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Vor dem Reichershofener Rathaus wandten sich heute Abend bei einer Kundgebung gut 130 Leute gegen die im 830-Einwohner-Ortsteil Winden geplante Gemeinschafts-Unterkunft für 130 Asylbewerber – Der Bauausschuss behandelt ab 18.30 Uhr die vom Eigentümer beantragte Nutzungsänderung

Update: Die Gemeinde sagt: Nein! (Bericht zur Sitzung)

(zel/ty) Im Rahmen einer beim Pfaffenhofener Landratsamt angemeldeten Demonstration haben heute Abend vor dem Reichertshofener Rathaus schätzungsweise rund 130 Menschen mit Plakaten und Trillerpfeifen friedlich ihrem Unmut über die im Ortsteil Winden am Aign geplante Gemeinschafts-Unterkunft für Asylbewerber Ausdruck verliehen. Bekanntlich sollen im ehemaligen Pensions-Gasthaus Däuber an der Hauptstraße rund 130 Flüchtlinge untergebracht werden – was seit Bekanntwerden der Pläne für Aufregung, Besorgnis, Bedenken und teilweise auch für blanke Angst sorgt.

"Bürger wehrt euch", stand auf einem der Transparente zu lesen oder "Macht unsere Heimat nicht zum Auffanglager". Und natürlich die zentrale Botschaft: "131 sind zuviel für unseren kleinen Ort." Gefordert wurde auch "Integration statt Massenhaltung".

Der terminliche Hintergrund der heutigen Kundgebung war, dass um 18.30 Uhr im Rathaus die Sitzung des Bauausschusses beginnt, in der sich das Gremium mit einem Antrag auf Nutzungsänderung befasst, den der Eigentümer des Däuber-Anwesens gestellt hat. Und diese Nutzungsänderung sieht die Unterbringung von bis zu 131 Flüchtlingen in dem Gebäudekomplex vor. Und genau an dieser Dimension scheiden sich, wie mehrfach berichtet, die Geister – Winden hat nur 827 Einwohner. Den Bericht zur Sitzung lesen Sie hier: Die Gemeinde sagt: Nein!

Seit Bekanntwerden der Pläne ist einiges in Bewegung geraten. Eine Online-Petition unter dem Titel „Keine 125 Asylbewerber in 85084 Winden am Aign“ hat inzwischen über 700 Unterzeichner gefunden. Außerdem wurden dem Wolnzacher Landtagsabgeordneten Karl Straub (CSU) bei einem Treffen vor Ort kürzlich eine Petition an den bayerischen Landtag und eine Eingabe an die Regierung von Oberbayern überreicht. Die Absender wollen erreichen, dass die Zahl der Asylbewerber, die in dem ehemaligen Gasthaus untergebracht werden sollen, auf zirka 50 und damit deutlich verringert wird. 

Und für heute wurde – bereits vor Tagen – beim Landratsamt die Demonstration vor dem Rathaus angemeldet. Die wendet sich nach Angaben der Kreisbehörde gegen die beantragte Nutzungsänderung des Gebäudes und zugleich gegen die Unterbringung von so vielen Flüchtlingen. Im Rathaus von Reichertshofen hat man inzwischen auch die Rechtslage sondiert und ist auf ein Urteil gestoßen, auf dessen Basis man glaubt, der Nutzungsänderung das gemeindliche Einvernehmen verweigern zu können.

Landrat Martin Wolf (CSU) hatte erklärt, dass vieles darauf hindeutet, dass die Gemeinschafts-Unterkunft kommen wird. Er weiß aber auch, dass eine Aufnahme von so vielen Flüchtlingen eine „Sonderbelastung“ für den kleinen Ort wäre. Deshalb wolle sich der Landkreis bei der Bezirksregierung dafür einsetzen, „dass wir uns der Zahl 100 nähern“. Statt der 131. Doch auch 100 Flüchtlinge wären eine vergleichsweise hohe Zahl – das entspräche immerhin zwölf Prozent der aktuellen Einwohnerzahl von Winden. Da befürchtet mancher nicht nur ganz alltägliche Schwierigkeiten, zumal in einem kleinen Ort ohne Geschäfte. Aber es gibt auch Bedenken, dass angesichts einer solch hohen Zahl die Integration extrem schwierig werden könnte. 

80 bis 100 Leute waren vergangene Woche zu dem Treffen gekommen, zu dem per Mundpropaganda ins Windener DJK-Vereinsheim geladen worden war. Mit dabei: MdL Karl Straub und Bürgermeister Michael Franken. Der Rathauschef berichtete auch, dass die Regierung von Oberbayern ihm bereits angedeutet habe, dass sie die im Raum stehende Belegung mit rund 130 Personen wohl nicht ausschöpfen werde. Beim Bezirk habe man offenbar erkannt, dass das unverhältnismäßig wäre. 

