit, sondern Unsicherheit", sagt Streb und spricht von einem "neuen Vorschriften-Monster". Zu abgehoben sei das und zu theoretisch.

Seit diesem Jahr hat die Volksbank-Raiffeisenbank Bayern-Mitte auch eine Stabsstelle für Nachhaltigkeit. Denn das ist ein weiteres großes Thema – wichtig, in aller Munde und viele Bereiche betreffend. "Aber auch da wird beim Bürokratismus über das Ziel hinausgeschossen", kritisiert Streb. "Da werden regelrechte Daten-Friedhöfe aufgebaut." Und man frage sich, was man als Bank überhaupt noch finanzieren dürfe. Denn bei Nachhaltigkeit geht es nicht bloß darum, dass die VR Bayern-Mitte als Betrieb nachhaltig agiert – Stichworte: Energie-Effizienz, Photovoltaik, CO2-Fußabdruck. Nein, für ein Geldinstitut hat Nachhaltigkeit laut Streb noch eine große zusätzliche Dimension – denn man tritt ja auch als Kredit-Geber auf.

Hier geht es um so genannte ESG-Scores. Hintergrund: Innerhalb der Europäischen Union (EU) erhöhen sich die Anforderungen an die Nachhaltigkeits-Berichterstattung. Berücksichtigt werden dabei Daten aus den Bereichen Umwelt (Environment), Soziales (Social) und der Unternehmensführung (Governance) – kurz ESG. Mögliche Kredite können nach den Worten von Streb in bestimmen Fällen bezüglich der Nachhaltigkeit sozusagen "rot" werden. Dann gelte es, schlüssig zu begründen, warum man sie gegebenenfalls trotzdem gewähre. Strebs Begeisterung für ESG-Scores hält sich jedenfalls in Grenzen. Erstens, sagt er: "Wir haben doch immer schon bedacht, ob ein Kredit nachhaltig ist oder nicht." Und zweitens: "Am Ende wird der Markt entscheiden, was nachhaltig ist." 

Beim Richtfest auf dem "Donau-Tower" im vergangenen Sommer in Ingolstadt. Damals war Andreas Streb (links) noch stellvertretender Vorstands-Chef. Mittlerweile hat er die Nachfolge von Richard L. Riedmaier (rechts) angetreten.

"Regional und digital" – so bezeichnet der neue Vorstands-Vorsitzende das Geschäfts-Modell der Volksbank-Raiffeisenbank Bayern-Mitte. Sein Credo: "Wir wollen der erste Ansprech-Partner für alle Finanz-Themen sein." Dafür offeriere man verschiedene Möglichkeiten und Kanäle, vom Vor-Ort-Service bis hin zum Online-Angebot – die Entscheidung liege individuell beim Kunden. Natürlich bleibe man in der Fläche vertreten, sagt Streb, räumt aber auch ein: "Wir werden nicht jede kleine Filiale erhalten können." In Ingolstadt habe man zum Beispiel kürzlich drei Filialen zu einer vereint.

Unter der Federführung von Streb war von der VR Bayern-Mitte bereits vor mehreren Jahren ein "Bitcoin"-Angebot ins Leben gerufen worden – hier sieht sich das Geldinstitut als Vorreiter. Seitdem wurde ein eigener Dienstleistungs-Service rund um diese Kryptowährung geschaffen. "Wir haben das Know-How aufgebaut, sind gut unterwegs und haben uns einen Namen gemacht", sagt Streb. Der Bitcoin sei in der Finanzwelt angekommen, Experten sähen ihn auch als langfristige Depot-Beimischung. In die VR-Banking-App werde ein Krypto-Wallet integriert.

Seinem Geldinstitut attestiert Streb für die Zukunft eine insgesamt gute Ausgangs-Situation. Man wolle die Bank weiterhin "peu a peu voranbringen". Es gehe um hohe messbare Qualität und die Fortführung der Digitalisierungs-Bemühungen. Zu seiner eigenen neuen Rolle sagt er: "Der Vorstands-Vorsitzende ist Organisator der Vorstands-Arbeit und Sprecher des Vorstands-Gremiums." Außerdem beginne heuer nicht nur eine "Ära Streb", sondern auch die "Ära Donau-Tower". Für den kommenden April sei der Umzug in das neue, imposante Bauwerk in Ingolstadt geplant. Erstmals befänden sich dann alle Betriebs-Bereiche der VR Bayern-Mitte unter einem Dach.

Streb wohnt seit dem Jahr 2017 in Pfaffenhofen an der Ilm – und das wird seinen Worten zufolge auch als Vorstands-Chef so bleiben. Das Geldinstitut, dem er nun als oberster Manager vorsteht, beschäftigt rund 750 Mitarbeiter. Die Bilanz-Summe lag im vergangenen Jahr bei rund 5,6 Milliarden Euro, das betreute Kunden-Volumen betrug mehr als zwölf Milliarden Euro. Die Volksbank-Raiffeisenbank Bayern-Mitte ist nach wie vor eine der größten Genossenschafts-Banken im Freistaat.

Zur Person

Den Grundstein für seine berufliche Laufbahn legte Streb zwischen 1992 und 1995 mit einer Ausbildung zum Bank-Kaufmann bei der Raiffeisenbank Bergen-Ettenstatt-Nennslingen, heute: VR im südlichen Franken. Nach der Ausbildung arbeitete er dort noch weitere fünf Jahre in der Kunden-Beratung. Im Jahr 2000 wechselte er in die interne Revision der Volksbank-Raiffeisenbank Eichstätt. Seine nächsten Stationen absolvierte er von 2002 bis 2010 als Prüfer sowie später als Prüfungs-Leiter beim bayerischen Genossenschafts-Verband.

Das Jahr 2011 brachte für Streb den Wechsel zur Hallertauer Volksbank. Dort wurde er bereits zwei Jahre später in den Vorstand berufen. Nach der Fusion mit der Volksbank-Raiffeisenbank Bayern-Mitte im Jahr 2018 übernahm er die Position des stellvertretenden Vorstands-Chefs und verantwortete die Ressorts Banksteuerung und Controlling, Beauftragtenwesen, Rechnungswesen, Organisation und IT. Seit Anfang dieses Jahres ist er der Vorstands-Vorsitzende. Weitere Vorstands-Mitglieder sind Franz Mirbeth, Wolfgang Gebhard und Helmut Kundinger.

Zum Hintergrund:

Langjähriges herausragendes Engagement: Richard L. Riedmaier geht in Ruhestand

Andreas Streb wird neuer Vorstands-Chef der Volksbank-Raiffeisenbank Bayern-Mitte


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