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Im Prozess um das Bootsunglück von Geisenfeld, das an Silvester vergangenen Jahres zwei Menschenleben gekostet hat, wurde der 69-jährige Boots- und Teicheigentümer heute zu 19 600 Euro Geldstrafe verurteilt. Verteidigung kündigt Berufung an

Update: Kein Wort des Bedauerns

Von Tobias Zell 

Im Prozess um das tödliche Bootsunglück vom Silvesternachmittag vergangenen Jahres auf einem Weiher bei Geisenfeld ist heute Nachmittag am Pfaffenhofener Amtsgericht das Urteil gefallen. Der Richter befand den 69-jährigen Eigentümer von Boot und Weiher für schuldig. Siegmund B. aus der Gemeinde Geisenfeld wurde wegen fahrlässiger Tötung in zwei Fällen sowie wegen fahrlässigen gefährlichen Eingriffs in den Schiffsverkehr zu einer Geldstrafe in Höhe von 140 Tagessätzen à 140 Euro verurteilt.

Nach Überzeugung des Richters haben mehrere „gravierende und nachhaltige“ Verstöße des Angeklagten gegen die Sorgfaltspflicht das Unglück herbeigeführt und den Tod der beiden Menschen verursacht, die bei dem Unfall ums Leben gekommen sind. So hatte der Richter vor allem „keine Zweifel“ daran, dass das Boot überladen war, und dass dies auch die Ursache für das Sinken war. Alle sonstigen möglichen Ursachen scheiden nach Meinung des Gerichts aus. Boot- und Bootsführer seien von Siegmund B. nicht sorgfältig ausgewählt worden. Er habe „überhaupt keine Ahnung“ gehabt, wie viele Leute überhaupt in das Boot einsteigen hätten dürfen, das eine Jagdgesellschaft zu Plattformen auf dem Weiher bringen sollte, um von dort aus Enten zu jagen. 

Der Staatsanwalt hatte eine Geldstrafe in Höhe von 160 Tagessätzen zu je 100 Euro gefordert, das Urteil fiel also sogar noch schärfer aus. Der Verteidiger von Siegmund B. hatte dagegen auf Freispruch plädiert. Er sprach von einer „Verkettung unglücklicher Umstände“, für die sein Mandant aber strafrechtlich nicht verantwortlich sei. Eine Überladung des Boots hat seiner Meinung nach den Unfall nicht verursacht. Außerdem sah er eine Überladung auch in keinster Weise als bewiesen an.

Das Boot legte am Silvestertag vergangenen Jahres gegen 13.45 Uhr ab – und sank kurz darauf. Die beiden damals 27 und 53 Jahre alten Frauen sowie der Bootsführer konnten sich ans Ufer retten. Ein 70-jähriger Jäger wurde vom zur Hilfe geeilten Teichgut-Besitzer mit Hilfe eines zweiten Boots aus dem Weiher gezogen und an Land gebracht, nach der Reanimation in eine Klinik geflogen, schwebte tagelang in Lebensgefahr und starb schließlich. Die Leiche des nach dem Unglück vermissten 33-jährigen Jägers wurde Tage später im Rahmen einer groß angelegten Suchaktion von Polizeitauchern entdeckt und geborgen. Sein toter Körper lag 20 Meter vom Ufer entfernt in 1,70 Metern Tiefe, wie der Taucheinsatzleiter berichtete. Das Boot, das ebenfalls geborgen wurde, war in 57 Meter Entfernung zum Ufer untergegangen, nur noch ein Teil ragte aus dem Wasser.

Zugute gehalten wurde dem Angeklagten bei der Urteilsbemessung des Richters unter anderem, dass er den Sachverhalt eingeräumt hat, dass es vor der verhängnisvollen Bootsfahrt eine „Art Sicherheitsbelehrung“ gab, dass Siegmund B. nicht vorgestraft ist, dass er nach dem Unglück versuchte zu helfen und Rettungsbemühungen unternahm sowie dass nach Meinung des Richters die Boots-Passagiere eine erhebliches Mitverschulden trifft – bekanntlich trug niemand eine Schwimmweste. 

Unterm Strich hielt der Richter – vor allem wegen des genannten Mitverschuldens der Boots-Insassen – eine Geldstrafe für ausreichend. Ohne das Mitverschulden der Passagiere wäre man „sicher im Bereich einer Freiheitsstrafe gewesen“, sagte er in der Begründung des Urteils. Die Höhe des verhängten Tagessatzes musste der Richter schätzen, da Siegmund B. keine Angaben zu seinen finanziellen Verhältnissen gemacht hatte. Der Richter ging davon aus, dass es sich um „keinen ganz armen Mann“ handle, da Siegmund B. Eigentümer von zwei Teichgütern sei.

Siegmund B. hatte weder im Verlaufe des Prozesses noch im letzten Wort vor der Urteilsverkündung, das jedem Angeklagten zusteht, sein Bedauern über das Unglück geäußert. Auch gegenüber dem Vater des bei dem Unglück ums Leben gekommenen 33-Jährigen, der als Nebenkläger auftrat, habe er bis heute in keiner Form sein Bedauern zum Ausdruck gebracht, wie der Mann gegenüber unserer Zeitung erklärte. Während der Urteilsverkündung musste Siegmund B. vom Richter zum Zuhören ermahnt werden, weil er bereits zusammenpackte.

Gegen das heutige Urteil wurde Berufung und Revision zugelassen. Der Verteidiger von Siegmund B. erklärte nach der Urteilverkündung auf Anfrage, dass man in Berufung gehen werde. 

Für den 37-jährigen Stefan H., der zunächst ebenfalls wegen fahrlässiger Tötung in zwei Fällen sowie wegen gefährlichen Eingriffs in den Schiffsverkehr auf der Anklagebank saß, weil er das Unglücksboot gesteuert hatte, endete der Prozess bekanntlich bereits am zweiten Verhandlungstag. Er akzeptierte Mitten in der Verhandlung doch noch den von der Staatsanwaltschaft erwirkten Strafbefehl über 120 Tagessätze; für ihn war damit der Fall strafrechtlich erledigt.

Ausführlicher Bericht zum letzten Prozesstag: Kein Wort des Bedauerns

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