Die Gebäude-Rückseite des Däuber-Anwesens.

Auch der Landtagsabgeordnete Karl Straub hat Verständnis für die Bedenken der Bürger. Angesichts von gut 800 Einwohnern sei die Unterbringung von 130 Flüchtlingen „wahnsinnig kritisch“, findet auch er, der sich tagtäglich mit Asyl-Themen befasst. Es solle ja eine Willkommens-Kultur herrschen und Integration gelebt werden – aber das sei bei diesen Zahlenverhältnissen schwierig. Deshalb will sich Straub in München dafür einsetzen, dass die Zahl der Flüchtlinge, die in der früheren Pension einziehen sollen, „erheblich reduziert“ wird. Eine konkrete Zahl wollte er nicht nennen, es sollten aber „sehr, sehr deutlich weniger werden“ als 131, betonte er.

Straub hat nach eigenen Worten diesbezüglich auch bereits einen Brief an die bayerische Sozialministerin Emilia Müller (CSU) geschickt. Und als Mitglied im Petitionsausschuss des Landtags wolle er dafür sorgen, dass die ihm übergebene Eingabe schnellstmöglich auf die Tagesordnung kommt; vermutlich am 15. April. Straub unterstreicht zudem, dass es den Windenern einzig um die Reduzierung der Zahl der in ihrem Ort unterzubringenden Asylbewerber geht. „Das sind keine Vorbehalte gegen die Flüchtlinge, sondern gegen diese hohe Anzahl“, sagte er und hob lobend hervor, dass ihm auch bereits ehrenamtliches Engagement zur Betreuung der Asylbewerber signalisiert worden sei. 

Im Reichertshofener Rathaus lief in den vergangenen Tagen die Vorprüfung der vom Gebäude-Eigentümer beantragten Nutzungsänderung, die die Unterbringung von 130 Asylbewerbern überhaupt erst ermöglichen würde. Zwar entscheidet über baurechtliche Fragen letztlich das Landratsamt – aber wenn die Kommune heute mit gutem Grund das Einvernehmen verweigert, ist das ein durchaus gewichtiges Signal. Und es deutet einiges darauf hin, dass der Bauausschuss heute Nein sagen wird zu der Nutzungsänderung.

„125 Asylbewerber sind zuviel für unseren kleinen Ort! Denkt an unsere Kinder!“, stand auf einem Schild, das vor dem Gebäude aufgestellt worden war, aber inzwischen dort wieder entfernt wurde.

Die Gemeindeveraltung ist laut Bürgermeister Franken auf ein Urteil des Oberverwaltungsgerichts (OVG) Berlin aus dem Jahr 1987 gestoßen. Da sei mit Verweis auf Paragraf 15 der Baunutzungsverordnung das „Gebot der Rücksichtnahme“ ins Feld geführt worden. Und genau darauf hofft man sich nun auch im Fall Winden berufen zu können, um das gemeindliche Einvernehmen auf fundierter Grundlage zu verweigern. In dem im besagten Fall ging es um die Nutzungsänderung für ein Altenheim in einem allgemeinen Wohngebiet mit 39 Plätzen, das in eine Unterkunft für 71 Asylbewerber umgewandelt werden sollte. Das OVG erklärte die Baugenehmigung damals für unzulässig, zitiert Franken: Das Gericht habe die „Grenze der Gebietsverträglichkeit“ durch die Erweiterung der Belegungskapazität von 39 auf 71 Plätze als überschritten erachtet – 39 Plätze für Asylbewerber wären demnach zulässig gewesen.

Das wird sicher heute alles noch einmal detailliert erklärt und besprochen, wenn ab 18.30 Uhr der Bauausschuss tagt, um dann unter Tagesordnungspunkt 2.6 über den „Antrag auf Nutzungsänderung und Umbau eines Fremdenheimes zu einer Gemeinschaftsunterkunft für Asylbewerber in Winden am Aign“ zu diskutieren und zu befinden. Wie berichtet, diente das ehemalige Gasthaus Däuber in früheren Jahren schon einmal als Erstaufnahme-Einrichtung für Russland-Deutsche. 

„Wir rechnen mit einem ruhigen Verlauf der Sitzung“, hatte Bürgermeister Franken unserer Zeitung im Vorfeld gesagt. Im Sitzungssaal werden aus Sicherheitsgründen vermutlich maximal 40 Zuhörer zugelassen. 25 Sitzplätze und 15 Stehplätze – mehr könne man nicht verantworten, hatte Franken vor einigen Tagen bereits signalisiert. Und damit alles in geordneten Bahnen verläuft, hat die Gemeindeverwaltung auch einen Sicherheitsdienst engagiert.

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